Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 61

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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt wird es wieder polemisch!)

 


15.52.02

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Seien Sie mir nicht böse, Frau Bundesministerin, wenn ich ein Zitat aus der heutigen „Kleinen Zeitung“ bringe. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das hat schon Gusenbauer gemacht!) Darin werden Sie, befragt zum Thema Uni-Misere, zitiert mit: „Papperlapapp, Misere gibt es keine.“ Und Sie würden sich vom Geschrei der Opposition nicht beeindrucken lassen. (Ruf bei der ÖVP: Da hat sie Recht!)

Da ist es dann schon schwierig, darüber zu diskutieren, denn erstens wird hier nicht geschrieen und zweitens gibt es nicht nur Blinde an der Universität, die die Wahrheit eben nicht erkennen beziehungsweise nicht sehen wollen. (Abg. Neudeck: Haben Sie die „Kleine Zeitung“ vor oder nach Gusenbauer gelesen?)

Wenn Sie mit uns „Spieglein, Spieglein an der Wand, wir sind die Schönsten im ganzen Land! Wir wissen alles, wir verstehen alles und alle anderen sind blind oder Schreier oder Kläffer!“ spielen wollen, dann können Sie das zumindest nicht auf die OECD ausdehnen, denn das sind internationale Bildungsdaten, die trotz gewisser Unschärfen besten internationalen Vergleiche.

Und wenn Sie den Unis Wettbewerb, Konkurrenz, Evaluierung vorschreiben, dann wäre ich schon dankbar, würden Sie einmal Ihre eigenen Konzepte oder sich selbst einer Evaluierung, zumindest aber einer einfachen, schlichten Reflexion unterziehen: Was ist an der Uni los? Und: Warum nehmen wir innerhalb der OECD diese teilweise beschämende Rangordnung ein?

Der Grund, warum die OECD mit relativen Zahlen und nicht mit absoluten operiert, ist, dass die dort nämlich eben nicht blind sind, dass sie keine Kläffer sind, weil dort WissenschaftlerInnen sitzen!

Und, Herr Kollege Amon, ich mache es jetzt ganz simpel – ich rede nicht über Haare und Suppen, aber nehmen wir das folgende Beispiel her: Ein hoher Bankbeamter verdient 5 000 € und gibt seiner Familie 3 000 €. Er wird befördert, von einer anderen Bank abgeworben, verdient dann 10 000 € und gibt seiner Familie 3100 €. – Sie wer­den dann sagen: Super, der hat ja seiner Familie 100 € mehr gegeben! Dass er aber das Doppelte verdient und dass das dann prozentuell weniger ausmacht, das ver­gessen Sie! (Abg. Großruck: Die Frage ist, was seine Familie braucht!)

Aber ich habe nicht gedacht, dass ich hier solche Volksschulbeispiele bringen muss, um klar zu machen, dass der Anteil der Bildungs- und Forschungsausgaben am Brutto­inlandsprodukt etwas darstellt – so sagt es auch die OECD –, was die Wertschätzung eines Staates und einer Regierung für Universitäten, Schulen und Bildung überhaupt widerspiegelt. Von dieser Wertschätzung merke ich jedoch überhaupt nichts, wenn Sie einfach alles negieren und leugnen.

Sie führen zur Verteidigung niedriger AkademikerInnenquoten an, dass bei uns etwa für KindergartenpädagogInnen nicht die Matura der Einstieg ist und sie dann an der Uni studieren. Wissen Sie nicht, dass da nicht einmal 1000 pro Jahr fertig werden und dass, selbst wenn diese an der Uni wären, unser Ranking um statistisch nichts oder kaum etwas besser würde? Und zweitens: Wer hindert Sie daran, so einen wichtigen Beruf an der Uni zu etablieren und unseren Kindern besser ausgebildete Leute zur Verfügung zu stellen? – Niemand! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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