Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 19

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11.35

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit der Beschlußfassung über die Europawahlordnung und das Europa-Wählerevidenzgesetz werden die rechtlichen Grundlagen für die Wahlen zum Europäischen Parlament im heurigen Jahr geschaffen. Es muß, wie bekannt ist, innerhalb von zwei Jahren ab Beitritt zur Europäischen Union die Direktwahl der Parlamentarier stattfinden. Die weiteren Wahlen finden auf Beschluß des Europäischen Parlaments in allen Mitgliedstaaten in etwa zugleich statt.

Ich möchte, bevor ich mich mit der Frage, welchen Stellenwert das Europäische Parlament hat, beschäftige, mich kurz mit den Argumenten des Kollegen Haupt befassen. Er hat die Frage des einheitlichen Wahlkörpers angesprochen. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir bereits im Bundesverfassungsgesetz festgehalten haben, daß Österreich ein einheitlicher Wahlkörper sein soll und daher die jetzt eingebrachte Vorlage dieser verfassungsrechtlichen Grundlage vollinhaltlich entspricht. Das entspricht auch den einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union und ist daher rechtlich zweifellos korrekt.

Ich möchte aber auch erwähnen, daß das meiner Meinung nach eine Wahl ist, bei der der gesamtösterreichische Charakter stärker zum Tragen kommen soll, und es mir daher sinnvoll erscheint, daß ganz Österreich ein einheitlicher Wahlkörper ist.

Daß die Bundesländer dadurch schlechter vertreten wären, glaube ich nicht. Es ist Sache der Parteien, die die Listen erstellen, für eine regional ausgeglichene Aufstellung zu sorgen. Die meisten Bundesländer sind zu klein, als daß wirklich, wenn ein Bundesland ein Wahlkreis wäre, ein Abgeordneter direkt gewählt werden könnte. Mir scheint daher die gewählte Vorgangsweise nicht nur rechtlich korrekt, sondern auch zweckmäßig zu sein.

Zur Frage der Parteienförderung und dazu, daß die FPÖ es versäumt hat, die Fristen einzuhalten, möchte ich nur sagen, daß die Einhaltung von Fristen eine Selbstverständlichkeit sein soll. Wir erwarten von jedem Staatsbürger, von jedem Gastarbeiter, von jedem, der Rechte in Österreich in Anspruch nehmen will, daß er die Fristen einhält, und wenn er das nicht tut, geht er dieser Rechte verlustig.

Es liegen ein Gutachten des Verfassungsdienstes, aber auch zwei Gutachten unabhängiger Professoren vor, die eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Vorgangsweise des Bundeskanzleramtes korrekt war.

Ich möchte nun aber wieder zur Wahl der Europaparlamentarier zurückkommen.

Die Erfassung der Wähler ist ziemlich kompliziert. Es dürfen bekanntlich alle EU-Bürger an der Wahl teilnehmen, die in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben und nicht anderswo in die Wählerevidenz eingetragen sind. Die Behörden werden daher mehrere Monate brauchen, um die Vorbereitungen für diesen Wahlgang treffen zu können. Durch die Beschlußfassung zu Beginn dieses Jahres wird sichergestellt, daß alle Fristen auch tatsächlich eingehalten werden können.

Meine Damen und Herren! Diese Wahl bedarf aber nicht nur umfangreicher juridischer und organisatorischer Vorbereitungen, sondern auch politischer. Es gilt, der Bevölkerung die Bedeutung des Europäischen Parlaments und damit die Wichtigkeit dieser Wahlen ins Bewußtsein zu rufen.

Das Europäische Parlament war ursprünglich nur als beratende Versammlung konstruiert. Erst durch die Direktwahl, die erstmals 1979 stattfand, konnte das Parlament an Bedeutung gewinnen. Seit damals erkämpfte es sich Schritt um Schritt mehr Rechte im Kontroll-, aber auch im Gesetzgebungsprozeß der EU. Zuletzt hat das Parlament durch die Verträge von Maastricht einen deutlichen Zuwachs an Rechten erhalten, die es im zähen Kampf verteidigt und auszubauen versucht.


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