Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 131

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

auf 18 Jahre gesenkt haben. (Abg. Mag. Prammer: Was? Das sind Ihre Sorgen?! Na super!) Weiters ist es so, dass durch den § 209 der Effekt entsteht, dass eine Beziehung, solange beide nicht großjährig sind, straffrei ist, dieselbe Beziehung aber nach einiger Zeit, wenn einer davon großjährig wird, plötzlich strafbar ist. Wenn dieselbe Beziehung immer noch andauert und beide erwachsen sind, dann ist diese Beziehung wieder straffrei. Dieser Unrechtsgehalt einer solchen Beziehung ist schwer argumentierbar, denn wenn wir ihn vorher und nachher nicht erkennen, dann ist dieser zwischenzeitliche Effekt eigentlich auch unbefriedigend.

Das heißt, es gibt mehrere Elemente in diesem Paragraphen, die sehr wohl diskussionswürdig sind. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern sind wir aber nicht der Auffassung, dass eine ersatzlose Streichung des § 209 StGB ausreichend Schutz im Sexualstrafrecht bietet. Wir haben ausreichend Schutz für Unmündige. Das heißt, alle Paragraphen, die sich damit befassen, die bis 14-Jährigen zu schützen, halte ich für ausreichend, aber ich glaube, dass der Schutz von Jugendlichen bei sexuellen Übergriffen in unserem Gesetz nicht ausreichend geregelt ist. Es sind hier speziell die §§ 208 und 212 zu erwähnen.

Ich stehe auf dem Standpunkt, wir lassen derzeit 14-jährige Mädchen bei nicht gewollten Übergriffen im Regen stehen, denn nicht jede Zwangslage ist gleich eine Nötigung, die eine Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, und auch nicht jeder sexuelle Übergriff beispielsweise durch den Freund der Mutter, den "lieben" Nachbarn oder den Onkel ist gleich ein Ausnützen des Autoritätsverhältnisses.

Wir werden uns also anschauen, ob sich im Sexualstrafrecht Lücken befinden, insbesondere im Hinblick auf Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr, und wenn wir dann zur Erkenntnis gelangen, wir brauchen einen derartigen Lückenschluss, dann werden wir ihn machen müssen. Wenn dieser Lückenschluss wirklich notwendig sein sollte, dann kann man darüber nachdenken, ob wir den § 209 StGB in der Form noch brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

16.53

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Arbeit des Klubobmannes Kostelka habe ich bereits gewürdigt. Ich darf daher gleich ins Thema einsteigen, aber doch an die Spitze meiner Ausführungen ein Zitat des Kollegen Kostelka stellen, dem ich nämlich beipflichten kann: Die Politik, sagte Kollege Kostelka, bedeutet – im positiven Sinn haben Sie das, glaube ich, verstanden – ein Ringen um einen Kompromiss. Ich glaube, um einen Kompromiss sollte es auch in dieser Sache gehen.

Wenn wir aber von einem Kompromiss sprechen und gerade dieses Diktum mit der Diskussion Aufhebung oder Nicht-Aufhebung des § 209 StGB in Verbindung bringen, dann liegt es sehr nahe, Revue passieren zu lassen, was sich im Jahr 1996 aus Anlass der damaligen Abstimmung über den § 209 StGB abgespielt hat.

Damals war die Ausgangssituation vor der Abstimmung, auch angereichert durch eine sehr emotionelle Diskussion, folgende: Es lagen drei Anträge auf Aufhebung des § 209 StGB vor – einer von der sozialdemokratischen Fraktion, einer von der grünen Fraktion und einer von der damals dem Parlament angehörenden liberalen Fraktion. Man hat, da diese Frage damals im koalitionsfreien Raum zwischen Rot und Schwarz angesiedelt war, genau gesehen, dass es hier keine Mehrheit dafür gibt, und die Freiheitliche Partei hat eben dieses Diktum des Kollegen Kostelka, Ringen um einen Kompromiss, umgesetzt, und zwar insofern umgesetzt, als wir einen Abänderungsantrag zu Ihren Anträgen eingebracht haben, nämlich einen Antrag auf Herabsetzung des Schutzalters von 18 Jahren auf 16 Jahre.

Meine damalige Argumentation in der Debatte war die: Wer eine Streichung des § 209 StGB, also eine Herabsetzung des Schutzalters von 18 Jahren auf 14 Jahre, will, aber konstatieren muss, dass er mit seinem Verlangen nicht durchdringt, der muss, um eine Erleichterung für die Betroffenen zu schaffen, zumindest der Herabsetzung auf 16 Jahre, auch wenn er damit noch


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite