Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 74

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

12.49

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Stummvoll, ich hoffe, dass die nächste Regierung die tragenden Eigenschaften, die tragenden Säulen, die diese Regierung geprägt haben, nicht hat: Chaos, Streit, sieben ausgewechselte Minister, ein peinliches Schauspiel bis zum endgültigen Showdown. Ich hoffe, dass sich das in Österreich nicht wiederholt. Von diesem blau-schwarzen Experiment haben wir, glaube ich, in Österreich genug gesehen, wahrlich genug gesehen, und ich hoffe, es wiederholt sich nicht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Bilanz dieser Bundesregierung jetzt in zehn Minuten abzuhandeln, ist sehr schwierig. Ich möchte mich auf drei Kernbereiche konzentrieren. Der eine ist die schon erwähnte Umwelt- beziehungsweise Landwirtschaftspolitik, der zweite ist die Frage: Wie geht es den Frauen nach diesen zwei Jahren blau-schwarzer Bundesregierung?, und der dritte Kernbereich sind Wirtschaft und Arbeit.

Zum ersten Bereich. Was mich enttäuscht hat, Herr Umweltminister Molterer, ist Folgendes: Sie haben über die Katastrophenhilfe bei der Hochwasserkatastrophe gesprochen. Kollege Stummvoll hat soeben davon gesprochen, wie gut das Krisenmanagement funktioniert hat. – Ich finde es gegenüber den Helferinnen und Helfern nicht fair, das jetzt zu vereinnahmen. Sehr vieles ist ausschließlich auf private Initiative, auf privaten Einsatz und unglaublich viel Unterstützung zurückzuführen. Das kann man jetzt nicht ausschließlich der blau-schwarzen Bundesregierung an das Revers heften. Im Gegenteil: Sie haben sich bis zum heutigen Tag geweigert, für genau diese Helferinnen und Helfer eine Hilfskarenz zu schaffen, nämlich die Möglichkeit, das mit ihrem Beruf zu vereinbaren. Das verstehe ich nicht, und ich glaube, das verstehen auch die Helferinnen und Helfer nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gut, das Krisenmanagement hat funktioniert, und die Gelder werden hoffentlich bald ausgeschüttet. Was aber überhaupt nicht funktioniert hat, ist, einen Tag weiter zu denken. Wir in Kärnten sagen dazu, man denkt nur "von zwölfe bis z’Mittag" – und genau dieses Gefühl hatte ich jetzt auch: Sie haben überhaupt nicht daran gedacht, wie man zukünftige Katastrophen vermeiden kann, wie man im Klimaschutz viel stärkere Maßnahmen setzen kann als bis jetzt – bis jetzt ist nämlich gar nichts passiert; Österreich ist Schlusslicht in Europa geworden – und wie man angesichts der jahrzehntelangen verfehlten Widmungs-, Siedlungs- und Flussbaupolitik eine Änderung, einen Paradigmenwechsel erreichen kann.

Herr Umweltminister, Sie haben darüber überhaupt kein einziges Wort verloren. Was lernen wir denn aus dieser Katastrophe? Was müssen wir denn anders machen? Ist das alles von Gott gegeben, was da passiert ist? – Mitnichten! Viele Fehler der Vergangenheit müssen jetzt – neben der raschen Hilfe für die Betroffenen – repariert werden. Ich erinnere an die verfehlte Flussbaupolitik, die Begradigungen, die Staustufen, die Zerstörung von Auwäldern, dieser riesigen Landflächen, die für die österreichischen Flüsse verloren gegangen sind.

Wir treten für den Rückbau ein, und wir wollen auch, dass die Flächenversiegelung der Intensivlandwirtschaft zurückgedrängt wird, um Platz für die Flüsse und ihre Überschwemmungen zu schaffen, die eigentlich ganz natürlich auftreten und nicht nur eine Naturkatastrophe sind. Damit muss man rechnen und wirtschaften. (Beifall bei den Grünen.)

Alle Klimaforscher warnen uns seit Jahren. Seit den neunziger Jahren wird gemessen und deutlich belegbar nachgewiesen, dass der Treibhauseffekt mit solchen Fingerzeigen bereits klarmacht, dass wir eine völlig andere Energiepolitik und Umweltpolitik brauchen.

Auch dazu habe ich von Ihnen überhaupt nichts gehört, etwa, dass man daraus irgendwelche Lehren zieht. Im Gegenteil: In den budgetpolitischen Reden des Finanzministers sind die Worte "Umweltschutz" und "Klimaschutz" kein einziges Mal vorgekommen. Sie sind in den vergangenen zweieinhalb Jahren kein einziges Mal bei ihm vorgekommen, und es hat keinen einzigen Groschen zusätzliches Geld für Klimaschutz in Österreich gegeben.

Das zweite große Thema umfasst die Umweltpolitik und Atompolitik. Herr Bundeskanzler, Sie haben sich in dieser Frage, vor allem heute, zum Thema Europa geäußert. Meiner Meinung


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite