Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 126

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Oder ich zitiere als weiteres Beispiel einen finnischen Freund. Dieser sagte: Gängelbanderfahrungen haben wir mit Russland genug gehabt, die brauchen wir nicht auch noch mit Brüssel zu machen.

Zu nennen wäre auch der Politikwissenschaftler Wilfried Bredow, der kürzlich im Rahmen eines Symposiums an der Uni Wien sagte: Die Österreich-Maßnahmen haben mit Österreich am wenigsten zu tun. Sie haben mit EU-Problemen zu tun, mit den Problemen mancher Staaten selbst, und sie sollen nur verwischen und verschweigen, was zu nennen ist.

Schließlich führe ich als Beispiel noch Günther Nenning an, der in einem Kommentar ausgeführt hat: Schlagt den Esel und nicht den Sack. Wenn ihr den Esel Deutschland meint, liebe Franzosen, dann nennt ihn auch beim Namen. – Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, meine Damen und Herren von der Opposition, das muss Ihnen nicht ich als Wissenschaftspolitikerin sagen. Und wenn man sich in der Politik, auch in der Opposition Profi nennen will, dann muss man dieses sehr wohl mit bedenken. Es kann der Abgeordnete Pilz auch nicht sagen, er hätte an ÖVP-Stelle seinem Regierungspartner bei Fehlverhalten schon das Maul gestopft. – Er hat es nicht so gesagt, aber er meint, ein Ultimatum betreffend Meinungsäußerung wäre zu setzen. Kennt er denn nicht die Bundesverfassung, Artikel I, das Recht auf freie Meinungsäußerung? Ich bin erstaunt über solch autoritäre Vorstellungen von Kooperation.

Es ist auch zu hinterfragen, wenn Kollege Pilz sagt, die Maßnahmen wären eigentlich nicht so schlimm. Warum fährt dann sein Klubobmann und Fraktionschef Van der Bellen herum, um den Europäern zu erklären, dass mit den Maßnahmen aufzuhören sei? Also, Herr Pilz und liebe Freunde der Opposition, entweder sind diese Maßnahmen zurückzuweisen, und deshalb reist man herum, oder die Maßnahmen sind ohnehin nicht so schlimm, dann kann man es bleiben lassen. Sie müssen sich da wohl entscheiden.

Die heutige Einladung zu einer gesamtösterreichischen Anstrengung gilt allen. Zu dieser gesamtösterreichischen Initiative kann man sich von 8 Uhr in der Früh bis 17 Uhr am Abend entschließen, da braucht es eigentlich nicht viel Überredungskunst, sondern man muss nur denken, bevor man urteilt oder verurteilt. Ich meine, dass das gemeinsame Auftreten notwendig wäre, um falsche Eindrücke und Bilder über Österreich, die auch mit Zutun mancher Österreicher entstanden sind, wieder auszubessern. "The Farce Version of History", wie ich mit Tony Judts Worten zu Beginn meiner Ausführungen gesagt habe, bezieht sich auf die mahnende Einschätzung von Karl Marx. Schließlich war er es, der gesagt hat, große Ereignisse in der Geschichte kann man zweimal erleben: einmal als Tragödie und einmal als Farce.

Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag auf Einstellung der EU-Maßnahmen haben wir die Chance, die Farce-Version zu verhindern und damit die Geschichte nicht auf die zitierte Weise zu vollziehen. Wir müssen uns an eine wichtige europäische Aufgabe machen, an die eigentliche politische Aufgabe, die André Glucksmann folgendermaßen formuliert hat: Die EU muss nach der bloßen Formulierung der Ängste, nämlich vor Faschismus und Stalinismus, schnell nachdenken, wie sie gemäß der europäischen Idee die europäischen Werte überhaupt einmal aktiv formuliert. Ablenkung von nationalen Problemen in europäischen Ländern und Zudecken mit Österreich-Boykottmaßnahmen ist nicht der richtige Weg.

Der richtige Weg ist es, heute diesem Antrag beizutreten und eine gemeinsame europäische dialogische Anstrengung zu beginnen. Es ist höchste Zeit, es ist nie zu spät. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

16.55

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht heute hier um einen rot-weiß-roten Konsens. Herr Klubobmann Khol ist nicht mehr hier. Ich habe schon gestern mit Erstaunen in der "ZiB 2" seine Krawatte bewundert, und heute trug


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