Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 190

21.18

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute erstmals einen Bericht der Gentechnikkommission – ich finde, er ist sehr gut, sehr übersichtlich und absolut nicht einseitig –, die einhellige Annahme des Berichtes, aber gleichzeitig auch die Meldung des Vorsitzenden der Kommission, der ausdrücklich betont, daß einzelne Mitglieder nicht mit allen Ausführungen einverstanden waren. Warum betone ich das? – Einfach, weil es wichtig ist. Es ist für mich ein Beweis für die Seriosität und Objektivität im Umgang mit dieser komplexen Materie.

Wir haben in Österreich derzeit keine Freisetzungsversuche laufen. Hier möchte ich auf die Resolution zur Förderung der Sicherheitsforschung verweisen. Da gab es einen Vorschlag, auf einer kleinen, gekennzeichneten Fläche Freisetzungen einer geeigneten transgenen Pflanze vorzunehmen. Ich würde nur gerne wissen: Was ist aus der Sicht der Kommission eine "geeignete transgene Pflanze"? Soll eine Auswahl aus der Palette der bisher weltweit freigesetzten Pflanzen oder aus den bisher in Österreich gestellten Anträgen vorgenommen werden? Oder wie ist das sonst zu verstehen?

Gut finde ich aber den Vorschlag, begleitend dazu Versuche mit der Ausgangspflanze im konventionellen und im biologischen Landbau zu machen. Wie sonst sollte man wichtige Erfahrungen sammeln? – Da Frau Abgeordnete Langthaler diese Panne – wie ich meine – mit der Kartoffel angesprochen hat: Wie hätte man das je feststellen können, hätte man es nicht versucht?

Meine Damen und Herren! Gentechnik ist nach wie vor ein politisch brisantes Thema. Es ängstigt die Menschen, und Ängste kann man eigentlich nur durch Wissen und Aufklärung bekämpfen. Einer Zeitung war kürzlich zu entnehmen, daß wir in der Skepsis gegenüber Gentechnik europaweit Spitze sind, dabei aber einen vergleichsweise immer noch sehr niedrigen Wissensstand haben. Woher das kommt, ist mir ganz klar: Widersprüche in den Medien und Extrempositionen in einem gewissen Kleinformat, auf der anderen Seite Fachliteratur, die für Normalverbraucher kaum lesbar und verständlich ist. Trotzdem ist mehr und mehr auf bessere Information zu setzen.

In der Medizin gibt es eine relativ breite Akzeptanz; das hat Kollegin Pittermann schon erwähnt. Bei den Lebensmitteln ist es etwas anders. Ich selbst lehne Gentechnik zwar nicht grundsätzlich ab, bin aber kritisch vorsichtig, das muß ich sagen. (Abg. Dr. Pumberger: Können Sie das erkennen? Das können Sie beim Einkauf nicht unterscheiden!) Für Skeptiker ist es nicht beruhigend, wenn man liest, daß die Geldgeber der Forschung oft nicht bereit sind, Versuchsreihen voll auslaufen zu lassen, um alle Gefahrenelemente zu beseitigen. Genauso streut es Unsicherheit, wenn man sagt: Die Sicherheit im Genfood ist so leicht nicht testbar. – Fütterungsversuche – das hat man gerade in letzter Zeit bemerkt – sind oft unzureichend. So war das auch mit der Gen-Kartoffel in England.

Obwohl wir im Ausland kaum hinterfragen, was wir essen, bin ich für die Kennzeichnung. Ich bin froh darüber, daß Österreich hier eine gewisse Vorreiterrolle übernommen hat. Aber die Kennzeichnung "gentechnikfrei" oder "mit gentechnisch veränderten Organismen" ist mir zuwenig. Es gehört eine nähere Beschreibung dazu, um dem Konsumenten die Entscheidung leichter zu machen. Sonst wird nur die Verantwortung verlagert.

Was meine ich damit? – Nehmen wir als Beispiel die Sojabohne, das Gen der Paranuß und die darauf reagierende Nußallergie her. Es kommt zu einer Übertragung bekannter Allergene von einer Nutzpflanze auf die andere und dadurch plötzlich zu allergischen Reaktionen auf bisher unbekannte Lebensmittel. Wenn jemand nur den Nüssen ausweichen möchte, dann wird er verständlicherweise eine bessere Information wünschen. Das heißt nicht, daß er gentechnisch veränderte Lebensmittel generell ablehnen muß. Aber es soll ausgewogen sein.

Es freut mich trotzdem, daß kürzlich in einer Zeitung zu lesen war, daß Österreich bei den Biolebensmitteln die Nase vorn hat. Das ist positiv und öffnet uns Marktchancen. Aber das Problem


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