14.16

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident Sobotka, ich muss Sie jetzt leider persönlich in die Verantwortung nehmen: Genau so etwas kommt nämlich raus, wenn man in öffentlichen Zeitungsinterviews darüber philosophiert, ob wir im Parlament noch eine Wahrheitspflicht brauchen oder nicht. Das ist, glaube ich, das Drama, vor dem wir alle stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das Drama, vor dem wir alle stehen. Während es ganz, ganz vielen Menschen in Österreich gerade wirklich dreckig geht, wir eine Rekordarbeitslosigkeit haben (Zwi­schenruf des Abg. Zarits), Unternehmer um ihre Existenz kämpfen, viele, viele Men­schen ihre Angehörigen verloren haben – worauf Sebastian Kurz dann sagt: Das ist kein Weltuntergang! (Zwischenrufe bei der ÖVP) – und viele Menschen nicht wissen, wie es in Österreich weitergeht, und verzweifelt sind, muss man sich noch Sorgen machen, dass man überhaupt nicht mehr weiß, ob das, was da im Hohen Haus diskutiert wird, überhaupt noch der Wahrheit entspricht.

Da haben wir inzwischen eine Polarisierung in Österreich, die zwei Seiten massiv nützt, und das ist leider inmitten einer Krise etwas ganz Schlimmes: Wir haben auf der einen Seite den Kurs von Herbert Kickl, der viel kritisiert – was in Österreich überhaupt nicht stimmt, was nicht passt und nicht funktioniert –, oft auch richtigerweise (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber in einer Art und Weise dann in Richtung Verschwörungstheorien ab­biegt, die uns nicht einen Millimeter weiterbringt, wozu man sagen kann: Es ist doch ein Drama, was die Regierung da alles verpfuscht hat, da muss man nicht noch zusätzlich etwas erfinden.

Auf der anderen Seite haben wir jemanden, der sich gar nicht mehr spürt, Sebastian Kurz, der glaubt, er ist der Superstar, der Retter, der große Krisenmanager, und der in Wahrheit in dieser Krise nichts weitergebracht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Gerade weil wir heute darüber reden und Elli Köstinger dasitzt: Er verspricht uns groß, bis 30. April werden alle Menschen in Österreich über 65 Jahre geimpft sein – hat nicht gestimmt! Bis Ende April haben wir einen grünen Pass – hat nicht gestimmt! Alles, was er angreift, ist nur Marketingblabla. Im Vergleich zu dem, was Sebastian Kurz uns jeden Tag auftischt, ist Baron Münchhausen ein Wahrheitsfanatiker. So kann man doch in einer Krise nicht agieren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wovon reden wir heute? – Wir sagen, dass Menschen, die bereits geimpft sind, sich in Zukunft nicht in der Teststraße anstellen müssen, sondern gleich (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) wie getestete Menschen und genesene Menschen behandelt werden. Das ist das Einzige, worüber wir heute reden.

Worüber wir nicht reden, ist ein grüner Pass, egal wie der auch ausgestaltet ist, weil es da bis heute – obwohl Köstinger und Kurz es versprochen haben – gar nichts gibt. Man fragt sich wirklich, was ihr in Wahrheit den ganzen Tag tut. Ministerin Edtstadler war in der Welt unterwegs – wo war sie, Spanien oder Portugal? – und hat dort Nachhilfe beim grünen Pass gegeben, sie kennt sich da ja super aus. Der Herr Bundesminister ist von einem gewissen Magnus Brunner kritisiert worden – da werden Sie auch das erste Mal draufgekommen sein, dass er auch Teil der Regierung ist –, der hat sich ja über den grünen Pass beschwert. Und bis heute liegt nicht einmal irgendetwas darüber vor, wie dieser grüne Pass ausschaut. Gar nichts liegt vor, aber es wird schon groß darüber disku­tiert, und Sebastian Kurz redet über diesen grünen Pass. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Das Zweite, das mich wirklich fest ärgert, ist die Geschichte, die von der ÖVP kommt: Comeback für Österreich! – Ja glaubt ihr wirklich, dass diese depperten Marketingflos­keln irgendeinem Menschen in Österreich irgendetwas bringen? (Beifall bei der SPÖ.) Wir sind im Krisenmanagement gescheitert. Viele, viele Menschen, die in Krankenhäu­sern und in Pflegeheimen arbeiten, haben ganz, ganz schwierige Zeiten hinter sich, weil ihr sie im Stich gelassen habt, weil dieses blöde Marketingblabla immer wichtiger war als gescheites Krisenmanagement. Deswegen philosophieren wir heute über den grü­nen Pass, obwohl hinten und vorne nichts daliegt. Dann stellt sich Sebastian Kurz hin und sagt: Der grüne Pass, das sind die Zettel, die jeder von uns kriegt, wenn er getestet wird, oder der Impfausweis; das ist die erste Phase des grünen Passes. – Ja ist das ein Komiker oder ist das der Bundeskanzler? Arbeitet ordentlich und legt den grünen Pass vor! Niemand von uns kennt ihn.

Wenn es eine gescheite Lösung gibt, werden wir mit dabei sein. Bei irgendeinem Mar­ketingblabla oder irgendeinem türkisen Pfusch sind wir nicht dabei. Deshalb: Macht eure Arbeit, ich bitte wirklich darum! (Abg. Kickl: Warum stimmt ihr zu?) Redet nicht nur, sondern setzt endlich das um, was ihr versprecht, und macht ein gescheites Krisenma­nagement! (Abg. Kickl: Aber warum stimmt ihr dann zu?) – So, jetzt regt sich Herbert Kickl noch zum Abschluss auf. (Abg. Zarits: Die ganze Zeit ...! – Abg. Kickl: ... dann stimmt ihr zu!)

Es hilft nichts, dass man die ganze Zeit nur schimpft, weil Schimpfen allein nichts bringt, das haben wir oft genug gehabt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Wenn ihr einmal konsequent wärt!) Wir können stundenlang darüber diskutieren, dass die Regierung unfähig ist und in vielen Bereichen nichts weiterbringt (Abg. Kickl: Dann stimmt nicht zu!), aber nur zu sagen: Ätsch, bätsch, die Regierung ist unfähig!, bringt doch in Öster­reich auch niemanden weiter.

Viele, viele Menschen wollen einen Arbeitsplatz haben, wollen, dass das Gesundheits­system funktioniert. Wir müssen doch aus der Krise rauskommen! Dauernd nur zu sa­gen, dass die Regierung nicht in der Lage ist, das zu managen, hilft nichts. Man muss ihnen helfen, sie brauchen halt Stützräder. Man muss den Hascherln irgendwie aus der Situation raushelfen. Nur zu schimpfen, lieber Herbert Kickl, das allein ist auch keine Lösung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Das war eine Karnevalsrede! – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Michael Hammer und Hörl.)

14.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mück­stein. – Bitte.