Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 38

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verhältnis begründet und daher unserem Staat zu Recht schützenswert scheint, nur dann anerkannt wird, wenn es sich zwischen Heterosexuellen abspielt. Das heißt, der Vertrauensschutz, den jemand braucht, weil er in einer Gemeinschaft mit jemand anderem lebt – Sie wissen wahrscheinlich nicht einmal, welche Diskriminierungen es dabei gibt –, wird nur zugestanden, wenn es eine heterosexuelle Gemeinschaft ist.

Ich halte das für menschenunwürdig, ich halte das für realitätsfremd, und ich halte das für menschenrechtswidrig. Wir haben daher versucht, in der Geschäftsordnung vom Strafgesetz wegzukommen und wenigstens hier im Parlament Schrittmacher zu sein und eine neue Dimension zu erschließen, indem gesagt wird: Wenn es für Zeugen Entschlagungsrechte gibt, und wenn man meint, daß das Entschlagungsrecht für jemanden da sein soll, der mit jemand anderem in einer Gemeinschaft verbunden ist, dann soll das nicht auf die geschlechtliche Orientierung abgestellt sein, sondern auf das Vertrauensverhältnis an sich.

Die Koalitionsparteien waren nicht bereit, diesen Weg zu gehen, und haben daher neuerlich einen Bezug auf das Strafgesetz gemacht. Das gibt uns jetzt allerdings Gelegenheit, diesen Angehörigenbegriff im Strafgesetz zu ändern und ihn von der sexuellen Orientierung loszulösen. Ich sage Ihnen – weil ich fürchte, daß es viele nicht wissen –, daß es eine Reihe von Diskriminierungen gibt, die durch unterschiedliche sexuelle Orientierung nicht rechtfertigbar sind. Das ist zum Beispiel das Entschlagungsrecht bei Zeugen. Das ist auch die Verweigerung des Eintrittsrechtes in Mietverträge, die nur Homosexuelle trifft; in einer anderen Lebensgemeinschaft haben sie dieses Recht. Das ist zum Beispiel die Pflegefreistellung nach dem Urlaubsgesetz.

Ich muß Sie wirklich fragen: Welche Gesellschaft wollen Sie mit Ihrem christlichen Verständnis? Daß nur zwei, die unterschiedlichen Geschlechtes sind, füreinander Verantwortung übernehmen und den anderen pflegen? Aber zwei, die in einer Lebensgemeinschaft gleichen Geschlechts sind, dürfen dieses Recht nicht in Anspruch nehmen? Was haben Sie für einen Begriff von Nächstenliebe? Was haben Sie für einen Begriff von Vertrauen?

Jetzt hätten Sie die Chance, anhand der Vorlage, die Sie uns hier geben, einen Schritt zu setzen und ein Signal zu geben, nämlich das Signal, daß Sie Verantwortung und Vertrauen nicht daran messen, ob es zwei Menschen verschiedenen Geschlechts sind, sondern einzig daran, wie diese Menschen zueinander stehen.

Wir stellen daher einen entsprechenden Antrag, aber meine Zeit reicht leider nicht, ihn vorzubringen. Wir haben noch einen Redner, der später alle diese Anträge einbringen wird. Ich gehe aber davon aus, daß Sie auch so schon darauf Bezug nehmen werden. Daher bitte ich Sie: Nehmen Sie die Chance wahr, dem Parlament die Möglichkeit zu geben, daß es seiner Aufgabe gerecht wird! Meine Bitte richtet sich auch darauf, daß Sie Ihr Selbstverständnis als Parlamentarier einbringen, wenn es um die Spielregeln geht, die die Aufgabenerfüllung überhaupt erst möglich machen.

Was Sie uns heute vorgelegt haben, ist ein Mosaikstein, der nicht den Kern trifft. Das ist der Grund dafür, daß wir dieser Vorlage die Zustimmung nicht geben werden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 10 Minuten. – Bitte.

12.01

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Schmidt, ich werde jetzt keine Homosexuellendebatte führen, weil mir der Zusammenhang mit den Untersuchungsausschüssen nicht ganz klar ist. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das können Sie sich nicht, weil Sie das nicht verstehen! – Abg. Mag. Barmüller: Das ist ja kein Anliegen von Ihnen!) Ich will mich auf die eigentliche Tagesordnung beschränken, und da geht es um die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)


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