Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 62

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ist längst nicht mehr Wohnbau für die sozial Bedürftigen, Wohnbau nicht einmal für die Mittelschicht, sondern für die gehobenere Mittelschicht und für die obere Schicht.

Ich will Ihnen jetzt gar keine Wohnbaudiskussion aufzwingen, obwohl ich es ohne weiteres tun könnte, auch aus dem Stegreif. (Abg. Wurmitzer: Aufzwingen können Sie gar nichts!) Aber dieses Haus müßte sich ganz dringend einmal damit befassen, vor allem mit der Frage, wie denn dann dieser Wohnbedarf für die wirklich sozial Bedürftigen gestillt werden kann.

Eines dürfen Sie nicht außer acht lassen: In Wien existieren vielleicht da oder dort noch Ansätze, weil hier die Gemeinde mit einem im Vergleich zu anderen Gemeinden relativ großen Programm eigenen Wohnbaus – Wohnraumvermittlung ist es ja inzwischen schon fast geworden – vorhanden ist und agiert. Aber außerhalb Wiens und in den Ländern war zumindest bis zu diesem Zeitpunkt der Verländerung die Wohnbauförderung der einzige Ansatz des sozialen Wohnbaus und die einzige Möglichkeit, mit entsprechenden Unterstützungen, wo es um die Eigenmittel gegangen ist, wo es um Bodenerwerb, also Grund und Boden und Aufschließung, gegangen ist, für sozial Bedürftige Wohnraum zu schaffen. Anstelle sich dieses Problems zu entledigen, gilt es meiner Meinung nach ganz dringend, einmal eine diesbezügliche Analyse, eine genaue Analyse anzustellen, dieses Datenmaterial zu beschaffen und sich dieser vornehmlich politischen und sozialpolitischen Aufgabe wieder bewußt zu werden.

Für diese Erkenntnis im Verteilungsbericht, daß es den sozialen Wohnbau in Österreich nicht mehr gibt, bin ich froh und dankbar, und ich hoffe und denke mir, das sollte Anstoß geben für diese Debatten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Als nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Lukesch gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten angegeben. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Bring uns einen akademischen Beitrag! Kein Populismus!)

12.23

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Kammerlander! Auch wenn mich Herr Kollege Holger Bauer an eine akademische Anlage meines Redebeitrags erinnert, darf ich schon eines sagen: Die Wohnbauförderung ist in den Ländern bestens aufgehoben. Die Strukturen sind ganz unterschiedlich. Wenn Sie in Wien etwa den Anteil der Mietwohnungen und Eigentumswohnungen anschauen, dann ist es gerade das umgekehrte Verhältnis wie bei uns in Tirol. Wir kontrollieren die soziale Treffsicherheit, wir kontrollieren auch ökologische Zielsetzungen, die wir mit unserer verländerten Wohnbauförderung verfolgen, und wir geben zu den Bundesmitteln noch eine Milliarde zusätzlich hinzu. – Soviel zu Ihrem Aspekt, alles zu zentralisieren und hier von Wien aus zu kontrollieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kammerlander: Ist ja nicht wahr!) Da werden Sie bei uns auf massiven Widerstand stoßen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Aber jetzt zurück zum Verteilungsbericht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich möchte eine generelle Bemerkung und dann eine spezielle Anmerkung machen, was diesen Bericht betrifft.

Einerseits begrüße ich es, daß wir uns verstärkt mit Verteilungsfragen auseinandersetzen, und ich sehe bei gründlichem Studium auch sehr wohl Ansätze, Denkanstöße, wo unser Umverteilungssystem verbesserbar wäre, wo es effizienter zu gestalten wäre, wo es nicht so wirksam ist, wie wir das eigentlich wollen. Und insofern ist es eine wichtige Aufgabe, wenn uns hier von wissenschaftlicher Seite Beratung an die Hand gegeben wird.

Aber wenn ich die Diskussion heute verfolge, so habe ich den Eindruck, daß viele Redner das zweite Kapitel dieses Berichtes, Kapitel B über die allokative Effizienz der Bereitstellung öffentlicher Güter, nicht mehr gelesen haben. Ich gebe zu, die Thesen von Kollegen Guger sind


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