Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 182. Sitzung / 80

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der eher schütter besetzten Reihen hier werde auch ich versuchen, meine Ausführungen möglichst kurz zu fassen. (Abg. Dr. Khol: Ich höre Ihnen immer gerne zu!)

Herr Abgeordneter Khol! Ich knüpfe gleich an eine Rede an, die beim vorigen Tagesordnungspunkt zur "Aktion Fairness" geführt wurde. Mir geht es jetzt nicht um die Auseinandersetzung zwischen ÖVP und SPÖ, aber da Kollege Nürnberger behauptet hat, die Chipkarte sei sozusagen frei von dem Geruch, zwischen Arbeitern und Angestellten zu differenzieren, möchte ich ihn in diesem Punkt korrigieren. Da die Chipkarte im ASVG geregelt ist und das ASVG nur so wimmelt von der Unterscheidung zwischen den verschiedenen Gruppen, in erster Linie zwischen den Arbeitern und Angestellten, ist schon die Frage zu stellen, ob Abgeordneter Nürnberger weiß, wovon er spricht.

Wenn wir die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten haben wollen, dann betrifft das ganz massiv das ASVG – und das ist auch richtig so. Ich stehe zu den Inhalten dieser "Aktion Fairness". Ich sehe darin keine Punkte, die die Grünen nicht mittragen könnten. Wir selbst haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen.

Gerade in diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß wir vor ein paar Tagen das Bundesrechtsbereinigungsgesetz beschlossen haben, daß aber, was das unterschiedliche Kündigungs- und Entlassungsrecht betrifft, für die Arbeiter im Gewerbe noch immer Bestimmungen der Gewerbeordnung von 1867 in Kraft sind, wonach das Hantieren mit offenem Feuer einen Entlassungsgrund darstellt. Das ist nicht herausgenommen worden! Das ist nicht rechtsbereinigt worden. Das gilt nach wie vor, weil es eben nicht möglich war, daß Sie beide ein gemeinsames Kündigungs- und Entlassungsrecht zu akkordieren, das die Arbeiter im Gewerbe endlich von diesen antiquierten Bestimmungen befreien würde. Aussatz im Gesicht gilt noch als Entlassungsgrund – das ist gängiges Entlassungsrecht, Herr Abgeordneter Feurstein! Erklären Sie einmal jemanden, wie man das noch vertreten kann! Man kann es nicht vertreten.

Der Wirtschaftsminister hat mir, als ich ihn bei der letzten Gewerbeordnungsdebatte darauf angesprochen und auch einen entsprechenden Antrag eingebracht habe, diese Bestimmungen des Gewerberechts, die in einem Annex geregelt sind, abzuschaffen, geantwortet, daß es diese Bestimmungen nicht mehr gäbe, wie ihm seine Ministerialbeamten erklärt haben. Er wurde dann von den Beamten des Sozialministeriums dahin gehend belehrt, daß es sie doch noch gibt.

Meine Damen und Herren! Das ist Rechtswirklichkeit in Österreich: 1867 – Ausschlag, offenes Feuer sind Entlassungsgründe. Wir reden teilweise wirklich über Materien, bei denen man sich schämen müßte, daß man darüber noch debattieren und reden muß.

Eines ist wohl klar: Im ASVG wird es sehr schwierig. Damit bin ich schon beim nächsten Punkt. Wir haben die 56. Novelle schon beschlossen, die 57. können wir jetzt abhaken – das war auch ein Punkt der Debatte. Bitte, es kann doch nicht wahr sein, daß wir in einer Parlamentssitzung zwei numerierte und eine nicht numerierte ASVG-Novelle beschließen, womit der Rhythmus der Novellierungen des ASVG, von dem der Vorgänger der Frau Bundesministerin gesagt hat, es sollte vereinfacht und kodifiziert werden, noch mehr beschleunigt wird.

Es gibt eine Kommission, die sich mit der Kodifikation beschäftigt, und erst neulich habe ich gelesen, daß sie Fortschritte erzielt hat. Aber auf welcher Grundlage? – Die Damen und Herren der Kommission diskutieren auf der Grundlage von 1995! Es ist doch absurd, daß sich diese Kommission das ASVG auf der Grundlage des Jahres 1995 anschaut und versucht, es zu


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