Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 157

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gemeinsam, und wenn wir hin- und herstreiten, wie Lehrplätze oder wie berufliche Weiterbildung gesichert werden können, so wird das vor Ort keinem Menschen wirklich helfen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte. 6 Minuten Redezeit haben Sie angekündigt.

21.23

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein erster Lehrberuf war Einzelhandelskaufmann, und mein zweiter Beruf nach dem Militär war Kellner. Ich habe also zwei Berufe erlernt.

Ich habe später die Ausbilderprüfung gemacht und bilde laufend Lehrlinge aus. Ich habe aus dieser Zeit durchaus Erfolge zu vermelden und habe einige sehr gute Ergebnisse erzielt, daher weiß ich, wovon ich rede. Ich stehe natürlich auch voll hinter dem dualen Ausbildungssystem.

Ich möchte schon einmal sagen: Viele ehemalige österreichische Lehrlinge sind in aller Welt als Manager, Hoteldirektoren, Werksleiter und dergleichen tätig, und diese tragen dazu bei, den Namen Österreich in aller Welt gut dastehen zu lassen.

Ein Grund, daß Österreich eine relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit hat, ist, daß immer noch ein erheblicher Teil der Jugendlichen in Lehrberufen tätig ist. Es ist aber besorgniserregend, zu sehen, daß der Trend sich jetzt ins Gegenteil verkehrt. Es ist eigentlich erschreckend, daß Betriebe, die immer gerne und laufend Lehrlinge ausgebildet haben, auf einmal nicht mehr bereit sind, dies zu tun. Das kann man nicht nur mit einer Wirtschaftsflaute argumentieren, da gibt es schon verschiedene andere Dinge, die hier mitspielen, so zum Beispiel auch die Rahmenbedingungen, die einfach nicht stimmen.

Es wird in vernünftigen – und ich betone, in vernünftigen – Diskussionen versucht werden müssen, diesbezüglich Lösungen zu finden. Natürlich ist zum Beispiel die Arbeitszeitregelung eine Sache, die man sehr genau beachten muß. Man hört, daß zum Beispiel bei den Bäckern eine gute Lösung gefunden wurde. Es ist nicht mehr so, wie es früher war, nämlich daß die Bäckerlehrlinge erst gekommen sind, wenn die Semmeln schon fertig gebacken waren, sie sie nur mehr einzählen konnten in den Korb und nie erlebt haben, wie man eine Semmel eigentlich richtig macht. Das kann es ja wohl nicht gewesen sein.

Ähnlich ist die Situation in der Gastronomie, wo um 22 Uhr, wie heute schon erwähnt wurde, die Gäste kommen, der Gastgarten sich füllt – und die Lehrlinge gehen müssen. Das kann nicht die richtige Lösung sein.

Ich möchte aber schon eines sagen – und da appelliere ich wirklich an dieses Haus und auch an die Sozialpartner –: Das ist kein Thema, meine Damen und Herren, für Lautstärke. Das ist ein Thema, das es erforderlich macht, daß man sich zusammensetzt – nach guter österreichischer Manier und nach österreichischer Tradition – und miteinander redet. Die Sozialpartner sollten miteinander reden und versuchen, die Wünsche des einen dem anderen klarzumachen und nach guter österreichischer Art einen Mittelweg zu finden. Man sollte nicht den anderen als Klassenfeind oder in einer anderen Form abkanzeln. Das, glaube ich, ist nicht der richtige Weg, und der Erfolg wäre sehr bescheiden, wenn wir auf diese Art und Weise versuchen würden, das Problem zu lösen.

Es ist auch wichtig, sowohl den Lehrlingen als auch den Ausbildnern die Wertigkeit des Lehrlings und des Facharbeiters klarzumachen. Der Monteuranzug, das Kochgewand, die Maurerbluse sind mindestens soviel wert wie Krawatte und Sakko. Es hat nämlich eine Zeitlang so ausgesehen, als ob die Lehrlinge eben diejenigen seien, die für keinen anderen Beruf zu gebrauchen sind: Dann macht er halt eine Lehre! – Es ist wirklich wichtig, daß man das klarstellt.

Es ist heute schon angeklungen – mein Kollege Marizzi hat es schon gesagt –, was die höheren Schulen kosten und was ein Lehrling kostet. Es ist einfach so, man muß das einmal sagen: Die


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