Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 253

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neben den Sitzreihen der Grünen stehend, nicht unmittelbar auf die Worterteilung. – Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Guten Morgen! Wachen Sie auf!)

23.55

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist noch nicht ganz "guter Morgen", es ist fünf vor zwölf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zurück zum Ernst der ganzen Angelegenheit. Wir haben heute den ganzen Vormittag darüber debattiert und diskutiert; es ist jetzt, glaube ich, an der Zeit, Farbe zu bekennen.

Es gab vor den Nationalratswahlen 1999 eine Zeit, in der alle hier im Haus vertretenen Parteien das Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchaus auch einer Minderheit zuerkannt hätten. Das ist aber bis zum heutigen Tage noch nicht der Fall. Es ist immer noch ein Mehrheitsrecht, es muss immer noch darum gerungen werden, und es ist eine Schande, dass das Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen noch immer nicht ein Minderheitsrecht wie in vielen entwickelten Demokratien in Europa ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie selbst haben bei der Geschäftsordnungsreform ...!)

Zur Causa selbst: Ich möchte ein paar Zitate bringen, die in den letzten Wochen und Monaten nicht nur uns als Politikerinnen und Politiker, sondern vor allem auch die Konsumentinnen und Konsumenten bewegt haben: Auf Grund der Kundenlisten der in den Schweineskandal verwickelten Tierärzte ist von mehreren Hundert betroffenen österreichischen Landwirten auszugehen. Die bisher zur Anzeige gebrachten Fälle sind nur die Spitze des Eisberges. – 22. Jänner 2001.

Weiters: Etwa in Oberösterreich werden 80 Prozent der Schweine in 20 Prozent der Betriebe produziert. Es ist davon auszugehen, dass in 60 Prozent dieser Betriebe illegal erworbene Medikamente verwendet werden. (Abg. Auer: Unwahre Behauptung!)  – Ich wiederhole: in 60 Prozent dieser Betriebe illegal erworbene Medikamente verwendet werden, sagt ein Umweltmediziner. (Abg. Auer: Nicht bewiesen!)

Weiters: Da geht es nicht nur um ein paar deutsche Tierärzte, Autobahntierärzte, die in der Steiermark Medikamente verhökern. Das sind Futtermittel- und Pharmakonzerne, die mit ihren Produktionsstätten in Osteuropa im großen Stil agieren.

Und noch ein Zitat – vielleicht hilft es Ihnen bei der Entscheidungsfindung, ob Sie daran interessiert sind, eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle gutzuheißen und auch möglich zu machen, oder nicht –: Der Schweineskandal hat dem Staat Unsummen an Erhebungskosten verursacht in der Vergangenheit. Auf Grund der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen im Lebensmittelgesetz wurden beinahe alle Verfahren eingestellt. – Auch im Jänner dieses Jahres von einem Amtstierarzt aus Weiz festgestellt.

Unsere Sorge bei dieser ganzen Problematik ist folgende: Wenn man jetzt das alles unter den Teppich kehrt, zur Tagesordnung übergeht, die Landwirtschaft verteidigt, von ein paar schwarzen Schafen spricht und nicht bereit ist, eine wirklich lückenlose Aufklärung auch der politischen Verantwortung für diese letzten zehn oder 15 Jahre durchzuführen (Abg. Auer: Das tun wir der Prammer nicht an!), dann ist es fast unmöglich, das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in das österreichische Agrar- und Lebensmittelkontrollsystem wiederherzustellen. Bitte, begreifen Sie diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Chance dieser Krise, das Vertrauen vieler Menschen in Österreich in die österreichische Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft wiederherzustellen!

Ich glaube Ihnen gerne, dass Sie das mit einer gewissen Abneigung tun. Es geht um eigene Minister. Es geht um politische Versäumnisse. Es geht um fehlende politische Verantwortung und gesetzliche Lücken, die seit 15 Jahren nicht geschlossen wurden, Missetäter begünstigen und dazu führen, kriminelle Handlungen wissentlich zu decken und zu begünstigen. Um diese


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