Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 211

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22.19

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zeichnet sich durch eine sehr grobe Attacke gegen bürgerliche Freiheiten und gegen "privacy" – also gegen Privatheit – aus. (Abg. Kiss: Sie sind ja auch so eine Traumtänzerin wie der Parnigoni!) Er zeichnet sich auch dadurch aus, dass bei etlichen Leuten hier im Hause offensichtlich großes Interesse daran besteht, den "gläsernen Menschen" so weit wie möglich herbeizuführen und so viel wie möglich über Menschen zu wissen. – Damit sind wir jetzt bei dem Argument: Wer nichts zu verbergen hat, der möge sich doch nicht vor Transparenz fürchten!

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt kein Referat über diktatorische Regime halten, auch nicht darüber, wie diktatorische Regime Wissen über Menschen missbräuchlich einsetzen können. Ich will auch nicht unterstellen, dass hier von vornherein die böse Absicht dahinter stünde, das zu tun und so eine Überwachung von vornherein flächendeckend herbeizuführen. aber ich werfe Ihnen vor, dass Sie ermöglichen, dass Datenmengen angesammelt und über Schnittstellen zusammengeschaltet werden, die gegen unschuldige Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden können. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Darin besteht das Hauptproblem, weil wir alle nicht vorhersehen können, wer in wenigen Jahren die Hand auf diesen Datenmengen haben wird. (Abg. Parnigoni: Der Haider!) Wir können nicht vorhersehen, ob unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger mit diesem Wissen über privateste Daten verantwortungsvoll genug umgehen können. Dieses Bewusstsein fehlt hier im Hohen Hause, dass das Schaffen von Voraussetzungen für die Anhäufung von Riesendatenmengen ein großes Problem dann wird, wenn verantwortungslose Menschen irgendwann einmal an den Schalthebeln sitzen könnten, dort, wo man über diese Daten verfügt. Das ist ein großes Problem! Meine Damen und Herren, führen Sie es sich vor Augen! (Abg. Kiss: Von wem reden Sie?) Es können nach Ihnen welche kommen, die nichts Gutes im Sinn haben. Wenn die Datenmengen einmal da sind, wenn die Daten zusammengeschaltet sind, dann sind sie missbrauchbar. Das müssen Sie sich vor Augen halten, wenn Sie heute dieses Gesetz beschließen! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt auch einen wesentlichen zweiten Punkt. – Das war sozusagen auch über die Schnittstellen zu sagen, die zwischen einem Zentralen Melderegister und anderen Datenmengen – wie es der Vorredner Parnigoni schon dargestellt hat – hergestellt werden können. Natürlich ergeben sich in diesem Zusammenhang auch andere Probleme.

Wie schon immer halte ich die Frage nach dem Religionsbekenntnis für eine Frage, die nicht mehr den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht. Das Religionsbekenntnis (Abg. Kiss: Das ist hinlänglich diskutiert worden!)  – und ich kenne das Konkordat, darüber brauchen wir nicht länger zu diskutieren (Abg. Jung: Sie wissen schon, warum das drinnen ist?)  –, das Religionsbekenntnis (Abg. Kiss: Ist hinlänglich diskutiert worden!) hat in einer Erhebung des Staates aus meiner Sicht nichts, aber auch gar nichts zu suchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Schluss noch zur Frage der Haupt- und Nebenwohnsitze: Die Wiedereinführung des Hauptwohnsitzes wird nicht nur von den Grünen attackiert, sondern auch die Rechtsanwaltskammer, die man nicht unbedingt als grünen Teilverein bezeichnen kann, hat dagegen schwerste Bedenken. Es gibt dazu umfassende Literatur, die das sehr in Frage stellt.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie als Gemeindevertreterinnen und -vertreter sagen, dass wir das dringend brauchen, weil es für die Finanzverhandlungen zwischen Land und Bund notwendig ist, dann gehen wir doch, bitte, irgendwann in neue, vernünftige und adäquatere Berechnungsschlüssel für Finanzausgleiche, in gleitende Verfahren. Dann haben wir das Problem gelöst, aber nicht, indem wir ein altes Konstrukt wieder einführen beziehungsweise verstärken, das menschenrechtsmäßig mehr als problematisch ist.

Ich möchte hier zum Schluss nur noch einen Menschenrechtsexperten wie Herrn Professor Ermacora zitieren, der das deutlich herausstellt: Wenn ganz Amerika ohne ein Meldegesetz


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