Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 30

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Ein weiteres Ziel – davon hat Frau Dr. Fekter schon gesprochen – ist die Diversion, das heißt die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen als diversielle Maßnahme. Dies ist auch ein Mittel der Prävention, und es ist ein neues Angebot, wenn man diese Diversion mit einer Strafe kombiniert, zum Beispiel mit einer Geldbuße. Ich würde auch diese Möglichkeit begrüßen.

Im Jahre 2002 wurde im Verein „Neustart“ in knapp 1 300 Fällen vermittelt, wobei in 70 Prozent der Fälle die Leistungen der Verdächtigen positiv abgeschlossen wurden. Gemeinnützige Leistungen zu erbringen bedeutet eine Chance für den Tatverdäch­tigen, aber dies ist auch eine Chance für unsere Gesellschaft. Leider wird diese diver­sielle Maßnahme noch viel zu wenig praktiziert. (Beifall bei der ÖVP.)

10.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Mandak. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.33

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich gerne der Aussage meiner Vorrednerin anschließen. Der Verein „Neustart“ leistet ausgezeichnete Arbeit. Sehr schade ist nur, dass es gerade unter diesem Gesichtspunkt viel zu wenige bedingte Entlassungen gibt. 80 Prozent der Häft­lin­ge sitzen ihre Strafe bis zum letzten Tag ab! Hier wäre sehr wohl eine Möglichkeit gegeben, früher zu entlassen und mit entsprechender Betreuung den ehemaligen Häftlingen wirklich einen Neustart ins Leben zu ermöglichen.

Mir als Jugendsprecherin machen besonders die Haftzugänge bei den Jugendlichen Sorgen. Deren Zahl ist nämlich von 2000 bis September 2002 bei den unter 18-Jähr­igen um 66 Prozent gestiegen und bei den jungen Erwachsenen, das ist bis 21 Jahre, um 35 Prozent. Das muss man sich einmal vorstellen, noch dazu unter Rahmen­bedingungen wie der Auflösung des Jugendgerichtshofs.

Herr Minister Böhmdorfer hat vorhin dazu Stellung genommen. Meine Kollegin Terezija Stoisits hat das an dieser Stelle bereits ausführlich kritisiert. Tatsache ist aber, dass sicherlich nicht das Aufstellen von Stockbetten in den Zellen der maßgebende Grund für die Schließung war. Ich denke, dass der Grund vielmehr darin zu suchen ist, dass es einen sehr kritischen, sehr unangenehmen, sehr visionären und sich immer wieder zu Wort meldenden Präsidenten Jesionek gegeben hat, der immer wieder auf die Miss­stände hingewiesen und immer wieder eine visionäre Rechtsprechung und einen ent­spre­chenden Strafvollzug gerade auch für Jugendliche eingefordert hat. (Beifall bei den Grünen.)

Die Hauptursachen für den Anstieg der Häftlingszahlen sind so weit bekannt. Die Absenkung der Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre hat natürlich auch zu einer erheblichen Verstärkung der Präsenz von Jugendlichen in den Gefängnissen geführt. Die Herabsetzung der Drogengrenzmengen ist eine weitere Ursache, und außerdem haben wir heute weniger vorzeitige Entlassungen als früher.

Aber was noch dazu beiträgt, ist, dass auf der anderen Seite ganz massive Einsparun­gen in all jenen Einrichtungen stattgefunden haben, die sozusagen im Vorsorgefeld ange­siedelt sind. Der Verein „Neustart“ kümmert sich um all jene, die schon einmal in Haft waren, die entlassen worden sind. Aber dort, wo Präventionsarbeit geleistet wer­den sollte, da fehlt es hinten und vorne am Geld, und genau diese Einrichtungen müssen um jeden Euro kämpfen, heute mehr als je zuvor.

Starke Schwierigkeiten gibt es im gesamten Bereich der offenen Jugendarbeit, die in der Prävention massiv tätig werden könnte. Finanzielle Schwierigkeiten haben auch sämtliche Jugendwohlfahrtsstellen. Da gibt es ständig einen Personalabbau, anstatt


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