Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 53

11.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Heute soll nicht nur Weihrauch aufsteigen, heute soll nicht nur das Pathos die Diskussion bestimmen, heute soll auch nicht die Metapher aus dem Gemüsegarten die Debatte prägen, heute soll nicht die Kritik über das Kleinkarierte dominieren, sondern durch diesen heutigen Beschluß – Verfassungsrang für ein atomfreies Österreich – soll meines Erachtens einerseits ein Schlußstein und andererseits ein neuer Baustein für die österreichische Atompolitik gesetzt werden, plaziert werden, denn diese Atompolitik muß sicherlich weiter vorangetrieben werden.

Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um festzuhalten, daß es 21 Jahre brauchte, daß es 21 Jahre bedurfte, bis der Wille des österreichischen Volkes, der Wille der Bevölkerung hier auch verfassungsmäßig Früchte getragen hat, sodaß wirklich dezidiert das atomfreie Österreich im Verfassungsrang verankert ist. 21 Jahre bedurfte es, und viele Schritte waren dafür notwendig. Vor allem eines war notwendig: immer wieder grünes Drängen, grüne Anträge, grüne Debatten im Plenum und im Ausschuß, immer wieder Vorstöße von seiten der Umweltschutzorganisationen und auch seitens der Grünen hier im Parlament.

Ich glaube, ohne diese drängende Rolle stünden wir heute nicht hier, und ohne diese drängende Rolle hätte es auch nicht dieses Saulus-Paulus-Erlebnis gegeben. Ich möchte mich aber für diesen Ruck, den sich die ÖVP immerhin gegeben hat, auch abschließend noch einmal bedanken.

Aber ich möchte auch die Frage stellen: Warum haben wir bei diesem Verfassungsgesetz insgesamt nicht wirklich Nägel mit perfekten Köpfen gemacht? Warum haben wir darauf verzichtet, das Verbot der Kernfusion festzuhalten? Warum haben wir auch darauf verzichtet, die Lagerung und Konditionierung von ausländischem Atommüll zu verbieten? Warum haben wir drittens darauf verzichtet, Atomtransit generell zu verbieten? – Das sind Mängel, die auch an diesem Verfassungsgesetz haften.

Weiters frage ich mich vor allem, warum es am Ende dieser Regierungsperiode hier erstmals zu einer Art Rollentausch gekommen ist – Kollege Ellmauer wird später einen auf einem Fünfparteienbeschluß beruhenden Antrag einbringen –, warum die Regierung die Vorgabe gibt und das Parlament sich auf die Rolle der Akklamation, sozusagen auf die Rolle des dankbaren Begutachters und des dankbaren Nachvollziehers zurückzieht. Das ist für mich auch die Frage.

An sich ist es immer Aufgabe der Abgeordneten, der Volksvertretung gewesen, die Dinge voranzutreiben und die Latte zu legen. Wir haben die Latte auch gelegt. Es gibt viele Fünfparteienbeschlüsse, die über das hinausgingen, was die Regierung danach vollzogen hat. Aber heute, am Ende einer Periode, soll es mehr oder weniger ein Beschluß sein, der nur das sanktioniert und akklamiert, was die Regierung – teilweise sehr oberflächlich und teilweise auch sehr floskelhaft – bereits beschlossen hat.

Ich frage mich wirklich, ob es nicht einen anderen Weg geben könnte, und ich möchte diesen anderen Weg auch vorzeichnen. Ich möchte dabei die Qualität der Atompolitik der Abgeordneten voranstellen und deshalb bei dieser Gelegenheit einen Entschließungsantrag mit zwei Punkten einbringen. Dieser Entschließungsantrag präzisiert das allgemein Festgestellte, das dann Herr Kollege Ellmauer präsentieren wird, mit den zwei folgenden Punkten:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Konkretisierung des Anti-Atom-Aktionsplanes der Bundesregierung

1. Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne des "Aktionsplanes für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang", insbesondere auf Basis der Formulierung, wonach neben Ignalina, Bohunice und Kosloduj auch jene Reaktoren "neuerer Bauart, die sich in Betrieb oder im Bau befinden, Anlaß zur Sorge" geben, Gespräche über konkrete Schlie


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