Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 68

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kann es nicht sein! Österreich hat bei der Aufnahme von Flüchtlingen sein Soll seit Jahrzehnten erfüllt, ja sogar über Gebühr erfüllt. Es soll Hilfe für die Menschen vor Ort geben, und genau dafür haben wir uns einzusetzen. Aber sie alle einzuladen, nach Eu­ropa, nach Österreich zu kommen, das kann es nicht sein, das wäre der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb bitte ich Sie, auch in diesen Fragen endlich einmal klar und deutlich Position zu beziehen, sich für die Neutralität auszusprechen, die Neutralität endlich wiederzube­leben, auch im Rahmen Ihrer außenpolitischen Akzente, die Sie setzen – die im Übri­gen ja sehr karg sind. Auch wenn Sie versuchen, das jetzt anders darzustellen, wissen wir ja auch auf Grund der Wikileaks-Veröffentlichungen, die stattgefunden haben, das es seit Jahren eine sehr, sehr passive und inaktive österreichische Außenpolitik gibt. Sie sollten aktiver auch die Neutralitätspolitik nach außen leben und wieder stärken – und sie bitte nicht gefährden und bitte nicht zu sagen: Bitte, kommt alle nach Öster­reich, wir nehmen alle auf, die zu uns als Wirtschaftsflüchtlinge kommen wollen!

Das ist nicht zu bewerkstelligen! Da ist das Boot in Österreich, wie Cap einmal zu Recht gesagt hat, bei Weitem überfüllt. Das Boot ist voll, da gebe ich Ihnen Recht, aber bitte akzeptieren Sie das endlich auch und erkennen Sie das an. Und schauen Sie, dass wir die Probleme in anderen Bereichen auch mit richtigen Antworten lösen – und nicht mit falschen, die Sie gegeben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

10.46

10.46.30

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache, für die mehrfache Unterstellung der „Scheinheiligkeit“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


10.47.16

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): In einem gewissen Sinn war ja die Rede des Vorredners keine Rede, sondern eine Ansammlung von Behauptungen. Es bleibt ihm unbenommen, das zu sagen, aber apropos Scheinheiligkeit: Wer sich da aller in dem Zelt des Herrn Gaddafi herumgetrieben hat – ob das der ehemalige Vizekanzler war, ob das der Jörg Haider war (Rufe beim BZÖ: Kreisky! Bruno Kreisky!), Kreisky, alle, die ganze Welt! Und Sie bestätigen ja nur eines: Dass dieses Stabilitätsdenken, dass man sich mit Kleptomanen und Diktatoren zusammengetan hat, um Wirtschaftsinteressen zu vertreten, sich jetzt dem Ende zuneigt im arabischen Raum. (Abg. Strache: Die So­zialistisch-Libysch-Arabische Volksvertretung, heißt es da in diesem ...!)

Das sollte man einmal erkennen und versuchen, darin auch eine Chance zu sehen, ei­ne Chance für diesen Raum. Chance bedeutet, und der Mittelmeerraum ist ja der süd­liche Teil Europas, dass wir jetzt erreichen müssen, dass die Wertegemeinschaft Euro­pa auch den gesamten Mittelmeerraum erfasst. Und wenn es dort Demokratien gibt, und nicht nur demokratische Entwicklungen, sondern wenn es dort auch eine positive Entwicklung gibt im Sozialbereich, im Wirtschaftsbereich, wenn die Menschen einen Sinn sehen, dann auch dort zu leben und zu bleiben, dann ist, glaube ich, auch die Basis gegeben für eine gute Beziehung zwischen der Europäischen Union und diesem Raum.

Und daher, finde ich, sollte man dieses Thema hier nicht mit apokalyptischen Schre­ckensbildern bearbeiten, sondern als Chance für uns als Europa, als Chance für die Europäische Union, als Chance für die Wirtschaftsbeziehungen auf einer ganz neuen Stabilitätsbasis sehen. Und daher verstehe ich nicht nur Ihre heutige Rede nicht, son­dern auch viele andere Kommentatoren nicht, wenn das immer nur von der Apokalypse her behandelt wird, denn das hilft nicht, das Problem zu lösen. Wir sollten jetzt darüber nachdenken, wie wir unseren Einfluss in Zukunft geltend machen können, um dort eine neue Form von Stabilität zu erreichen. Dann gibt es natürlich keine Flüchtlingsströme, weil dann jeder einen Sinn sieht, dort zu leben, zu bleiben, zu arbeiten.

 


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