Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 223

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ten erschüttert wie kaum ein anderer Skandal. Schuldlose Fleischer und gewissenhafte Bauern kommen unschuldig zum Handkuss.

Die Chancen für die Landwirtschaft sind heute schon mehrfach erwähnt worden: artgerechte Tierhaltung, natürliches Futter, Biolandbau und vor allem ein ordentliches Maß sowohl an Ehrlichkeit als auch an Strafen. Die Massenproduktion muss der Vergangenheit angehören, zumal sie Fehlentwicklungen geradezu provoziert, Fehlentwicklungen, welche die ÖVP, der Bauernbund und der Landwirtschaftsminister zu verantworten haben, zumal die ÖVP die Existenz dieses Problems immer wieder bestritten hat (Beifall bei der SPÖ), zumal ÖVP-Funktionäre kritische Tierärzte unter Druck gesetzt haben, zumal der Landwirtschaftsminister die Reduktion der Kontrollen angeordnet hat und zumal die Regierungsfraktionen im Gesundheitsausschuss und wahrscheinlich auch hier im Plenum alle Oppositionsanträge für mehr Kontrolle und besseren Konsumentenschutz abgelehnt haben beziehungsweise ablehnen werden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Sie setzen die Konsumenten wissentlich nicht kontrollierbaren Gesundheitsrisken aus, wie das Frau Abgeordnete Hartinger vorhin sehr ausführlich erklärt hat. Sind Sie nicht beunruhigt, dass sich BSE-Risikomaterial im Speisefett befindet oder Antibiotika im Wege der Düngung ins Gemüse und in die Umwelt gelangen?

Da viele klärende Untersuchungen offen sind und mit langen Inkubationszeiten zu rechnen ist, stehen wir am Anfang einer Problemreihe, hoffentlich aber auch am Anfang von deren Aufklärung. Der Einfluss auf das Gesundheitssystem wird eine neue Dimension erreichen, und die Verantwortung dafür werden die ÖVP und der Landwirtschaftsminister zu übernehmen haben.

Es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister über diese "Schweinereien" empört ist, zumal er selbst lange davon Kenntnis hatte. Es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister uns ausrichtet, dass er nicht jede Behörde sein kann, und es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister aus dieser Krise lernen will – eigenartigerweise aus einer Krise, die er selbst begünstigt und unterstützt hat.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Es ist auch zu wenig, die Verantwortung abzuschieben! Sie haben vor der Wahl den Wählern Kompetenzbereinigung versprochen, sodass nicht mehrere Ministerien für ein Problem zuständig sein können. Was ist geschehen? – Nichts ist geschehen! Aber eigentlich ist es auch gleichgültig, ob Haupt oder Molterer verantwortlich sind, denn sie sind verpflichtet, unaufgefordert zu kooperieren und möglichst rasch vernünftige Lösungen zu finden. Herr Staatssekretär! Befreien Sie sich aus diesem schwarzen Würgegriff! Setzen Sie wirksame Maßnahmen! Beenden Sie dieses skrupellose Geschäft mit der Gesundheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Diskussionen mit dem Landwirtschaftsminister von heute Vormittag lassen allerdings wenig Hoffnung aufkommen, dass es Problemlösungskompetenz und vor allem Problemlösungswillen dieser Regierung geben wird, zumal die Devise der ÖVP lautet: Aussitzen und durchtauchen! Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Die Machtgier hat Sie blind und kalt gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer. – Bitte.

22.01

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Immer wenn sich in irgendeiner Weise ein Skandal anbahnt, dann ist es Usus, sofort zu schreien: Wo ist der Schuldige?

Bitte bewerten Sie diese Aussage nicht als eine Binsenweisheit, mit welcher man irgendetwas vertuschen oder bagatellisieren will. Ich bin aber sehr wohl der Ansicht, dass eine lückenlose Rückverfolgung des missbräuchlichen und illegalen Einsatzes von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen nicht wirklich von Erfolg gekrönt sein kann, weil es den effektiven Primärschuldigen in einer solchen Causa meines Erachtens nicht gibt.


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