Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 190

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Fraktion klar. Der Titel lautete: Neuordnung des Weisungsrechtes für Staatsanwälte, Vorschlag auf Einrichtung eines Bundesstaatsanwaltes. Es war ein höchstrangiges Expertengremium geladen. Die Sinnhaftigkeit des Instituts des Bundesstaatsanwaltes kam trotz eingehender Bemühungen der einladenden Fraktion nicht wirklich zutage.

Wer war allerdings nicht eingeladen? – Jene Institution, die tatsächlich Einblick in die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft hat, nämlich die Volksanwaltschaft! Die Volksanwaltschaft ist zur Prüfung der Staatsanwaltschaft deshalb berufen, weil es sich bei der Staatsanwaltschaft um eine weisungsgebundene Behörde der öffentlichen Verwaltung handelt.

398 Prüfungsverfahren wurden im Bereich der Justiz 1999 von der Volksanwaltschaft eingeleitet. 10 bis 15 Prozent der Beschwerden im Bereich Justiz betreffen im langjährigen Durchschnitt die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft. Die Mehrheit der Beschwerden richtet sich nicht gegen Verfolgungshandlungen durch die Staatsanwälte, sondern dagegen, dass Anzeigen von geschädigten/betroffenen Bürgern von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt werden. Die Prüfungstätigkeit der Volksanwaltschaft ergibt zumeist, dass die Zurücklegung zu Recht erfolgt ist. Wenn diese aber nicht zu Recht erfolgt ist, sondern das Strafverfahren ungerechtfertigt eingestellt wurde, kann das Verfahren durch Weisung des Bundesministers als oberste Dienstaufsichtsbehörde über die Staatsanwaltschaft fortgesetzt werden.

Betreffend Verfahrenseinstellung und Zurücklegung von Anzeigen möchte ich eine Aussendung der Volksanwaltschaft vom 9. November 2000 zitieren:

"Volksanwalt Schender konnte während seiner gesamten bisherigen Amtstätigkeit von über elf Jahren noch in keinem Beschwerdefall das Vorliegen einer Ministerweisung, das Verfahren einzustellen beziehungsweise die Anzeige zurückzulegen, feststellen." – Zitatende.

Durch die Weisungsfreistellung der Staatsanwälte würde den Bürgerinnen und Bürgern das Recht genommen, bei der Volksanwaltschaft Beschwerde zu führen. Und durch die Weisungsfreistellung der Staatsanwälte würde eine Behörde geschaffen, die legibus solutus agiert. Das kann nicht Ziel unseres Rechtsstaates sein! Und es kann auch nicht Ziel sein, in Österreich Verhältnisse wie in den Vereinigten Staaten mit Sonderermittlern wie Kenneth Starr zu etablieren, die in selbstgefälliger Art und Weise und unter Einbeziehung der Medien den Rechtsstaat an der Nase herumführen!

Abschließend darf ich nochmals Dank an die Volksanwaltschaft richten. Der Rechtsstaat Österreich und Österreichs Bürgerinnen und Bürger brauchen Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.18

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von der Volksanwaltschaft! Über die Wichtigkeit der Berichte der Volksanwaltschaft wurde schon gesprochen. Ich kann mich dieser Meinung nur anschließen.

Frau Abgeordnete Frieser! Weniger anschließen kann ich mich Ihrer Ankündigung, dass wir Sie an den Taten messen sollen, die Sie umsetzen werden. – Die ÖVP war auch in den vergangenen Jahren in der Regierung, wenn ich mich nicht täusche, die meisten haben das aber offenbar vergessen. Jedenfalls könnte man aber auch schauen, was in der Vergangenheit umgesetzt wurde, und ich möchte drei Beispiele nennen. Bezüglich dieser Punkte aus dem Bereich des Herrn Volksanwalts Schender betreffend Bildung habe ich auch Anfragen gestellt, und mittlerweile liegen auch Antworten aus dem Ministerium vor, und diese zeigen, wie wenig ernst die Berichte der Volksanwaltschaft genommen werden.


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