14.46
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Es fehlt an Respekt gegenüber demokratischen und rechtlichen Institutionen“ – Reinhold Mitterlehner, ehemaliger Vizekanzler dieser Republik.
Ich kann ihm da nur zustimmen, wenn es um die ÖVP geht: Angriffe auf und Schlechtmachen der Justiz, Aushöhlen und Geringschätzen des Parlamentarismus, Sudeldossiers über Oppositionspolitikerinnen und Oppositionspolitiker, ein Rückfall im Ranking von „Reporter ohne Grenzen“ – all das klingt eigentlich nach einem schlechten Politkrimi, passiert aber in Österreich im Jahr 2021. – Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Truppe sägen wirklich konsequent an den Grundpfeilern unserer Demokratie, und das ist absolut erschreckend! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)
„Es fehlt an Respekt gegenüber demokratischen und rechtlichen Institutionen“. – Blümel lässt den Laptop spazieren führen, bevor er ihn Ermittlerinnen und Ermittlern übergibt, er wartet mit der Lieferung von Unterlagen so lange, bis der Verfassungsgerichtshof für eine Exekution zum Bundespräsidenten geht. Kurz droht eine mögliche Anklage durch die Justiz, Schmid wurde durch Postenschacherei zum Öbag-Chef, und alle drei sehen sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Das sind nur Auszüge aus dem Repertoire an Fehltritten und Skandalen, mit denen die ÖVP-Riege tagtäglich die Schlagzeilen beherrscht. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)
Als Politikerinnen und Politiker tragen wir Verantwortung. Wir geloben zu Beginn jeder Gesetzgebungsperiode, die Gesetze einzuhalten und unsere Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Das ist kein Schönwettergelöbnis, das ist kein Spaß – wir alle sind angehalten, das auch wirklich einzuhalten und zu befolgen! Was aktuell passiert, ist aber sehr dramatisch. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir arbeiten im Untersuchungsausschuss wirklich hart, sowohl in den Vorbereitungen als auch in den Befragungen. Ich glaube, ich kann hier nicht nur für die Oppositionsparteien, sondern auch für die grünen KollegInnen Tomaselli und Stögmüller sprechen, wenn ich sage, dass es uns ein echtes Anliegen ist: Wir wollen volle Aufklärung, wenn es um Spenden geht, wenn es um möglichen Gesetzeskauf geht. Wir wollen wissen, wer Spenden angeleiert hat, wer sie bekommen hat, welche Dienste die türkis-blaue Bundesregierung dafür erwiesen hat.
Wir wollen wissen, welche Absprachen es gab, was in Hinterzimmern beschlossen wurde. Die Causa Privatkliniken – es ist zu Beginn der Sitzung schon angesprochen worden – zeigt das sehr deutlich, aber insbesondere da wird die Sabotage deutlich: Werden Auskunftspersonen von OppositionspolitikerInnen befragt, wird es bei der ÖVP so laut wie hier am Beginn der Sitzung. Unterbrechungen durch Geschäftsordnungsdebatten, Äußerungen wie: Was ist denn das für eine blöde Frage?, kommen von der ÖVP. (Ruf bei der ÖVP: ... legitim!) Das entspricht nicht der Würde des Hohen Hauses! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)
Getoppt wird das alles leider noch durch eine sehr tendenziöse Vorsitzführung eines Präsidenten, der nach meinem Empfinden nicht das Parlament verteidigt, sondern ebenfalls an unserem Image kratzt, wenn er die Wahrheitspflicht abschaffen will, und das auch noch aktiv vorschlägt. Das fällt nicht nur uns als Oppositionspolitikerinnen und Oppositionspolitikern auf, sondern auch den Journalistinnen und Journalisten, die den Untersuchungsausschuss tagtäglich mitverfolgen. (Beifall bei der SPÖ.)
„Es fehlt an Respekt gegenüber demokratischen und rechtlichen Institutionen“. – Wir alle wissen, dass der Untersuchungsausschuss nur eine begrenzte Tätigkeitsdauer hat. Das weiß die ÖVP, das weiß Sebastian Kurz, das weiß Gernot Blümel, und deswegen verzögern sie Aktenlieferungen, bis der Verfassungsgerichtshof zum Bundespräsidenten geht. Sie schicken tonnenweise Papiermaterial und klassifizieren das in der Sicherheitsstufe so hoch, dass sich Abgeordnete zur Vorbereitung nicht einmal untereinander darüber unterhalten dürfen.
Das ist Ihre Strategie: schikanieren, zudecken, verzögern, Parlamentarismus mit Füßen treten, und das, obwohl sich die ÖVP selbst einen Ethikrat verschrieben hat, der vorbildliches Verhalten im Parlament und bei Repräsentation eigentlich voraussetzt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nicht einmal dem eigenen Ethikrat fühlt man sich verpflichtet, dem Gesetz anscheinend schon gar nicht.
Die Bundesregierung und insbesondere auch Sie, Herr Bundeskanzler, haben auf die Verfassung geschworen. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren durch die Justiz, eine mögliche Anklage lassen dieses Gelöbnis ehrlicherweise fast unglaubwürdig erscheinen, vor allem wenn Sie nicht einmal bei einer Verurteilung zurücktreten wollen. Das wäre eigentlich eine Missachtung dieses Gelöbnisses, das Sie nicht nur ein Mal in dieser Republik abgelegt haben.
Die ÖVP-Spitze macht das wirklich alles bewusst und zieht uns damit alle in den Schmutz. Wir werden uns das aber nicht gefallen lassen und werden mit aller Vehemenz dagegen antreten, wenn Demokratie und Parlamentarismus mit Füßen getreten werden und so an den Säulen unserer Demokratie gesägt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Für mich geht sich eines schon lange nicht mehr in einem Satz aus: Moral und Sebastian Kurz. (Beifall bei der SPÖ.)
14.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.