Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 54

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Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In der letzten Sitzung des parlamentarischen Familienausschusses wurde mit Hilfe eines einstimmigen Beschlusses durchgesetzt, was nur wenige Wochen zuvor fast unmög­lich schien: Es wurde beschlossen, die allseits umstrittene Rückzahlungspflicht von Karenzurlaubszuschüssen rückwirkend abzuschaffen. Nach den Bestimmungen des Karenzgeldgesetzes, des Karenzurlaubsgeldgesetzes beziehungsweise des Kinderbe­treuungsgeldgesetzes haben allein stehende Elternteile beziehungsweise in Gemein­schaft lebende Elternteile einen Anspruch auf Zuschuss zum Karenzgeld beziehungs­weise zum Kinderbetreuungsgeld, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht über­schritten werden. Dieser Zuschuss soll die Kinderbetreuung für die Bezieher kleiner Einkommen unterstützen. Überschreitet das Einkommen in weiterer Folge bestimmte Grenzbeträge, ist der Zuschuss in Form bestimmter Prozentsätze dieses Einkommens zurückzuzahlen.

Ab sofort wird niemand mehr eine Schuld, auf die er oder sie womöglich gar nicht hin­gewiesen wurde und die Jahre zurückliegt, begleichen müssen. Es ist dies eine Lösung, die nicht nur den Ärmsten und Unterstützungswürdigsten unter den Paaren und AlleinerzieherInnen eine Hilfe ist, deshalb werden wir zustimmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen wurde ich vermehrt auf meine Tätigkeit als Abgeordneter angesprochen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben mich gefragt, ob wir die Gesetze, die wir beschließen, auch kennen. Auf meine Frage, wie sie auf so etwas kommen, wurde mir ein Artikel aus der „Ganzen Woche“ über­reicht, in dem die Vorsitzende des Familienausschusses, Frau Kollegin Steibl, zur For­derung eines Vaterschutzmonats, die von uns berechtigterweise gestellt wird, folgende Aussage getätigt hat:

„... es gibt die Möglichkeit für Eltern, zwei Wochen Pflegeurlaub in Anspruch zu nehmen.“ (Abg. Steibl: Bis zu!) „Will also ein Vater nach der Geburt seines Kindes zu Hause bleiben, kann er das ohnehin 14 Tage lang tun, indem er zuerst das Kind und dann die Mutter pflegt. Da kann kein Unternehmer etwas dagegen machen.“ – Kollege Mitterlehner, das wird für Sie ganz interessant sein!

Kollegin Steibl, wenn man ein Gesetz zitiert, dann sollte man es richtig machen. Das Pflegeurlaubsgesetz sagt nämlich zunächst einmal Folgendes aus: Ich kann das Pfle­geurlaubsgesetz nur zur Pflege eines erkrankten nahen Angehörigen in Anspruch neh­men. Und: Ich habe grundsätzlich nur eine Woche Pflegeurlaub und kann die zweite Woche Pflegeurlaub nur für die neuerliche Pflege eines Kindes unter zwölf Jahren in Anspruch nehmen. – Das heißt, so wie Sie das zitiert haben, ist es schlichtweg falsch (Abg. Steibl: Schön, dass Sie sich damit auseinander gesetzt haben! Aber es heißt „bis zu“! Wenn ich kein Kind habe, kann ich kein Kind betreuen! Außerdem ist es in den Kollektivverträgen verankert: zwei bis drei ...!), und es ist aus meiner Sicht ein Aufruf zum Missbrauch des Pflegeurlaubsgesetzes. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn mit einer solchen Qualität, wie sie hinter dieser Aussage steckt, Kollegin Steibl, auch unser Antrag auf Einführung eines Vaterschutzmonats vertagt wurde, braucht man sich in Österreich über eine mögliche Politikverdrossenheit sicherlich nicht mehr zu wundern. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht, Kollegin Steibl, sind auch die Regierungsparteien spät, aber doch noch zur Einsicht gelangt, betreffend das Thema „Babypause für die Väter“ etwas tun zu müssen. Aber weil der Antrag eben von uns gekommen ist, wisst ihr nicht, wie ihr damit umgehen sollt, und verlauft euch im falschen Zitieren von Gesetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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