Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 208

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Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Parnigoni vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mit dem vorliegenden Meldegesetz und dem Volkszählungsgesetz wird ein zentrales Melderegister geschaffen, in welchem alle in Österreich aufhältigen Personen, auch Obdachlose und Häftlinge, in einer Datenbank erfasst werden.

Die Brisanz liegt in der Schaffung einer Personenkennzahl, eines zwölfstelligen Codes, dem für die jeweiligen Personen in einer Gleichsetzungstabelle auch die jeweilige Sozialversicherungsnummer zugeordnet wird. Damit verfügt der Bundesminister für Inneres über alle Daten aus dem zentralen Melderegister, aber auch über jene aus der Sozialversicherung. Die Verwendung dieser Daten wird nun vom Datenverwalter, dem Bundesminister für Inneres, in einer von ihm selbst zu erlassenden Verordnung geregelt, wobei der Datenschutzrat keine Möglichkeit hat, da Einfluss zu nehmen.

Diese Daten aus dem zentralen Melderegister können natürlich auch für Zwecke der Sicherheitspolizei, also etwa für die Rasterfahndung oder auch für die verdeckte Ermittlung und für Verknüpfungsanfragen verwendet werden, wobei natürlich auch der Zugriff auf Sozialversicherungsdaten möglich ist. All diese Maßnahmen nach dem Meldegesetz, aber auch nach dem Volkszählungsgesetz dienen eigentlich nur dazu, um die Unverwechselbarkeit von staatlich verwalteten Datensätzen zu erreichen. Für dieses bürokratische Ziel wird das Risiko eingegangen, dass der so genannte "gläserne Mensch" ermöglicht wird.

Hohes Haus! Sie, Herr Bundesminister, wollen alle in Österreich Aufhältigen umfassend und genau und im Detail informationell erfassen. Die Gefahr der Bündelung von Daten im Bereich des Bundesministeriums für Inneres ist somit gegeben, denn es sind nun für Sie nicht nur das zentrale Melderegister beziehungsweise die Sozialversicherungsdaten zugänglich, sondern es kommt nun zu einer Konzentration von bundesweiten zentralen Registern beim Bundesministerium für Inneres, bestehend aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex, dem Strafregister, dem Sicherheitspolizeilichen Informationssystem, der Gefährderdatei, der Personenfahndung, der Datei zur Ausschreibung von Menschen zur Beobachtung, der Datei zur Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz, dem Zentralen Waffenregister, der Zentralen Kraftfahrzeugzulassung, der Zentralen Passevidenz, dem Fremdeninformationssystem und dem Asylwerberinformationssystem. – Das ist eine Fülle von Daten, noch dazu gekoppelt mit der Möglichkeit der Verknüpfung! Die Bedenken, dass es auf diese Weise zu einer großen Bedrohung der Privatsphäre der Menschen kommt, wischen Sie jedoch einfach beiseite!

Hohes Haus! Frühere Innenminister haben in ihren Überlegungen die Personenkennzahl so gestaltet, dass deren Nennung bei der Schaffung eines zentralen Melderegisters nicht notwendig gewesen wäre. Herr Innenminister! Sie haben jedoch diese Personenkennzahl zum Schlüssel der Verknüpfung gemacht, und diese wird natürlich über den Meldezettel und über den Pass – Sie haben am Dienstag in der Regierung eine Passgesetznovelle beschlossen, gemäß welcher diese Personenkennzahl ebenfalls erkennbar wird – der Öffentlichkeit bekannt. Das heißt in Wirklichkeit, dass diese Personenkennzahl über den Meldezettel, den etwa der Vermieter, eine Bank oder Versicherung zu sehen bekommen, bekannt wird, und dadurch wird dem Datenmissbrauch in enormem Ausmaß Vorschub geleistet!

Hohes Haus! Diese Sorge teilen natürlich auch andere, denn mit einem Mausklick kann jede Menge an Information über die Staatsbürger abgerufen werden, und es gibt keine entsprechenden Schutzeinrichtungen.

Meine Damen und Herren! Sie, Herr Bundesminister, halten in Wirklichkeit vom Schutz der Menschenrechte recht wenig, denn durch die wissentliche Unterlassung der Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten für die Erweiterte Gefahrenerforschung vom 1. Oktober des Jahres 2000 bis heute – heute haben Sie ihn erst bestellt – haben Sie fünf Monate lang bewiesen, wie Sie damit umgehen! Fünf Monate lang waren die Observierung und eine verdeckte Ermittlung


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