Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 181

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17.12.42

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es wäre ja schön, wenn es für komplizierte Dinge ein einfaches Rezept gäbe, aber, Kollege Rasinger wird mir recht geben, dem ist nicht so. (Abg. Neugebauer: Der stellt dir eines aus!) – Er stellt eines aus? Ich gebe ihm eh einen Krankenschein, das macht ja nichts.

Es ist Teil des menschlichen Strebens, dass komplexe Dinge nach vereinfachten Lösun­gen drängen, diese aber zufolge der Natur der Komplexität nicht anbietbar sind. Es ist daher ziemlich unrichtig, wenn von verschiedenen Herrschaften, die das gewiss gut meinen, ein einzelner Handlungsstrang herausgezupft wird und anhand dieses kurzen Fadens der Versuch unternommen wird, das zu widerlegen, was der Vorredner gesagt hat, oder zum Beispiel zu argumentieren, dass die Anzeigepflicht, die wir ausdrücklich unterstützen, nach Auffassung mancher Experten das Gegenteil dessen bewirkt, was sie bewirken soll, weil dann weniger angezeigt würde.

Das erinnert mich daran, dass, was nur allzu bekannt und unangenehm ist, wenn man in ein Spital eingeliefert wird und dort behandelt werden muss, man auch vom Spitals­virus befallen werden kann und dadurch eine andere Krankheit bekommen kann. – Aber kein Mensch kommt auf die Idee, deswegen, weil es dort das Spitalsvirus gibt, das Spital nicht aufzusuchen, wenn es erforderlich ist! (Beifall des Abg. Kickl.)

Aus diesem Grunde entspricht es einer inhaltlichen Logik – oder besser: einer Unlogik –, dass man, die Meinung mancher Experten aufgreifend, es könne durch die Anzeigepflicht am Ende nichts Gutes geschehen für das Kind, weil das Kind versteckt wird oder sonst etwas Böses daraus erwächst, die Anzeigepflicht besser nicht einführt, wodurch bei erkennbaren Misshandlungen eben nicht anzuzeigen ist. (Abg. Mandak: Das ist ja keine Theorie, das ist Erfahrung!)

Damit sind wir nämlich ganz genau beim Fall Luca, der ein Szenario hervorgebracht hat, das einem ja den Trauerfall, vermischt mit einem angemessenen Empörungs­impuls, vermitteln musste. Denn eines war sensationell, nämlich der Aufmarsch aller Beamteten von Mödling bis Tirol, die mit dieser Sache zu tun und unglaublich tolle Erklärungen dafür hatten, warum sie nichts tun konnten: Sie waren im konkreten Fall nicht zuständig, sie hatten von den schaurigen Fotos nichts gehört, und überhaupt wäre es eine Gemeinheit gewesen, dass man die Misshandlungsfotos gezeigt hat, und die, die es jetzt angegangen haben, haben von den Fotos wiederum nichts gewusst – und Endresultat war ein totes Kind.

Meine Herrschaften, das ist der Angelpunkt! Ich pfeife auf alle Philosophien und Expertenmeinungen, wenn am Ende tote Kinder zu verzeichnen sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sagt Kollege Pendl, den ich sehr schätze, weil er ein ehrlicher und gerader Mann ist, das käme auf den Handlungsstrang an. – Das ist wohl richtig, aber Strafrecht ist natürlich nicht die Lösung dafür, dass es zuerst ein Unrechtshandeln gibt. Aber, Herr Kollege Pendl, das Haus dürfte sich in einem Erkenntnispunkt einig sein, nämlich dass das Strafrecht verpöntes Handeln als Tatbestandsmerkmale umschreibt.

Deshalb: Wenn wir morgen in der „Kronen Zeitung“ vom nächsten Raubüberfall lesen oder Mordberichte präsentiert bekommen, dann heißt das doch nicht, dass deswegen das Strafgesetzbuch umsonst ist. Wir alle sind uns doch in dem Punkt einig, dass wir dieses Handeln als verpönt erachten! – Aus diesem Grund ist es sinnvoll, pönalisierte Tatbestandsmerkmale zu implementieren, um handlungssteuernd zu wirken: ver­meidend oder gebietend.

 


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