19.32

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich muss mich leider immer wiederholen. Kollege Schmidhofer, ja, es war ein schwieriges Jahr. Corona gibt es, damit das auch noch einmal festgestellt ist. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Beifall der Abgeordneten Melchior und Shetty.) Das haben wir ja überhaupt nie bestritten, aber die Situation im Tourismus wie auch in der Wirtschaft wurde – durch die Coronapolitik der Regierung verursacht – natürlich massiv verschärft. Wenn Kollege Schmidhofer hier sagt, die Lifte wurden zuge­sperrt: Na, wer hat denn die Lifte zugesperrt? (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Wir als Freiheitliche Partei hätten die Lifte offen gehalten (Bundesministerin Köstinger: ... die waren offen!), wir hätten die Lifte immer offen gehalten (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP) – Gelächter aus den Reihen der ÖVP, der Wirtschaftspartei!

Schaut einmal in die Schweiz, bitte! Die Schweiz hat es ja vorgemacht. Die Schweiz hatte einen guten Winter, weil die Lifte und die Hotels offen waren. (Bundesministerin Köstinger: ... bei uns auch offen!) Sie hatte eine Wertschöpfung in Höhe von 70 Prozent und nicht so einen Totalausfall wie wir (Zwischenruf bei der ÖVP), verursacht durch den Dauerlockdown der Regierung vom 2. November bis zum 19. Mai. Das muss hier einmal festgestellt werden! Ihr habt ja die Unternehmer nicht arbeiten lassen. Wieso habt ihr denn die Apartments nicht offen gelassen? Wieso wurden Ferienhäuser nicht offen ge­lassen? Das ist ja vollkommen unverständlich.

Unsere Sicherheitskonzepte, die unsere Unternehmer im Herbst letzten Jahres erstellt haben, haben die Schweizer mit Erfolg umgesetzt. Na, das wäre etwas für unsere Betrie­be gewesen, nicht für die Schweizer, die es erfolgreich vorgemacht haben. Also geht einmal in euch und tut nicht immer so! Es wurde zugesperrt, ihr habt die Initiativen ge­setzt, steht dazu! Steht dazu, dass ihr permanent den Dauerlockdown verordnet habt und damit auch der Wirtschaft massiven Schaden zugefügt habt!

Der Schaden geht ja weiter, ich meine die 3Gs. Herr Präsident, ich sage das unter An­führungszeichen: Es ist ja geradezu „pervers“, wenn ein Gesunder permanent auswei­sen muss, dass er gesund ist. Da wird ja die Logik auf den Kopf gestellt. Ich selbst war vor einem Monat in Kroatien auf Urlaub. Da fragt niemand nach einem Test, da fragt niemand nach einer Maske. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da kannst du bitte Urlaub ver­bringen, der normal ist. Ich kann doch nicht wegen einer Inzidenz von 100 (Zwischenruf bei der ÖVP) alle Leute knebeln und sie hinter die Maske und hinter die Ausweise zwingen. (Beifall des Abg. Amesbauer.) Das kann doch nicht funktionieren, und das wird unseren Tourismus weiter schädigen. Leider läuft der Tourismus nicht so an, wie er anlaufen müsste, weil diese 3G-Regeln absolut nicht normal sind.

So, und nun müssen wir den Unternehmern auf die Beine helfen. (Ruf bei der ÖVP: ... vom Himmel gefallen!) Wir haben das im Tourismusausschuss versucht. Ich gehe auf die letzte Ausschusssitzung ein, da wurden alle zehn Initiativen von der Opposition vertagt. Ich nenne nur einige wenige: bestehende Beherbergungsbetriebe erhalten, die Förde­rung von Hotelneubauten zum Beispiel durch die Bettengrenzen limitieren und nicht zu­sätzliche Konkurrenz schaffen oder eben auch der Dauerbrenner seit 23. September im parlamentarischen Kreislauf: unser Antrag zur Stärkung des Eigenkapitals. Nun feiern wir bald einmal Jahrestag im Herbst. Wir fordern genau das, was Expertinnen und Exper­ten permanent fordern.

Deswegen darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eigenka­pitalstärkung zur Wiederbelebung der Tourismuswirtschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Boni­tät der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2022 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermögli­chung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

*****

Das ist genau das, was Tourismusexperten seit einem Jahr fordern. Es wird im Touris­musausschuss vertagt und blockiert, im Parlament abgelehnt. Die Tourismusberatung Prodinger mit dem Experten Thomas Reisenzahn sagt, wir brauchen das, denn es gibt einen „Absturz des Eigenkapitals“. Der Geschäftsführer der Österreichischen Hotelier­vereinigung, Martin Hochstetter, sagt – ich zitiere –: An dieser Schraube gehört gedreht.

Nun schaue ich mir an, ob das Parlament tatsächlich heute und hier das tut, was die Wirtschaft braucht, was die Experten einfordern – nämlich endlich einmal das Eigenka­pital zu stärken, so wie wir das als FPÖ seit dem 23. September beantragen. Ich bitte um Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ.)

19.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Eigenkapitalstärkung zur Wiederbelebung der Tourismuswirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 24: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betref­fend Tourismus in Österreich 2020 (III-349/961d.B.)

in der 115. Sitzung des Nationalrates am 7. Juli 2021

In den letzten Monaten haben sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschuldet und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchenabhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage.

Äußerst prekär ist insbesondere die Situation im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Wir werden in vielen Unternehmen als Konsequenz der Krise mehr Schulden bei gerin­geren Umsätzen und Erträgen haben - das ist sicher kein Erfolgsmodell“, bringt ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann die Lage im Tourismus auf den Punkt.

Als eine Maßnahme zur Abfederung der ökonomischen Schwierigkeiten bzw. zur Über­brückung von Liquiditätsengpässen der heimischen Unternehmen wurden seitens des Bundes Staatshaftungen in der Höhe von 90 bzw. 100 % für Überbrückungskredite über­nommen.

Laut Vorlage 31/BA des Bundesministeriums für Finanzen betreffend den Monatserfolg Juli 2020 sowie die COVID-19 Berichterstattung vom 31. August 2020 belaufen sich die in diesem Zusammenhang übernommenen Haftungen derzeit auf rund 6,3 Mrd Euro.

Immanuel Gerstner, Wien-Chef der Anwaltskanzlei SCWP, stellt in diesem Zusammen­hang im „Profil“ vom 1. September 2020 fest, dass die Überbrückung von Liquiditätseng­pässen zwar wichtig sei, „tiefergehende wirtschaftliche Probleme“ könne man damit aber nicht lösen.

„In manchen Situationen würden die Hilfen lediglich zu einer "Periodenverschiebung" führen,“ bringt Gerstner die Problematik auf den Punkt.

Besonders problematisch wird die Situation in Gastronomie und Tourismus, wo die Ei­genkapitalquote entsprechend niedrig, der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, und dem­zufolge Rückzahlungen von Überbrückungskrediten für die Unternehmen eine enorme Belastung darstellen werden. „An der Befürchtung, dass viele Unternehmen die Überbrü­ckungskredite am Ende des Tages aus eigener Kraft nicht zurückzahlen können, sei schon was dran,“ meint beispielsweise ÖHT-Generaldirektor Kleemann im Profil vom 1. Sep­tember 2020.

„Im internationalen Vergleich würden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Eigenkapitalquote hinterherhinken. 22 Prozent der österreichischen KMU sind über­schuldet, hieß es dazu kürzlich in der Aussendung von Finanzminister Blümel. Zudem erschwere die starke Fremdfinanzierung den Handlungsspielraum und die Kreditaufnah­me in Krisenzeiten. Schon jetzt finanzierten Kleinstbetriebe 39 Prozent ihres Vermögens durch Bankkredite. Bei Großbetrieben seien es acht Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz finanzierten sich fast zwei Drittel der Unternehmen ausschließlich über Eigen­kapital.“ (Oberösterreichische Nachrichten, 18.07.2020)

„Das Problem der geringen Eigenkapitalquote wird sich durch die Covid-19 Krise noch­mals deutlich verschärfen. Bei den Überbrückungsfinanzierungen war diese Problematik bei der Beurteilung der Anträge schon jetzt eine große Herausforderung. Hier schlagen wir eine befristete Übergangsregelung bis 31.12.2022 vor, wonach das Vermögen be­günstigt mit dem Viertel-Steuersatz aufgewertet werden kann und die Bilanzen das echte Eigenkapital aufweisen. Dadurch wird die Bonität gestärkt und langfristig die Abschrei­bungsbasis erhöht", erläutert Dr. Manfred Schekulin von Prodinger-Tourismusberatung.

Darüber hinaus sollte eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital insofern erfolgen, dass neben Fremdkapitalzinsen auch fiktive Eigenkapitalzinsen steu­erlich abzugsfähig werden.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und im Sinne der raschen und echten Unterstützung der massiv belasteten heimischen Gastronomie- und Hotelleriebe­triebe stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Bo­nität der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2022 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermögli­chung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.)