Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 41. Sitzung / Seite 52

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Ing. Reichhold! Sie haben im Laufe der Wortmeldung des Abgeordneten Schwarzböck den Ausdruck "Demagogie" verwendet und diesen dann noch einmal in der Formulierung "reine Demagogie" wiederholt. Ich erteile Ihnen für diese Ausdrucksweise einen Ordnungsruf .

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

11.42

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister, Ihren Ausführungen zufolge ist alles in Ordnung. Sie danken den Bauern, Sie danken den Beamten, und im Grunde ist alles so, wie es jetzt ist, bestens.

Herr Kollege Schwarzböck! Sie haben gesagt, die Bauern haben die Umstellung im ersten Jahr nach dem EU-Beitritt bestens geschafft. Sie sind mit der Umstellung fertiggeworden, haben Sie gesagt. (Abg. Schwarzböck: Geschafft, aber nicht bestens!)

Herr Kollege Schwarzböck! Sie haben mit Ihrer Politik im Jahre 1995 12 000 Bauern fertiggemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.) 12 000 Bauern weniger in einem Jahr! Und Sie stellen sich noch hier heraus und loben diese Politik.

Ich glaube, Sie lesen nicht einmal den Grünen Bericht und reden nicht mehr mit den Bauern – anders ist es mir einfach unerklärlich, daß Sie als Präsident hier vom Rednerpult aus sagen: Die Bauern sind mit dieser Umstellung bestens fertiggeworden.

1995 sind 28 Milliarden Schilling für die Agrarpolitik in Österreich ausgegeben worden, aber die Zahl der Bauern ist um 4 Prozent geringer. 28 Milliarden Schilling dafür, daß 12 000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vernichtet werden können! Das ist eine Entwicklung, die wir schon vor dem EU-Beitritt gehabt haben, aber mit dem EU-Beitritt geht sie jetzt noch um vieles rasanter weiter.

Sie haben mit immer mehr Geld immer mehr Höfe liquidiert. Ist Ihnen das überhaupt nicht bewußt? Diese Agrarpolitik ist die teuerste Zusperrpolitik, die es jemals gegeben hat, und zwar europaweit. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie ist völlig gescheitert, geben Sie das doch endlich einmal zu!

In Deutschland sperren täglich 80 Bauernhöfe zu, in Österreich täglich 20 Bauernhöfe. Es spielen sich in den Dörfern Tragödien ab. Aber Sie sagen, es ist alles bestens, alles in Ordnung. In einer Zeit, in der die Arbeitslosigkeit das größte Problem in Europa ist, vernichten Sie mit dieser Agrarpolitik, die Kosten in Höhe von Hunderten Milliarden Schilling verursacht, einen Bauernhof nach dem anderen. Wie lange wollen Sie diesen Wahnsinn eigentlich noch weiterbetreiben?

Das ist so wie bei den Arbeitnehmern, wo jetzt Lohnkürzungen auf der Tagesordnung sind. Die Arbeiter bei BMW müssen jetzt 50 Stunden ohne Lohnausgleich arbeiten, sie müssen Sozialkürzungen hinnehmen. Genauso macht man das jetzt mit den Bauern, genauso kürzt man bei ihnen. Eines nach dem anderen.

Man muß sich einmal vorstellen, was man da gemacht hat: Das Jahreseinkommen eines Bauern in Österreich beträgt laut Grünem Bericht 175 000 S. Zwei Drittel davon bekommt er von der öffentlichen Hand. Sie haben die Bauern völlig in Abhängigkeit gebracht, nämlich in Abhängigkeit von der öffentlichen Hand. Nur pragmatisiert sind sie noch nicht. Sie sind zwar öffentlich Bedienstete, aber pragmatisiert sind sie noch nicht.

Herr Minister! In spätestens zwei Jahren laufen doch diese degressiven Zahlungen aus. Was ist denn dann? Sie haben ja überhaupt keine Antwort gegeben. Da werden die Bauern einem völlig entfesselten Markt ausgeliefert, und zwar ungeschützt. Wo ist denn die Vertretung der Bauern geblieben? Es ist doch nicht möglich, daß Sie das nicht erkennen, Herr Kollege.


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