Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 96

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Es gibt schon Länder, wie Niederösterreich und Vorarlberg, die Initiativen gesetzt ha­ben, und ich hoffe, dass auch die übrigen Bundesländer hier im Sinne der Betroffenen noch Vorkehrungen treffen werden. Die Bundesländer haben sich hier ihrer Verantwor­tung zu stellen. Es kann nicht sein, dass im Kompetenzbereich des Bundeslandes nur der Bund finanziert. Ich hoffe, dass es im Zuge der vorgezogenen Finanzausgleichs­verhandlungen da zu einem sinnvollen Ergebnis für die betroffenen Menschen kommt.

Ich habe mir den Mustervertrag zur neuen Betreuungsregelung von der Internetseite des BMSK heruntergeladen. Dieser zeigt, wie praxisfremd die derzeitige gesetzliche Lage in der Trennung zwischen Betreuung und Pflege ist. Der Betreuer darf dem zu Pflegenden zwar zum Beispiel das Gesicht waschen, aber nicht die Hände oder die Füße oder gar den Brustkorb. Dazu muss die diplomierte Krankenschwester anrücken. Der Betreuer darf ihm auch nicht die Zähne putzen; auch das ist eine Pflegetätigkeit. Der Betreuer darf zwar das Essen zubereiten und mundgerecht herrichten, aber er darf ihm das Essen nicht geben, dafür muss ebenfalls die diplomierte Fachkraft anrücken. – Ich glaube, dass diese Trennung zwischen Pflege und Betreuung nicht immer sinnvoll ist und dass es hier einen Regelungsbedarf gibt.

Es sollen sich auch die Gewerkschaftsvertreter der einzelnen Berufsgruppen zusam­mensetzen und im Sinne behinderter Menschen Rahmenbedingungen dafür schaffen, um die ganzheitliche Betreuung und Pflege zu Hause zu ermöglichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

12.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Buchinger. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

 


12.16.22

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten im Hohen Haus! Ich bedanke mich vorerst für die erneute breite Diskussion zum Pfle­gethema, weil ich immer wieder etwas wiederholen kann, von dem ich überzeugt bin, nämlich dass das Thema „Pflege und Betreuung“ die neue große soziale Herausforde­rung für unser Land, für die soziale Sicherheit in unserem Land und vor allem für die Bürger und Bürgerinnen in diesem Land darstellt.

Wenn wir auch mit den neuen gesetzlichen Regelungen, die wir heute verbessert be­schließen, nicht den elegantesten Weg gefunden haben, in einem Schritt – Kollege Öl­linger, weil Sie von zwei Schritten sprechen – eine umfassende Lösung der 24-Stun­den-Betreuung zu entwickeln, so mag das kritisierbar sein. Wir hätten eine Lösung be­reits vor einem Monat finden können. Entscheidend ist aber, dass sie jetzt gefunden wird und mit 1. Juli auch in Kraft treten kann. Es ist auch entscheidend, dass sie tat­sächlich nur einen Teil der Bewältigung der Pflege- und Betreuungsproblematik in die­sem Land darstellt.

Sie selbst haben vor drei Wochen hier in diesem Hohen Haus einen zweiten wichtigen Teil beschlossen, nämlich beim Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 die starke Verbes­serung der pensionsrechtlichen Stellung pflegender Angehöriger, indem ab Pflegestu­fe 5 die Pensionsversicherungsbeiträge zur Gänze vom Bund, ab Pflegestufe 4 der ge­samte Dienstgeberbeitrag und der halbe Dienstnehmerbeitrag übernommen werden. Das ist ein ganz klares, nicht nur moralisches, sondern geldwertes Signal, die Pflege- und Betreuungsleistung pflegender Angehöriger zu unterstützen und weiter zu fördern.

Heute setzen Sie ein weiteres Zeichen, indem Sie einen Pflegenotstand beseitigen, vor dem jahrelang die Augen zugemacht worden sind – von vielen politisch Verantwortli-


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