Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 28

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Sie vergessen damit jedoch, daß Sie den Lehrling weiterhin entwerten! Tun Sie doch endlich einmal etwas für die Lehrlinge!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Lehrling von heute ist der Unternehmer von morgen. Das ist das Entscheidende. Tun Sie etwas! Da besteht Handlungsbedarf! Sie können doch nicht so tun, als ob es in Österreich kein Lehrlingsproblem gäbe. Sie sind doch den Lehrlingen – gemäß Ihres Grundsatzprogramms – an und für sich verpflichtet. Was hält Sie denn davon ab, für sie tätig zu werden? Sie haben eine Lehrlingssteuer eingeführt, Sie lehnen jede steuerliche Begünstigung für Lehrlinge ab, Sie machen für die Lehrlinge nichts! – Ich weiß schon, das tut Ihnen weh. (Abg. DDr. Niederwieser: Was ist denn die Berufsreife?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich noch über die Rechtschreibreform referieren, dazu wird jedoch die Zeit nicht mehr reichen. Ich möchte nur eines zur Rechtschreibreform sagen. Frau Ministerin, daß Sie den Nationalrat so kaltblütig übergehen, daß Sie die Rechtschreibreform hier nicht zur Debatte bringen, ist demokratiepolitisch wirklich höchst bedenklich.

Ich möchte auf Ihren Parteifreund verweisen, Herrn Präsidenten Schilcher, der davon spricht, daß die Rechtschreibreform im Nationalrat debattiert werden sollte, daß das nach Artikel 18 der Bundesverfassung eine Sache des Gesetzgebers ist. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Nach Artikel 18 der Bundesverfassung hat die gesamte Verwaltung aufgrund von Gesetzen vollzogen zu werden, aber diesem Postulat wird in diesem Falle nicht Rechnung getragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

11.04

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutige Aktuelle Stunde ist wirklich etwas Bemerkenswertes, und ich möchte ihr gerne eine Überschrift geben, die ich an die Frau Bundesministerin adressiere – genauer gesagt ein Sprichwort: Am Abend wird der Faule fleißig. Wenn uns nämlich vor zwei Tagen ein Konvolut von Entwürfen vorgelegt wurde, Entwürfe, die jetzt in Begutachtung gehen und die wir gerne ausführlich und gründlich studieren würden, die aber 48 Stunden später zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde gemacht werden, dann kann ich den Kollegen Öllinger und Schaffenrath nur beipflichten: Es ist das der Versuch, eine Pressekonferenz in die Form einer Aktuellen Stunde umzugießen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Das kann mich natürlich überhaupt nicht daran hindern, diesbezüglich konkrete Positionen aus diesen Reformpapieren aufzugreifen, ich betone aber ausdrücklich: Sowohl die Redezeit in einer Aktuellen Stunde als auch die Kürze der Vorbereitungsmöglichkeiten erlauben es nicht, ein abschließendes Urteil im Detail abzugeben, sehr wohl aber ein abschließendes Urteil im Gesamten. Das ist der untaugliche Versuch, vorzugaukeln, daß man Reformen macht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

In Wirklichkeit findet sich in diesen Papieren nicht einmal ansatzweise das, was man Reformen nennt, sondern es handelt sich bestenfalls um Retouchen. Wenn die Frau Bundesministerin in ihrem Debattenbeitrag ausgeführt hat, im Bereich der Integration, in dem Bereich, in dem Kinder sonderpädagogischen Förderungsbedarf haben, sei die Lehrzielerreichung nicht so wichtig, sondern dort komme es mehr auf die soziale Einbindung an und so weiter, kann ich das nur doppelt unterstreichen.

Ich stelle Ihnen aber die Frage – laut und deutlich –: Warum gilt diese richtige Erkenntnis nur für diese Kinder? Warum gilt diese Erkenntnis nicht an und für sich, daß es tatsächlich wichtiger ist, Heranwachsende, die wir in den Schulen betreuen, die wir dazu heranführen wollen, daß sie selbständige, selbstentscheidungsfähige Menschen werden, daß sie Lösungskompetenz haben, daß sie natürlich auch einen bestimmten Wissensstand erreichen? Warum gilt das nicht für alle Kinder?


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