Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 26

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Meine Damen und Herren! Es wird nicht verwundern, wenn ich in Widerspruch zu den Ausführungen des Abgeordnetenkollegen Dr. Niederwieser stehe, was die Frage des Aufsteigens mit Nicht genügend betrifft. Keine Automatik kann der Laufbahn eines Schülers und seiner Leistungsfähigkeit gerecht werden. Wir sollten das derzeit bestehende System, die Beurteilung durch den Lehrer im Einklang mit der Klassenkonferenz, entsprechend weiterentwickeln.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin für diese Initiative und lade ein, diese Anliegen in den nächsten Wochen unverkrampft zu diskutieren, weil uns eines eint: Wir wollen, daß die Schullaufbahn jedes einzelnen Schülers und jeder Schülerin zu einem Erfolgskurs für sein beziehungsweise ihr Leben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rada. – Bitte.

10.54

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es ist ja nicht verwunderlich, daß einen Tag vor Zeugnisverteilung Abgeordnete Preisinger Negativzensuren an die Bundesregierung und an die Frau Ministerin verteilt. Ich darf beruhigen, Frau Ministerin: Sie bekommen aufgrund Ihrer Erklärung auch positive Zensuren, denn es sind das sehr weitgehende Ansätze, die einer positiven Schulentwicklung entsprechen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. )

Schule ist ein komplexes System, Schule steht auch in einem Spannungsfeld noch komplexerer Systeme, nämlich zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und veschiedenster Interessengruppierungen. Es ist daher legitim, Schule immer wieder neu zu überdenken.

Es ist heute schon gesagt worden, wie viele Schüler die Ferien mit einer Negativnote beginnen werden. Ich begrüße es daher umso mehr, Frau Ministerin, daß Sie angekündigt haben, daß dieses System, nämlich das Aufsteigen mit einem Nicht genügend, erleichtert werden wird.

Man könnte sicher darüber diskutieren, und es ist auch nicht verwunderlich, daß ich da im Gegensatz zum Abgeordneten Neugebauer stehe, aber ich orte den Grund dafür, daß sehr viele Schüler, gerade im Sekundarbereich, mit einem Nicht genügend abschließen, sehr oft darin, daß das Schulsystem dort immer noch nach einem – sehr salopp formuliert – Schubladenprinzip funktioniert. Schublade auf – Wissen hinein. Nach 50 Minuten: Schublade zu – nächste Schublade auf. Die Komplexität und die Verknüpfung der einzelnen Inhalte gehen dabei verloren. Ich meine daher, daß es notwendig ist, an diesem System gravierend anzusetzen, dieses komplexe System in ein ganzheitliches Schulsystem einzubauen. Dann wird es auch sicher nicht mehr notwendig sein, so viele Negativzensuren zu vergeben.

Einen Satz noch zum Frühwarnsystem: Ich begrüße es, daß dieses System bereits mit dem Halbjahr einsetzen soll. Wir haben es auch jetzt mit der Schulnachricht und der Ankündigungsflut mit "blauen Briefen" für Negativnoten. Da muß aber ein gravierendes Umdenken einsetzen, denn wir können Statistiken vorlegen, die besagen, daß an manchen Schulen im Bereich der Sekundarstufe I, wenn man die Summe der Negativankündigungen zusammenzählt, jeder zweite Schüler eine derartige Ankündigung erhält. Man glaubt, so die Schüler zu weiteren Leistungen bis zum Schulschluß motivieren zu können. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Ich möchte diese kurze Rede auch noch dazu nützen, einige Gedanken zum Polytechnischen Lehrgang darzustellen. Wir haben mit den derzeit laufenden Versuchen unter dem Arbeitstitel "PL 2000" bereits hervorragende Erfolge erzielt. (Beifall bei der SPÖ.) Erste Evaluationsergebnisse des Landesschulrates für Niederösterreich beweisen, daß die Befindlichkeit der Lehrer in diesem Schulwesen, obwohl es mit sehr viel mehr Arbeit verbunden ist, eine wesentlich bessere ist als im traditionellen Polytechnischen Lehrgang. daß die Schüler mit Motivation an der Arbeit sind, daß sie mit Begeisterung in den einzelnen Fachbereichen arbeiten, sich aber gleichzeitig wünschen, daß noch mehr berufspraktisches Lernen eingebaut wird, noch mehr Inhalte entsprechend einer echten Berufsorientierung.


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