Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 218

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widersprüchlich. (Abg. Öllinger: Überhaupt nicht!) Die Behauptung, Ausbildung sei ein Geschäft für den Unternehmer, und die dann folgende Annahme, daß er aus Jux und Tollerei die Ausbildung einstellt, passen überhaupt nicht zusammen!

Wir werden in Zukunft zwei große Probleme haben: Wir werden nicht nur gegen die Jugendarbeitslosigkeit ankämpfen müssen. Wir werden nicht nur mit diesem Problem und all den Folgekosten konfrontiert sein, sondern wir werden vor allem auch einen Mangel an qualifizierten Facharbeitern und Facharbeiterinnen haben, und das wird sich sehr negativ auf unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit auswirken.

Die Bemühungen, die Attraktivität dieser Berufsausbildung über die Berufsreifeprüfung zu steigern, ist, wie ich meine, mißlungen. Ich habe schon gesagt, daß in diesem Zusammenhang alle Begleitmaßnahmen fehlen und von seiten der Wirtschaft die notwendige Flexibilität für eine Ausweitung der Berufsschulzeit aus Kostengründen nicht aufgebracht werden kann. Daraus resultiert in letzter Konsequenz auch unsere Forderung, die betriebliche und schulische Ausbildung sozial- und lohnrechtlich zu entkoppeln, weil wir nur so unter Mitwirkung einer reformierten Berufsschule auch höhere Bildungsabschlüsse anbieten werden können. Und diese sind notwendig, denn nur durch höhere Bildungsabschlüsse werden engagierte und leistungsfähige junge Menschen motiviert, in dieses duale Bildungssystem einzusteigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie das duale Ausbildungssystem attraktiv machen wollen, dann werden weder Slogans noch Kostenumschichtungen, noch kleine Korrekturen zielführend sein, sondern dann werden Sie für Lehrlinge und für Unternehmungen echte Reformen starten müssen. Dieses Maßnahmenpaket wird jedoch meiner Meinung nach diesen Anforderungen bei weitem noch nicht gerecht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Krammer. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

21.10

Abgeordnete Dr. Christa Krammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Das Lehrlingspaket ist eine absolut zu begrüßende Maßnahme der Bundesregierung, zumal die Erkenntnis ernüchternd bis erschreckend ist, daß sich die Wirtschaft eigentlich von der Ausbildung – ich kann das nur wiederholen, was die Frau Ministerin gesagt hat – des eigenen Nachwuchses peu à peu verabschiedet hat.

Wenn man Ridi Steibl zuhört, so gewinnt man den Eindruck, es gibt keine Gewerkschaft, keinen Verzetnitsch, keinen Nürnberger, keinen Hums und keine Hostasch. Alles hat die ÖVP gemacht. Da kann ich nur sagen – richten Sie es ihr bitte aus –: Ridi, nimm die Scheuklappen ab! So ist es nicht, wie sie das gesagt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Ridi, nimm die Scheuklappen ab! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Was heißt denn das? Das sagt man nur bei Pferden, daß sie die Scheuklappen abnehmen müssen! – Abg. Aumayr: Charmant! – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Umgang miteinander!)

Was im Hinblick auf dieses Lehrlingspaket zu tun bleibt, ist, die jungen Menschen dazu anzuhalten, die Angebote, die mit diesem Paket geschaffen worden sind, tatsächlich anzunehmen und nicht in traditionellen Lehrberufen verhaftet zu bleiben und zu resignieren, wenn es die nicht gibt. Sie sollen – man muß ihnen das sagen – mit beiden Händen die Chancen, die dieses Lehrlingspaket bietet, tatsächlich auch annehmen.

Allerdings bleibt eine Frage offen, die man sich genauer ansehen muß und für die man eine Lösung anbieten muß. Ich glaube, daß ich die Lösung anbieten kann; das heißt, ich habe es ja eigentlich schon gemacht. Wir haben Jugendliche, denen wir Lehrstellen anbieten wollen, wir sagen, die Jugendlichen sollen in die Schulen gehen, aber es wird eine große Anzahl von Jugendlichen übrigbleiben, die keine Lehrstellen findet. Es wird ein großer Rest übrigbleiben. (Abg. Dolinschek: Werden Sie sie in die Arbeitsstiftungen stecken, damit die Arbeitslosenzahlen nicht so hoch sind?) Langsam!


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