Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 141

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leistung zeigt, auch davon abhängig ist, wie viele Kinder mit nicht deutscher Mutter­sprache in diesem System mit überprüft worden sind. Der diesbezügliche Prozentsatz ist in Österreich mit 9 Prozent weit höher als zum Beispiel in Finnland mit 1,8 Pro­zent. – Konsequenz aus dieser Tatsache muss ganz einfach sein, dass die Kinder vor dem Schuleintritt eine ausreichende Kompetenz in der deutschen Sprache erwerben, und ich kann daher dem Vorschlag sehr gerne nahe treten, der besagt, dass es im Kindergarten in diesem Sektor eine verpflichtende Förderung geben soll.

Aus Erfahrung sage ich aber dazu: Das wird nicht ausreichen, wenn die Kinder in ihrem privaten Umfeld kein deutsches Wort hören, und daher sollte es auch entspre­chende Schulungsmaßnahmen und Informationen für die Eltern geben.

Zweiter Punkt: Es gibt viele Kinder, die zum Zeitpunkt des Schuleintritts noch entwick­lungsneurologische Rückstände aufweisen, die das Gelingen des Leselernprozesses gefährden: Optische und akustische Differenzierungsfähigkeit, Raumlageorientierung und seriale Integrationsfähigkeit sind etwa so zu fördern, dass dieser Leselernprozess gelingen kann.

Studien beweisen auch, dass ein Zusammenhang zwischen Schwierigkeiten beim Le­selernprozess und einer nachhaltigen Störung der lebenslangen Motivation für das Lesen gegeben ist. Diese Motivation leidet auch dann, wenn das Lesen im Elternhaus keinen Stellenwert hat. Im Hinblick darauf müssen wir uns eingestehen: Wenn Compu­terspiele und Fernsehkonsum das Lesen ersetzen, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn Kinder einfach nicht lesen wollen. Ich denke, wir brauchen eine neue Kultur des Lesens, und ich möchte angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes auch sagen, dass jedes Buch, das zu Weihnachten unter dem Christbaum liegt, wahr­scheinlich mehr wert ist als jedes Computerspiel.

Zurück zur Schule: Wenn wir in diesen Reformdialog eintreten – und ich bin sehr dank­bar, dass er kommen wird –, dann möchte ich, dass wir über die Registrierung der Oberflächenphänomene zu einer vertiefenden Diskussion kommen, und ich hoffe, dass sich dieser Dialog in einer sachlicheren Form abspielen wird als die heutige Diskus­sion. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.49

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können froh sein, dass die österreichischen Schüle­rinnen und Schüler die PISA-Fragen nicht so beantwortet haben, wie Sie, Frau Bun­desministerin, heute die Fragen beantwortet haben, die dringlich an Sie gerichtet wur­den. (Abg. Dr. Brinek: Mein Gott!) Wir wären damit wahrscheinlich abgestürzt und auf dem letzten Platz gelandet, Frau Bundesministerin! Und das, meine ich, wollen wir wohl alle nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Geh bitte!)

Ich habe seit 2000 die zweifelhafte Freude, im Unterrichtsausschuss Ihre Reformunwil­ligkeit und Ihre schulpolitische Blockadepolitik aus nächster Nähe zu erleben. (Zwi­schenruf des Abg. Amon.) Das, was sich dort abspielt – ich erinnere an vorige Wo­che –, besteht wirklich in Vertagen, Vertagen, Vertagen und Ablehnen aller oppositio­neller Ideen, und ich glaube, das bringt uns wahrlich nicht weiter!

Diejenigen, die Schule erleben und damit massiv unzufrieden sind, nämlich die Schüle­rInnen und deren Eltern, werden von Ihnen schon seit Jahren ignoriert. Sie wissen schon seit Jahren, dass hier etwas nicht ganz stimmt und dass Bedarf bestünde, Re-


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