Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 311

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erwähnten Höhe gewährt hätte. Der Ankauf wäre in der Folge gescheitert und er hätte das Darlehen auf dem besagten Überweisungsweg zurückerhalten. Dieser Erstversion lief zuwider, dass Priklopil erwiesenermaßen erst kurz zuvor einen teuren BMW der Serie 850 gekauft hatte und der Geschäftspartner nicht imstande war, den mit der behaupteten Darlehensgewährung angeblich zusammenhängenden Porsche-Ankauf auch nur ansatzweise durch entsprechende Kontakthinweise zu konkretisieren. Der Geldtransfer wird von ihm daher seit Herbst 2009 in einer von der Erstversion abweichenden Variante, nämlich mit rein fiskalischen Zielsetzungen erklärt, schlüssig jedoch ebenso wenig begründet wie überhaupt diese Änderung seiner Verantwortung.

Schlüssig zu erklären wäre der Geldtransfer hingegen mit der Rückabwicklung eines bereits in Angriff genommenen, aus welchen Gründen auch immer abgebrochenen kriminellen Geschäftskontaktes (zB Entgeltrückzahlung nach unterbliebener Inan­spruch­nahme einer vereinbarten Leistung). Dass das sog. Verlies am Tag der Entführung noch weitgehend adaptierungsbedürftig und für eine längere Anhaltung nicht eingerichtet war, spricht ebenso für eine ursprünglich tatplangemäße Weiter­führung des Opfers zu einem kriminellen Abnehmerkreis, wie einzelne Komponenten des von Kampusch beschriebenen Verhaltens des Wolfgang Priklopil im Anschluss an ihre Entführung.

5. Aus staatsanwaltschaftlicher Sicht konnte es auch als nicht ausschlaggebend auf sich beruhen, dass besagter Geschäftspartner nach aktenkundigen Ermittlungs­ergeb­nissen ein Zusammentreffen mit Wolfgang Priklopil und Natascha Kampusch, das zumindest für den Bereich einer gemeinsam betriebenen Veranstaltungshalle unbe­stritte­nermaßen erwiesen ist, bei seiner polizeilichen Befragung damit erklärt hat, Priklopil hätte ihm das Mädchen als Helferin aus seiner Nachbarschaft vorgestellt, während er Natascha Kampusch auf die Frage eines Mitarbeiters, um wen es sich bei dem Mädchen handle, als Verwandte aus einer früheren Ehe bezeichnete.

6. Der Priklopil-Freund hat Natascha Kampusch, die ihm bis dahin angeblich nur von dem oben erwähnten einmaligen Streifkontakt bei der Veranstaltungshalle im 23. Wiener Gemeindebezirk bekannt war, kurz nach dem Ende ihrer Abgängigkeit im Allgemeinen Krankenhaus in Wien besucht und mit ihr in den Folgewochen an die einhundert Telefonate geführt, die zum Teil stundenlang andauerten. Sinn und Zweck dieser Telefonate wird beiderseits mit dem Bestreben erklärt, das jeweils eigene Persönlichkeitsbild von Wolfgang Priklopil mit Hilfe des anderen Gesprächspartners zu vervollständigen und abzurunden.

Was der Geschäftspartner und Freund Priklopils bei seinen späteren polizeilichen Befra­gungen an begrenztem Einblick in die Lebensführung Wolfgang Priklopils preisgab, lässt mit wenigen Ausnahmen sein Bemühen erkennen, die Kampusch-Angaben nicht zu konterkarieren.

7. Auf Grund der Aufzeichnung einer Überwachungskamera am Informationsschalter des Donauzentrums ist erwiesen, dass der flüchtende Wolfgang Priklopil den Fahrzeugschlüssel zu seinem BMW 850 in der Weise mit sich führte, dass der Schlüssel mit einem Anhänger beziehungsweise Etui verbunden war. Bei der Leiche des Wolfgang Priklopil wurde der Schlüssel jedoch ohne jedes Zubehör vorgefunden, während das von der Überwachungskamera festgehaltene Zubehör im Handschuhfach jenes Wagens sichergestellt werden konnte, mit dem ihn sein Geschäftspartner vom Donauzentrum abgeholt hatte.

Dazu befragt gab Letzterer zunächst an, er könne sich daran erinnern, dass Wolfgang Priklopil als Beifahrer in seinem PKW mit seinem eigenen Fahrzeug­schlüssel gespielt, dabei möglicherweise den Anhänger und das Etui vom Schlüssel gelöst und im Handschuhfach hinterlegt habe. Die Frage nach dem wesentlich auffälli-


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