Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 42

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16.43

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn im Bereich der Beschäftigungspolitik nur alles so einfach wäre! Grundsätzlich sind alle Verbesserungsmaßnahmen, die dazu dienen, dass Arbeitslosigkeit verhindert oder beendet wird, Arbeitslosigkeit von vornherein vermieden wird, sehr positiv zu bewerten.

Ob die vorliegenden Zumutbarkeitsbestimmungen, als Arbeitsmarktreformgesetz be­titelt, das richtige Regelungswerk sind, ist meines Erachtens zu bezweifeln, denn, Herr Minister, meine Damen und Herren, der beste Betreuungsplan, die am meisten zu­mutbare Wegzeitregelung, die ausgeklügeltsten Berufsschutz- und Entgeltschutz-Bestimmungen lösen nicht die Beschäftigungsprobleme in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Arbeitsmarktpolitik als zentrales Thema für die Bevölkerung darf nie isoliert von besseren Rahmenbedingungen für die ArbeitnehmerInnen betrachtet werden. Es ist eben sehr einfach, Quotenvergleiche anzustellen. Und immer dann – habe ich so das Gefühl –, wenn man sich nicht zu helfen weiß, verweist man auf die Probleme in Deutschland. Das nützt den einzelnen Arbeitslosen aber wenig.

Meine Damen und Herren! Ende Mai gab es 28 000 offene Stellen; denen gegenüber standen 215 000 Arbeitsuchende, das heißt, acht Arbeitsuchende kommen auf eine gemeldete offene Stelle. Über die Effizienz des Arbeitsmarktservice zu reden, wie rasch es vermitteln kann, dieser Wunsch, diese Vermittlung 1 : 1 durchführen zu können, sodass im Endeffekt keine Arbeitslosen übrig bleiben, das ist eigentlich ein Wunsch an das Christkind.

Bei allen gut gemeinten Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, Herr Minister: Es fehlen die Arbeitsplätze! Dieses Spiel mit Arbeitslosen – wenn du diese Qualifikation hast, hast du einen Arbeitsplatz, wenn du die Qualifikation dann aber hast, ist leider der Arbeitsplatz weg – ist Realität. (Beifall bei der SPÖ.)

Es fehlen speziell in ländlichen Regionen ausreichende öffentliche Nahverkehrs­ange­bote. Vor allem, Herr Minister – im Ausschuss habe ich Sie wiederholt darauf hinge­wiesen –, fehlen dem AMS über 100 MitarbeiterInnen, um die zusätzlichen Maßnah­men dieser Regierung vollziehen zu können. Auch dieses Gesetz bedeutet eine zusätzliche Administration für die MitarbeiterInnen des AMS und könnte wesentlich effizienter abgewickelt werden, wenn genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Verfügung stünden. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem fehlen familienpolitische Maßnahmen, es fehlen Kinderbetreuungs­einrich­tungen mit für den Arbeitsmarkt bedarfsgerechten Öffnungszeiten, es fehlen qualifizier­te Teilzeitstellen.

Ich kann mich noch an Ihre Regierungserklärung erinnern, als Sie verkündeten, Sie wollen die Frauenerwerbsquote drastisch erhöhen. Im Jahr 2002 hatten wir eine Frauenerwerbsquote von 42,1 Prozent, im Jahr 2003 von 42,6 Prozent. Das ist eine Steigerung von nur 0,5 Prozent (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt ja nicht, Frau Kollegin! Die ist weit über 60 Prozent!), zumal Sie wissen, dass dieser Zuwachs rein auf Teilzeitbeschäftigten, auf prekären beziehungsweise geringfügigen Beschäfti­gungsverhältnissen beruht, die nicht existenzsichernd sind.

Bedauerlich und bedenklich ist, Herr Minister, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass Sie sämtliche Verbesserungsanträge – Initiativanträge, Ent­schließungsanträge – der Opposition ablehnen. Sie, Herr Minister, geben uns das Gefühl, dass Sie uns achselzuckend zu verstehen geben: Ja, diese Entwicklung der Arbeitslosigkeit und die Rahmenbedingungen muss man so zur Kenntnis nehmen.

 


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