Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 83

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.48.29

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Kollegen Mitterlehner ant­worten, der gemeint hat, dass wir, also die Opposition, in allem eine Bedrohung sehen – ja? Recht der Opposition ist es nach wie vor, die Gesetzesvorlagen kritisch anzuschauen, sich kritisch dazu zu äußern und dadurch vielleicht auch Veränderungen zu erzwingen. Tatsache ist, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wenn diese Dienst­leistungsrichtlinie abgeändert werden kann, können dadurch auch Chancen für die Menschen entstehen: Geht’s den Menschen gut, geht’s auch der Wirtschaft gut. In diesem Sinne müssen wir nachstoßen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, will denn die Kommission mit Hilfe dieser Rahmenrichtlinien? Sie will die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Europas erhöhen, sie will zusätzliche Impulse für Beschäftigung schaffen, und dadurch sollte – und das darf man nicht übersehen – das Leben für die Menschen innerhalb Europas zu sozialem Wohlstand geführt werden, sodass die Menschen, nämlich alle innerhalb Europas, nicht um ihre Existenz zittern müssen und die Produkte, die dort produziert werden, auch kaufen können. Das soll Ziel eines gemeinsamen Europas sein.

Tatsache ist – Herr Bundesminister, Sie haben das heute schon gesagt –, dass 70 Pro­zent der Wirtschaftsleistungen innerhalb Europas durch Dienstleistungen erbracht werden. Das bedeutet aber auch, dass ein funktionierender Binnenmarkt Regulierun­gen braucht, gleiche Voraussetzungen braucht, um gemeinsam die sozialen und wirtschaftlichen Ziele der Gemeinschaft erreichen zu können. Es darf nicht so sein, dass sie durch Richtlinien gegenseitig unterlaufen, unterdrückt und nach unten nivelliert werden.

Die vorliegende Richtlinie für den gemeinsamen Markt, für die Bediensteten in diesem Markt stützt sich im Wesentlichen – und das ist heute schon oft gesagt worden – auf das Herkunftslandprinzip und verzichtet weitgehend – was wir aber dringend brauchen würden – auf eine Harmonisierung der Maßnahmen, um gemeinsame, gleichwertige Wettbewerbsvoraussetzungen zu schaffen. Es macht einen Unterschied, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ob eine österreichische Firma in Österreich arbeitet, nach österreichischen Gesetzen – oder ob eine ausländische Firma, egal, ob das eine polnische, spanische oder englische Firma ist, in Österreich gemäß polnischen, spanischen oder englischen Gesetzen arbeitet. Das leuchtet jedem Österreicher ein. Solche Unterschiede, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, bringt das Herkunfts­landprinzip mit sich. Diese Richtlinie muss daher in diesem Bereich abgeändert werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nach den Rechtsvorschriften oder Gesetzen des Landes, aus dem das jeweilige Unter­nehmen kommt, zu arbeiten, bedeutet unter anderem auch, dass bis zu 25 gültige Rechtsvorschriften nebeneinander existieren, und das kann niemand kontrollieren. Zwei Beispiele dazu aus dem Bausektor: Ein deutscher Architekt mit einer Nieder­lassung in Österreich macht den Entwurf. Der Ingenieur einer polnischen Firma setzt den Entwurf um, wobei die Bauleitung eine britische Firma übernimmt. Nach der Fertigstellung des Auftrages werden am Bau gravierende Mängel festgestellt. In einem solchen Fall hat der österreichische Richter, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das Problem, denn nach welchem Recht soll er die geleistete Arbeit beurteilen? Nach dem deutschen, nach dem polnischen oder nach dem englischen? Oder gilt vielleicht doch das österreichische Recht? Grundlage ist jedoch das Herkunftslandprinzip, geschätzte Kolleginnen und Kollegen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite