Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 50

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11.00

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte diese Gelegenheit, nämlich die Debatte über den Grünen Bericht, gerne dazu benützen, um aus meiner Sicht zu aktuellen Fragestellungen Stellung zu nehmen, die diese Diskussion heute im Hohen Haus, aber auch weit darüber hinaus bestimmen.

Es ist vollkommen klar und richtig und auch nicht überraschend, dass es angesichts dieser öffentlichen Diskussion, angesichts der Vorfälle eine Verunsicherung bei den Konsumenten gibt, und es ist wohl legitim, dass eine Diskussion über die Agrarpolitik stattfindet, eine Diskussion über das, was es letztendlich an notwendigen Maßnahmen gibt. Alle Abgeordneten dieses Hauses, unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit, sollten dabei aber darauf Bedacht nehmen, dass wir bei dem bleiben, was österreichische Realität ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hiezu darf ich Ihnen mitteilen – und vergessen Sie das bitte bei dieser Diskussion nicht! –, dass wir in Österreich bisher keinen Fall von BSE haben, und das nicht aus Zufall, sondern weil wir seit Jahren und Jahrzehnten in die Sicherheit investiert haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Übersehen Sie nicht, dass wir in Österreich über 80 000 bäuerliche Betriebe haben, die Schweinehaltung betreiben, und dass es bis gestern Abend 38 Betriebe sind, die gesperrt worden sind, weil es offensichtlich kriminelle Machenschaften gegeben hat. Ich bitte Sie aber im Interesse der ordnungsgemäß produzierenden Betriebe, im Interesse der kleinen Betriebe: Stellen Sie doch diese Fakten dar, und verunglimpfen Sie nicht die gesamte Landwirtschaft in Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen, auch die Biobauern sind davon betroffen, weil Preisdruck auch vor diesem Sektor nicht Halt macht. Daher möchte ich Sie bitten, bei dieser Diskussion doch auch die Fakten zu sehen. Einige Fakten: In Österreich haben wir eine durchschnittliche Betriebsgröße von 16,3 Hektar, im europäischen Schnitt von 18 Hektar, in Großbritannien von 70 Hektar. In Österreich sind es nur 1,3 Prozent der Betriebe, die größer als 100 Hektar sind. In Österreich haben wir eine durchschnittliche Rinderzahl je Betrieb von 20 Stück, während es im EU-Durchschnitt fast 50 und in Großbritannien 87 sind. Und in Österreich sind es nur 0,5 Prozent der Betriebe, deren Bestand größer ist als 100 Stück, meine Damen und Herren! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Bedenken Sie doch bei der Darstellung, etwa auch im Bereich der Schweineproduktion, dass wir in Österreich einen Durchschnittsbestand von 37 Stück je Betrieb haben, während es in Großbritannien 557 und in den Niederlanden 723 Stück sind, und dass es in Österreich nur zwei Prozent aller Betriebe sind, die mehr als 400 Schweine halten. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das sind an die 2 000 Betriebe!)

Meine Damen und Herren! Bedenken Sie beispielsweise, dass wir in Österreich den höchsten relativen Anteil an Biobetrieben in Gesamteuropa haben. Nicht aus Zufall, sondern weil wir investiert haben: die Bauern, die Konsumenten und die Politik. Bedenken Sie beispielsweise, wenn Sie urteilen – und auch die Öffentlichkeit sollte das tun –, etwa den Düngemitteleinsatz je Hektar: Er liegt in Österreich bei 38 Kilogramm, wogegen er etwa in den Niederlanden bei 180 Kilogramm liegt.

Bedenken Sie, meine Damen und Herren, wenn Sie urteilen, dass Österreich beispielsweise je Vollarbeitskraft und Jahr den absolut höchsten Anteil an Mitteln aus Umweltmaßnahmen für die Bauern auszahlt. Wir stehen an der Spitze der Europäischen Union bei der Anwendung des Umweltprogramms.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Sie urteilen, dann bedenken Sie auch, dass wir in Österreich beispielsweise 65 Prozent der gesamten Mittel, die wir in der Landwirtschaft, in der Agrarpolitik aufwenden, für die ländliche Entwicklung, für das Umweltprogramm, für die Bergbauern investieren, und nur 34 Prozent für Direktzahlungen aus den Marktordnungen.


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