Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 74

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Herr Abgeordneter Bösch, wenn Sie meinen, dass eine verantwortliche Sicherheitspolitik darin besteht, dass wir einfach der Regierungslinie folgen, dann kann ich Ihnen darin nicht folgen. Wir werden für die Interessen eines sicheren Österreich eintreten! Das setzt wiederum voraus, dass wir mit der Sicherheitspolitik nicht beim Militärischen beginnen, sondern beim Militärischen enden. Beginnen muss es im politischen Bereich! Und es gibt vermutlich sehr viele Dinge, die wir dabei gemeinsam finden können. Sehr viel mehr möchte ich hier und heute dazu nicht sagen, die Verhandlungen darüber werden in einem Unterausschuss geführt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.51

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir befinden uns derzeit im so genannten Post-Nizza-Prozess, in dem sich die Regierungen und die Parlamente der EU-Staaten mit sehr wesentliche Zukunftsfragen unseres Kontinentes befassen müssen. Diese umfassen unter anderem erstens eine möglichst präzise Abgrenzung der Kompetenzen der europäischen von der nationalen Ebene unter strikter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips, zweitens die Weiterbehandlung der Charta der Grundrechte, drittens die Vereinfachung der europäischen Vertragswerke, die zum Teil unübersichtlich geworden sind, und viertens die Stärkung des Einflusses der nationalen Parlamente auf die europäische Integration.

Wenn man diese Zielvorstellungen mit dem Grad ihrer derzeitigen Umsetzung vergleicht, dann stellt man einen Widerspruch zwischen Theorie und Praxis fest. Nicht die Lösung dieser Zukunftsfragen ist es, die die europäische Politik der vergangenen Tage und Wochen geprägt hat, sondern es ist die Bedeutungslosigkeit der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, die auffällt.

Der deutsche Bundeskanzler hat die Probleme sehr offen angesprochen, als er vor kurzem gesagt hat – ich zitiere ihn wörtlich –: "Weil die Wünsche unserer Freunde in Amerika an Nationalstaaten gerichtet werden, in Europa an Großbritannien, Frankreich und Deutschland, spielt Europa keine Rolle." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Urteil, das die Schwächen der heutigen Europäischen Union sehr deutlich aufzeigt, denn ohne eine Gemeinsame Europäische Sicherheitspolitik droht die Außenpolitik einzelner Mitgliedstaaten der EU zu einem diplomatischen Aktionismus auszuarten. Kommissionspräsident Romano Prodi hat die Irritation vieler kleiner EU-Staaten ausgedrückt, als er zu den exklusiven Beratungen der Franzosen, Briten und Deutschen vor dem Gipfel von Gent meinte, dass in Zeiten der Krise die EU geschlossen und nicht getrennt auftreten müsse. Manche Beobachter der europäischen Politik wurden durch diese Ereignisse vor dem Genter Gipfel an die Diskussionen in der Zeit vor der Regierungskonferenz von Nizza erinnert, damals war vor dem Entstehen eines so genannten Direktoriums – gemünzt auf die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich – und den Auswirkungen einer solchen Entwicklung auf die gesamte Union gewarnt worden.

Durch den Vertrag von Nizza und seine Kompromisse bei der Stimmgewichtung, der künftigen Zusammensetzung der Kommission und auch der Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzipes in wesentlichen Fragen wurden derartige Bedenken aber nach und nach zerstreut. Aus österreichischer Sicht kann man mit dem Ergebnis von Nizza durchaus zufrieden sein, denn die Bundesregierung hat die österreichischen Interessen, insbesondere in den für unsere Bevölkerung sensiblen Bereichen, erfolgreich vertreten und, wie schon ein Vorredner erwähnt hat, vor allem das Verhandlungsmandat der Parlamente durchgesetzt. Die Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen erfolgte lediglich in jenen Bereichen, in denen das sinnvoll ist, zum Beispiel bei der Bestellung von Organen. Mehrheitsentscheidungen wurden durch Nizza allerdings nicht zur Regel! Bei der Einwanderungspolitik, der Asyl- und Flüchtlingspolitik, der Wasserbewirtschaftung, der Raumordnung und der Bodennutzung sowie in wesentlichen Fragen wie jenen des Ver


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