Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 127

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Ich möchte auch nicht das Gesundheitssystem von Deutschland, wo brutal gedeckelt und einfach rationiert wird, wo Ärzte mit Regresszahlungen bedroht werden, wenn sie Patienten etwas verschreiben. Ich war in Deutschland, und da haben mir Ärzte gesagt: Wir verschreiben die neuen Medikamente wie "Zyprexa" für Schizophrenie überhaupt nicht, denn wir werden diese doch nicht von unserem Honorar zahlen! – So sieht grüne Politik in Deutschland aus, Herr Öllinger, aber Sie können ja dann gerne dazu Stellung nehmen. (Ruf bei der SPÖ: Wie war denn das vorher?)

Wenn die Kosten für Medikamente im Jahr um 3 Milliarden Schilling steigen, dann müssen wir uns etwas überlegen. Das darf aber keine Deckelung sein, sondern es muss vernünftig gespart werden. Da gefällt mir dieses Ökonomiemodul sehr gut.

Wir dürfen nicht dazu kommen, dass wir rationieren. Meine eigene Mutter hat vor 20 Jahren bei einer Brustkrebserkrankung ihr Medikament unter dem Hinweis, dass es zu teuer ist, nicht bekommen. Sie können mir als Arzt, der in Meidling, wo nicht die reichen Leute wohnen, ordiniert, abnehmen: Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin! Diesen Konsens wollen wir auch in diesem Haus, auch unter einer anderen Regierung, aufrechterhalten. Es geht doch um die Solidarität zwischen Jungen und Alten, zwischen Gesunden und Kranken. Das soll man nie vergessen, und man soll wegen dieser 2 Milliarden, die jetzt an Selbstbehalt aufgebracht werden – 2 Milliarden sind es, Herr Präsident, von 140 Milliarden Schilling, die insgesamt an Krankenversicherungsbeiträgen entrichtet werden –, nicht so tun, als wenn das die große Welt wäre, noch dazu, da wir alle wissen – wir, Sie und ich –, dass es hier sozial begründete Ausnahmen geben soll und geben muss.

Wer hat Sie zum Beispiel daran gehindert, sich dieser Problematik anzunehmen? Elf Jahre lang renne ich nun schon dieser verschuldensunabhängigen Haftungsregelung nach! Ist das wirklich ein Mirakel? Muss man wirklich sagen, es ist ein Problem, 10 S oder mehr dafür aufzuwenden, dass jemand, wenn er einen Schaden erleidet, entschädigt wird, nur weil man sich auf einen ideologischen Standpunkt stellt, der lautet, es darf nicht sein? – Da sind mir 10 S lieber, und wir bringen damit ein Thema in Gang und helfen denen, die – wirklich tragischerweise – bei all den Erfolgen, die die Medizin erzielt, einen Schaden erleiden.

Ich bin offensichtlich mit meiner eher positiven Einschätzung nicht ganz allein: Ärztekammerpräsident Pjeta hat gesagt, die Reform sei ein mutiger Schritt. Präsident Routil von der Steiermark hat gesagt, man muss bei dem Regierungsprogramm gute und neue Vorschläge nicht mit der Lupe suchen.

Ich glaube, unsere Gesundheitspolitik sollte nicht vom Wegschauen und vom Verleugnen der Probleme oder von Pseudolösungen bestimmt sein. Wir sollen aber nicht dem Patienten, wie Pumberger es gesagt hat, Angst machen, sondern ich glaube, wir sollen schrittweise zu einem optimalen System für alle kommen. Wir sollen Angst nehmen. Keiner soll sich wie in Amerika fürchten müssen, dass er, wenn er arm ist, auf der Straße steht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

16.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich muss mit einem Kompliment an Sie anfangen, was vielleicht ungewöhnlich ist: Es fällt angenehm auf, Herr Staatssekretär, dass Sie sich einer sachlichen Argumentation bedient haben, dass Sie versucht haben, sich sachlich mit dem Problem auseinander zu setzen, was leider nicht für alle Mitglieder der freiheitlichen Fraktion, vor allem nicht für den Erstredner, Kollegen Pumberger, gilt. (Abg. Dr. Pumberger: Vielleicht habe ich beim Öllinger gelernt?)

Mit Begriffen wie "Made im Speck", Herr Kollege Pumberger, macht man vielleicht Stimmung (Abg. Mag. Hartinger: Wofür machen Sie Stimmung, Herr Kollege?), böse Stimmung, aber man macht nicht unbedingt das, was Sie, Herr Kollege Rasinger, eingefordert haben: Angst zu nehmen und sich sachlich mit Gesundheitspolitik auseinander zu setzen.


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