Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 384

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schauen. Wenn die Unterrichtsministerin immer wieder sagt, das österreichische Schulsystem sei eben ein historisch gewachsenes, meine Damen und Herren, dann kann das nicht die Erklärung und darf das nicht die Entschuldigung dafür sein, daß wir sozusagen einen bereits 20 Jahre andauernden Stillstand erleben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte Ihnen aus liberaler Sicht ein paar Kritikpunkte vorbringen: Das österreichische Schulsystem ist nach wie vor, trotz aller Autonomiebeteuerungen, geprägt von Parteipolitik und von politischem Proporz. Es ist der Parteienproporz nach wie vor verfassungsmäßig in den Kollegien der Landesschulräte festgeschrieben. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Die politische Korruption dieses Systems zeigt sich schon anhand der Wiedereinsetzung des ehemaligen Staatssekretärs Schäffer. Die politische Korruption dieses Systems zeigt sich anhand vieler Fälle, die von der Volksanwaltschaft laufend kritisiert werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Ich bitte Sie – auch im Lichte von Reflexionen in der Öffentlichkeit –, die Ausdrucksweise so zu wählen, wie das von allen Fraktionen gewünscht wird.

Abgeordnete Maria Schaffenrath (fortsetzend): Bitte um Entschuldigung, Herr Präsident, ich nehme das zurück. Ich formuliere es um: Die parteipolitische Einflußname bei der Bestellung von Direktoren, von Schulaufsichtsbeamten wurde von der Volksanwaltschaft in den letzten drei Berichten ganz massiv kritisiert. Sie haben diesbezüglich keinerlei Ansätze gezeigt. Sie wünschen natürlich weiterhin – trotz aller Autonomiebezeugungen – Ihren Machtapparat zu den Ländern, und Sie versuchen, diesen mit allen Möglichkeiten zu verteidigen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Schauen Sie sich die Situation an. In Kärnten, so kritisiert die Volksanwaltschaft, stehen mehrere Direktorenposten an Berufsschulen leer, die fehlende Nachbesetzung wurde kritisiert. Vermutlich wurde kein Direktor in der entsprechenden Parteienfarbe gefunden. In Tirol gehen Eltern und Lehrer auf die Straße, um untragbare Zustände in diesem Bereich der Öffentlichkeit deutlich zu machen.

Meine Damen und Herren! Wir glauben, daß Parteipolitik an der Schule nichts verloren haben darf. Wir verstehen unter ehrlicher Autonomie etwas anderes. Wir glauben nicht, daß sich Autonomie auf das Dazu-verdienen-Können an Schulen durch Vermietung von Turnsälen und auf die Chance, über Werbeeinnahmen Bildung finanzieren zu können, beschränken darf.

Wir sehen die Schule als Grundaufgabe des Staates, und es muß auch die Finanzierung über den Staat erfolgen, auf jeden Fall im Bereich der Grundschulausbildung. Ich frage mich: Was ist denn das für eine Autonomie an unseren Schulen, die diesen Lehrern, diesen Schulpartnern, den von Ihnen als eigenständig beschworenen Lehrern nicht einmal die Fähigkeit zutraut, die Schuldirektoren auf Zeit zu wählen, sowie bei der Einstellung von Lehrern, die doch letztendlich in ein Lehrerteam passen sollten, mitzubestimmen und auch auf diese Art und Weise eine gewisse Garantie für Leistung und Leistungskontrolle einbringen zu können? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Kollege Niederwieser! Du hast – für mich sehr erfreulich – ein altes liberales Thema wieder zur Sprache gebracht, und zwar die Abschaffung der Zweidrittelgesetzesmaterie im Schulbereich. Gott sei Dank kam es diesbezüglich zu einer Meinungsänderung. Vor gar nicht langer Zeit wurde das noch abgelehnt. Ich glaube sehr wohl, daß diese Zweidrittelgesetzesmaterie im Schulbereich zur Erstarrung führt und nicht zur Stabilität, daß sich genau aus diesem Grunde Schulreform eigentlich nur auf einer ideologischen Spielwiese abspielen kann und daß wir genau aus diesem Grunde in der Entwicklung einer gemeinsamen Schule – ich meine damit, eines gemeinsamen Lernortes – mit einer individuellen Förderung aller Kinder nach ihren besten Möglichkeiten über das Schulversuchsstadium noch gar nicht hinausgekommen sind.

Es gibt auch einen sehr aktuellen Anlaß, das hier anzubringen, nämlich die anstehende Integration im Bereich der Sekundarstufe I. Hier wird die Absurdität unseres Schulsystems allein


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