Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 74

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Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass es sich um eine bedeutende sozialpolitische Errungenschaft in unserem Land handelt, dürfen wir erwarten, dass die rot-grüne Opposition ihre gewohnt unsachliche Fundamentalkritik hintanhält und diesem Gesetzesantrag zustimmt. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

12.45

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Unsere Gesellschaft ist tagtäglich mit dem Tod konfrontiert: mit einem Flugzeugabsturz, mit Katastrophen, mit dem Selbstmord eines zehnjährigen Mädchens, und das alles wird uns via Fernsehen ins Haus geliefert, ganz zu schweigen von den vielen Morden, die tagtäglich im Fernsehen gezeigt werden.

Das heißt, der außergewöhnliche Tod ist allgegenwärtig, aber unsere Gesellschaft hat es geschafft, über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg den ganz gewöhnlichen Tod zu verdrängen, wegzuschieben, abzudrängen. Nicht einmal im Krankenhaus durfte man im Krankenzimmer sterben, sondern man hat die Sterbenden aus dem Zimmer geschoben und ins Badezimmer oder auf Gänge verlegt, um andere Patienten nicht zu belästigen.

Ich behaupte, dass das dazu geführt hat, dass vor allem die Lebenden Probleme haben, psychische Probleme haben, weil sie mit diesem Tod nicht mehr konfrontiert werden. Das, was vor hundert Jahren noch selbstverständlich war, dass das Leben und das Sterben zu Hause passiert ist, ist in unserer modernen Gesellschaft weggedrängt worden.

Gott sei Dank hat es vor wenigen Jahren eine Umkehr gegeben. Gott sei Dank hat unsere Gesellschaft erkannt, dass es notwendig ist, nicht nur ein Kind ins Leben zu begleiten, sondern auch einen Sterbenden aus dem Leben zu begleiten, ihm Angst zu nehmen und ihm in den letzten Stunden Beistand zu leisten. Dieser Umstand ist vor allem jenen Gruppen von Menschen zu verdanken, die sich der Hospizbewegung gewidmet und damit auch Bewusstseinsbildung geleistet haben.

Meine Damen und Herren! Dass die Politik und eine Bundesregierung diese Thematik jetzt aufgreift und gesetzlich erstmals in Europa regelt, ist meines Erachtens ein weiterer sozialpolitischer Meilenstein, den diese Regierung gesetzt hat. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erstmals wird es nicht nur möglich sein, für Kinder, die ins Leben begleitet werden, eine Auszeit aus dem Beruf zu nehmen, sondern auch für sterbende Angehörige, um sie in ihren letzten Stunden nicht alleine zu lassen. Ich möchte für diese Initiative ganz besonders den beiden zuständigen Ministern und dem Staatssekretär danken, unserem Minister Martin Bartenstein, Minister Haupt und Staatssekretär Waneck, die unter der Regierung Wolfgang Schüssel diesen sozialpolitischen Meilenstein gesetzt haben. (Neuerlicher lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist uns klar, dass das ein Anfang ist, ein Gesetz, das erstmals diese Möglichkeit bietet, dass wir es evaluieren müssen und dass es sicher noch Möglichkeiten geben wird, es zu verbessern.

Ich darf meine Ausführungen mit ein paar ganz persönlichen Worten abschließen: Ich habe meinen Vater mit 17 Jahren verloren, 1966, in einem Krankenhaus, in dem die Sterbenden auch ins Badezimmer verlegt wurden. Ich habe meine Mutter 1995 in einem geistlichen Spital verloren, wo es während der letzten Tage möglich war, auch in der Intensivstation Tag und Nacht bei ihr zu sitzen und sie zu begleiten. Und ich hatte im Jänner dieses Jahres die Möglichkeit, die sterbende Mutter einer lieben Freundin zu begleiten, und zwar im Hospiz der Caritas Socialis am Rennweg, wo ich erlebt habe, wie qualitätvoll Hospizarbeit sein kann. All


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