Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 182. Sitzung / 38

Bei diesem grundsätzlichen Bekenntnis gebe ich gerne zu, daß wir als Vertreter der Wirtschaft an die Grenze dessen gegangen sind, was sich noch mit einem ungestörten Betriebsablauf vereinbaren läßt. Die Tatsache, daß zum Beispiel dann, wenn keine Einigung über die Verschiebung des Karenzurlaubes zustande kommt, der Arbeitgeber zum Arbeitsgericht gehen muß, ist – das muß ich ehrlich sagen – wirklich die äußerste Schmerzgrenze dessen, bei dem die Wirtschaft noch mitgehen kann.

Meine Damen und Herren! Es ist noch immer die Hauptaufgabe der Betriebe, Wertschöpfung, Gewinne und damit Arbeitsplätze zu sichern. Das muß immer im Vordergrund stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein letztes Wort, meine Damen und Herren, und das sage ich bewußt als jemand, der aus der Wirtschaft kommt: Die Wirtschaft steht voll und ganz hinter der Forderung "Karenzgeld für alle", meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns dazu nicht nur, weil wir uns zur familienpolitischen Verantwortung bekennen, sondern wenn es um das Wohl des Kindes geht, dann kann es nicht entscheidend sein, ob die Mutter vorher genügend Versicherungszeiten hatte oder nicht. Wenn wir das ernst nehmen, dann kann die Konsequenz nur sein: Karenzgeld für alle, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

10.30

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kollegen und Kolleginnen! Um eines gleich vorwegzunehmen: Das ist jetzt der zweite Teil meiner Abschiedsrede; das habe ich ja gestern bei meinem ersten Teil angekündigt. Das heißt also, das ist sicherlich meine letzte Rede hier in diesem Hause.

Lassen Sie mich aber zunächst auf den aktuellen Tagesordnungspunkt und auf die Vorlagen Bezug nehmen. Es ist von den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion schon gesagt worden: Hiebei handelt es sich um einen Antrag, der zwei Jahre lang mitgeschleppt worden ist und auch schon entsprechend abgelagert ist. Wahrscheinlich ist es höchst an der Zeit, daß wir das beschließen.

Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß dieser Antrag zwar notwendig, wichtig und richtig, aber aus meiner Sicht immer noch ein Kompromiß, ein äußerster Kompromiß ist, zu dem wir uns als Frauen bereit erklären, um die krassesten Mißstände, die durch Ihre Sparpakete entstanden sind, zu reduzieren zu versuchen – ich betone: wieder zu reduzieren versuchen. (Beifall bei den Grünen.)

Das, was sich hier heute bietet – das ist auch schon gesagt worden –, ist ein interessanter Schlagabtausch in Vorwahlkampfzeiten. Das, was die ÖVP heute hier liefert, läßt einen Einblick zu in das, was im Wahlkampf auf uns zukommen wird, was insgesamt meiner Meinung nach überhaupt nichts mehr mit Frauenpolitik zu tun hat. Die Kolleginnen von der ÖVP waren meiner Meinung nach in diesen vier oder fünf Jahren rückblickend gesehen manchmal durchaus engagiert und auch sehr offensiv in manchen Fragen, vor allem dann, wenn es darum gegangen ist, Grundsätzliches zu diskutieren. Interessanterweise hat sich diese Haltung aber schlagartig geändert, als das Frauen-Volksbegehren im Parlament zur Beratung vorgelegen ist und es darum ging, Konkretes zu beschließen beziehungsweise konkreten Erwartungen zu entsprechen.

Aber ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie der Rede Ihres Klubkollegen und jener meines Vorredners Stummvoll zugehört haben. Er hat doch tatsächlich gesagt, daß Wirtschaft und Familie unter einen Hut zu bringen ist. Mich würde interessieren, was er unter "Familie" versteht, denn die Scheidungsraten in den Reihen der ÖVP sind um nichts niedriger als die Scheidungsraten in den anderen Parteien und quer durch die Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen.)


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