Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 60

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Ich habe schon gesagt: Die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft, vor allem in der Wirtschaft, werden verschoben, die Unternehmer werden gestärkt und die Arbeitnehmer werden eindeutig geschwächt. Ich werde versuchen, das hinsichtlich der neuen Ministeriumsstruktur anhand einiger Beispiele nachzuweisen. Frau Abgeordnete Fekter kann noch so oft hierher ans Rednerpult kommen und sagen, es gebe einige Länder, in denen Wirtschafts- und Arbeitnehmerinteressen von einem Ministerium verwaltet würden. Das mag in Teilbereichen der Fall sein, in zwei, drei Ländern, aber nicht mit jener Fülle an Kompetenz, wie sie unser Wirtschaftsminister in Zukunft haben wird.

Das Sozialministerium im herkömmlichen Sinn wird es ja nicht mehr geben, das ist filetiert. In Zukunft fallen das Arbeitsvertragsrecht, der Arbeitnehmerschutz und damit die Arbeitsinspektion in die Agenden des Wirtschaftsministeriums. Und jetzt stelle ich Ihnen die Frage: Was glauben Sie, auf welcher Seite dieser Minister, der Großindustrielle Bartenstein, sein wird, wenn sich Arbeitgeber über Arbeitsinspektoren beschweren? Diese Frage ist leicht zu beantworten, das ist eine Einserfrage, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht: Dazu gehören insbesondere auch gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, Angelegenheiten des Schlichtungswesens, Angelegenheiten der Betriebsvertretung. Mit Betriebsvertretung ist das Arbeitsverfassungsgesetz gemeint. – Eine weitere Einserfrage: Was, glauben Sie, wo dieser Minister, der Großindustrielle Bartenstein, stehen wird? Auf der Seite der großen und kleinen Stronachs oder auf der Seite der Kolleginnen, die einen Betriebsrat gründen wollen? Auch diese Frage können Sie sich selbst und leicht beantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann geht es noch weiter, etwa mit der kollektiven Rechtsgestaltung auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes. Dazu gehören insbesondere auch Rechte der Gesamtarbeitsverträge und die Festsetzung von Lohntarifen. Als Kollektivvertragsverhandler, der nach 20 Jahren Kollektivvertragsverhandlungen ein bisschen Erfahrung hat, weiß ich, dass wir in letzter Zeit sehr oft Kollektivverträge satzen mussten.

Nun stelle ich Ihnen wieder eine Einserfrage, sehr leicht zu beantworten: Was glauben Sie, wenn hier ein Antrag gestellt wird – Antragsteller: Gewerkschaft, Antragsgegner: Wirtschaftskammer –, auf welcher Seite der Wirtschaftsminister, der Großindustrielle Bartenstein, stehen wird? Der wird doch nicht auf der Seite der Gewerkschaft stehen! Sie werden rascher, als Sie glauben, diese Nagelprobe bestehen müssen, Herr Bundesminister. Ich hoffe, Sie haben alle diese Einserfragen beantworten können.

Diese Regierung – das geht aus dieser neuen Ministeriumsstruktur hervor – predigt uns Sparsamkeit. Ich bin neugierig, wer in Zukunft zu den Sitzungen der Arbeits- und Sozialminister im Rahmen der EU fahren wird? Wahrscheinlich werden beide hinfahren, dann haben sie wenigstens einen Gesprächspartner beim Mittagessen (Heiterkeit bei der SPÖ), denn von den Ministerkollegen spricht ohnehin niemand mit ihnen. – Und das, weil Sie Österreich und sich selbst isoliert haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen in meiner vollen Verantwortung Folgendes: Ich bekenne mich dazu, dass wir aus wirtschaftlicher Sicht gemeinsame Interessen haben. Ich habe auch den Ausspruch gepredigt: Wir sitzen beide im gleichen Boot! Aber für etwas sind wir nicht zu haben: dass die Arbeitnehmer rudern und die Arbeitgeber auf dem Sonnendeck liegen! Daher bin ich persönlich und auch meine Organisation, die ich vertrete, immer für Kompromissbereitschaft eingetreten. Aber wenn Sie glauben, dass durch ein neues Standortministerium die Arbeitnehmer in diesem Land zu Standortfaktoren werden, dann, das muss ich Ihnen sagen, haben Sie sich schwer getäuscht, meine Damen und Herren von Blau-Schwarz! (Beifall bei der SPÖ.)

12.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es ist verlangt worden, Herrn Abgeordnetem Nürnberger einen Ordnungsruf zu erteilen. Abgeordneter Nürnberger hat in seiner Rede zum Herrn Bundeskanzler gesagt: Das ist der "Gipfel der Demagogie". – Ich werde mir das Protokoll gemeinsam mit den anderen Protokollen vorlegen lassen und dann darüber entscheiden.


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