Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 99

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Tschechen oder bei den Slowenen keine Schwierigkeiten gemacht haben – AVNOJ-Beschlüsse, Beneš-Dekrete –, macht man an einem Kriegsverbrecher die Zukunft ei­nes ganzen Volkes fest.

Während wir gesagt haben, dass man in Europa bei der Verschiebung von Grenzen sehr vorsichtig sein und nicht allzu rasch handeln soll, haben wir seinerzeit sofort den Kosovo anerkannt. Nicht Sie, ich sage nur: Wir, die österreichische Außenpolitik. (Abg. Mag. Molterer: Slowenien und Kroatien auch!) – Bitte? Was sagen Sie? (Abg. Mag. Mol­terer: Slowenien und Kroatien auch! Das ist ein Teil der Strategie!)  Mag sein, dass das alles ein Teil der Strategie ist, aber wir sollten wenigstens nicht die Zukunft eines ganzen Volkes von einem Kriegsverbrecher abhängig machen.

Und wenn die Serben sagen, bei den anderen seid ihr großzügig und bei uns seid ihr kleinlich und macht das alles an dem Herrn Ratko Mladić fest, dann ist das Gefühl mancher Serben, dass man mit einem anderen Maß misst, dass man mit einem we­sentlich schärferen Maß misst, als man andere gemessen hat, nicht von der Hand zu weisen.

Ich bin mir nicht sicher, ob diese übereilte, rasche Anerkennung des Kosovo wirklich eine richtige Strategie war. Sie ist nun Faktum. Sie ist nun völkerrechtlich geschaffenes Faktum. Man wird aber Verständnis haben müssen für die serbische Position – aus ei­ner großen und tiefen historischen Erfahrung heraus –, die erfordert, dass man weiter­hin sensibel mit diesem Problem Kosovo umgeht, und zwar unter Miteinbeziehung der Serben. Nicht unter Außerachtlassung oder gar unter feindlicher Behandlung der Ser­ben, sondern unter Miteinbeziehung der Serben, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das wollte ich zu diesem Assoziierungsabkommen selbstkritisch reflektieren, weil alle diese Bereiche in irgendeiner Form immer wieder diese historisch belasteten Problem­zonen tangieren. Und ich appelliere, die Zukunft eines Volkes, das unser Partnervolk auf dem Balkan sein kann – übrigens vor Jahrhunderten auch immer wieder war –, nicht an einzelnen Kriegsverbrechern aufzuhängen. (Beifall beim BZÖ.)

13.50

13.50.05

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Gemäß § 65 der Geschäftsordnung gelangen wir nunmehr zur Abstimmung.

Gegenstand ist die Genehmigung des gegenständlichen Staatsvertrages: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits samt Schlussakte ein­schließlich der dieser beigefügten Erklärungen, 944 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Staatsvertrag die Geneh­migung gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erteilen, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gelangen zur Abstimmung darüber, die bulgarische, dänische, englische, estni­sche, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesi­sche, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowaki­sche, slowenische, spanische, tschechische und ungarische sowie die serbische Sprach­fassung dieses Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministe­rium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstim­mig angenommen.

 


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