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Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wur­de aufgrund eines Verlangens von SPÖ und NEOS am 22. Jänner 2020 eingesetzt. Er heißt eigentlich: mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung. Mittler­weile werden wesentliche Entscheidungsträger der türkisen ÖVP in Strafverfahren als Beschuldigte geführt. Der darüber hinausgehenden Frage der politischen Verantwortung für Machtmissbrauch, Postenschacher und Weiteres unter der Regierung Kurz I widmet sich dieser Untersuchungsausschuss.

Er ist jetzt mit 15. Juli 2021 befristet. Wie lief es denn bisher? – Seit Beginn versucht die ÖVP, die Arbeit des Ausschusses zu behindern. Es begann damit, dass sie mit Unter­stützung der Grünen beim Verfassungsgerichtshof versuchte, ihn massivst im Untersu­chungsgegenstand zu beschneiden. Kollege Hanger, der VfGH hat uns recht gegeben: Es ist ein abgeschlossener Untersuchungsgegenstand. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Wir durften beginnen, in vollem Umfang aufzuklären beziehungsweise, Herr Kollege Hanger, es zu versuchen (Zwischenruf des Abg. Hanger), weil die ÖVP seit Tag 1, seit­dem der Ausschuss lief (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger), so wie Sie jetzt gerade versuchen, meine Rede zu stören, alles unternommen hat, um zu verhindern, dass wir möglicher Käuflichkeit und Machtmissbrauch nachgehen und das aufdecken. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Abgesehen von dem Verhalten der ÖVP im Untersuchungsausschuss zeigt sich auch außerhalb dieses Ausschusses und dessen Sitzungen an den Lieferungen und dem Umgang mit der Lieferpflicht gerade aus ÖVP-Ministerien und aus dem Kanzleramt, wie es die ÖVP mit dem Ausschuss meint. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Mittlerweile mussten wir schon mehrmals zum Verfassungsgerichtshof gehen, um das Kontrollrecht des Par­laments gegen die Regierung, gegen die ÖVP durchzusetzen.

Die ÖVP spielte durch ihre Blockade auf Zeit. Die permanente Behinderung hat bekann­termaßen darin gegipfelt, dass sogar der Bundespräsident mit der Exekution drohen musste, damit Finanzminister Blümel eine Entscheidung des VfGH umsetzt und uns die Ausschussakten, die uns zustehen, liefert. Das tat er dann, aber in Klassifizierungsstu­fe 3, mit der wir nicht Aufklärungsarbeit leisten können. Jetzt plötzlich wird runterklassi­fiziert. Das beweist, dass diese Lieferung in Klassifizierungsstufe 3 in Bausch und Bogen wieder eine klare Blockade- und Boykottierungsmaßnahme war.

Auch vonseiten des Kanzlers sind weiterhin Dokumente ausständig. Der Verfassungsge­richtshof hat klargestellt – er ist sich sicher, dass gelöscht wurde –, dass er sich nicht sicher ist, dass nicht vielleicht Gelöschtes wiederherstellbar ist, und hat demnach auch da angeregt, dass wir über den Exekutionsweg über den Bundespräsidenten versuchen, zu unserem Recht zu kommen.

Durch dieses Verhalten, insbesondere von Minister Blümel und Kanzler Kurz, gegenüber dem Parlament als Volksvertretung und dem VfGH, aber auch insgesamt zeigt die ÖVP ihre fragwürdige Vorstellung von unserem Land, in dem nur Recht sein soll, was der ÖVP recht ist. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn wir nicht verlängern, hat die ÖVP gewonnen. Wenn wir nicht verlängern, bekommt der U-Ausschuss auch nicht alle für die ÖVP sehr unangenehmen, weil sehr entlarven­den Thomas-Schmid-Chats, aber auch keine Strache-Chats, die der ÖVP in den letzten Wochen doch so wichtig waren. Wenn wir nicht verlängern, war das Spiel der ÖVP auf Zeit erfolgreich und es ist Schluss mit Aufklärung – und zwar mittendrin.

Jetzt komme ich zu den Grünen. Es war schon beschämend genug, dass ihr bei dem Versuch mitgemacht habt, den Untersuchungsgegenstand zu beschneiden. Im Aus­schuss an sich kann ich mich nur dem Lob und dem Dank der Kollegen Krainer und Hafenecker dafür anschließen, dass Kollegin Nina Tomaselli und Kollege David Stög­müller wirklich an Aufklärungsarbeit interessiert sind und sich sehr engagieren. Wie verhält sich aber die Fraktion zur Frage der Verlängerung?

Die Grünen kommen mit Koalitionstreue gegenüber den Türkisen und glauben, sie müs­sen hier Nein sagen. Ich glaube, es gibt sehr wohl die Möglichkeit und die Chance, hier Anstand zu zeigen. Frau Kollegin Sigi Maurer, Sie kennen die ÖVP jetzt gut. Glauben Sie, sie benimmt sich bei einem neuen Ausschuss anders? Glauben Sie, wir müssen nicht wieder Monate um unser Recht kämpfen, damit wir die Akten bekommen, die uns einfach zustehen? (Abg. Hanger: Sie haben mir nicht zugehört!) Glauben Sie nicht, dass wieder Monate vergehen, bis wir wieder da sind, wo wir jetzt stehen? Wir müssen bei Stunde null anfangen, und das wissen Sie und das weiß die ÖVP. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dementsprechend: Nützen Sie die Chance, Anstand zu zeigen und Ihre DNA nicht auf­zugeben, für Aufklärung, Transparenz und Kontrolle zu stehen und der Verlängerung zuzustimmen!

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, den Schlusssatz bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Die Hoffnung stirbt zuletzt. Hören Sie auf die Bürgerinnen und Bürger! Es sind mittlerweile, innerhalb von 4 Stunden, 6 000 Unterschriften. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

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