9.54
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kickl meint, er sei gegen politischen Betrug beim Thema Asyl. Wer glaubt denn das? Bei diesem Thema wird doch die Bevölkerung vom rechten Rand andauernd betrogen, und damit meine ich nicht nur die FPÖ, sondern auch die ÖVP, die mittlerweile von der FPÖ bei diesem Thema überhaupt nicht mehr zu unterscheiden ist.
Es ist Betrug, wenn Kickls, Nehammers, Kurz’ erklärten und erklären, sie würden Migrationsrouten schließen können, Schlepperei bekämpfen und keine Flüchtlinge aus Afghanistan mehr aufnehmen, sondern weiterhin dorthin abschieben. – Sie schließen keine Migrationsrouten, weder am Westbalkan noch im Mittelmeer, sondern es werden Menschen, darunter echte Flüchtlinge, die Schutz und Sicherheit suchen, heimlich und teils gewalttätig über die EU-Grenzen zurückgeschoben, nach Bosnien, in die Türkei, nach Libyen, wo sie im Niemandsland dahinvegetieren, in Folterlagern eingesperrt werden und erneut versuchen, mit Schleppern in die EU zu kommen – und das Spiel geht von vorne los.
Es ist Ihre Ministerschaft, Herr Nehammer – und Ihr Auftritt hier war wieder einmal nicht sehr vertrauenserweckend –, unter der die Mär der geschlossenen Routen durch Pushbacks an der österreichischen Grenze aufrechterhalten werden soll: ein klarer Verstoß gegen das Folterverbot.
Da bin ich beim nächsten Betrug durch die Narrative der populistischen Parteien ÖVP und FPÖ. Sie bekämpfen die Schlepperei nicht, sondern Sie tragen im Gegenteil zum florierenden Geschäft bei, insbesondere auch, weil Sie zum Beispiel nicht zulassen, dass man auch legal und sicher nach Österreich und Europa einreisen kann, wie zum Beispiel durch Resettlement. (Abg. Kickl: Wie naiv ist das denn?!)
Der nächste Betrug: Die Regierung kann ja gar nicht, wie sie behauptet, nach Afghanistan abschieben und wird natürlich entgegen der Behauptung von Sebastian Kurz Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen, denn wenn Menschen die lebensgefährliche Reise über die nur illegal möglichen Wege auf sich nehmen und es schaffen, nach Österreich zu gelangen, dann hat Österreich Schutz zu gewähren. Das weiß auch ein Sebastian Kurz. Und das Gegenteil zu behaupten ist genauso ein Betrug an der Bevölkerung wie das Ausreisezentrum-Schild des Kollegen Kickl in seiner Ministerschaft. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Pfurtscheller: Hat er nie behauptet! Da müssen Sie schon genau sein!)
Die Kickls und Nehammers in diesem Land betrügen die Menschen, weil sie vorgaukeln, sich für Sicherheit einzusetzen. Sie setzen sich in Wahrheit dafür ein, mehr Wählerstimmen zu generieren, und dafür schürt man am besten Chaos, weist dann vermeintlich verschreckt darauf hin und bietet – das zeigen Sie immer wieder in Ihren Redebeiträgen, Herr Innenminister – martialische Lösungen an, die aber keine sind. Das ist die Politik, die mit Angst gemacht wird, auch mit Leid, Perspektivenlosigkeit, Gewalt und Chaos, das in Kauf genommen wird.
Was würde eine verantwortungsvolle Politik tun, und zwar nicht erst seit 2015? – Da gab es Kontrollverlust, ja, das soll sich nicht wiederholen, aber die ÖVP tut hier weiterhin nicht das Richtige. Wir können an Europas Grenzen Kontrolle durchsetzen, registrieren und auch die Menschenwürde der Antragsteller und Antragstellerinnen achten, denn das ist keine bewaffnete Menge, keine Naturgewalt, keine Welle, sondern das sind einzelne Individuen mit unterschiedlichsten Schicksalen und unterschiedlichsten Absichten. Das kann man kontrollieren und abklären. Diese Menschen sind dann schnell zu integrieren oder eben entsprechend abzuschieben. Das ist auch das effizienteste Mittel gegen Schlepperei.
Ein anderes effizientes Mittel ist die Rettung von den gefährdetsten Menschen über Resettlement in der Europäischen Union. Da gibt es bezüglich Afghanistan ein Programm der Europäischen Kommission, und die Bundesregierung sollte ihre Fundamentalopposition gegen dieses Programm aufgeben.
Sebastian Kurz meint, Kreisky wäre sein Vorbild. Er dachte da wohl nur an die absolute Mehrheit der SPÖ unter dessen Kanzlerschaft. Die Werte wie Solidarität et cetera kann er nicht gemeint haben, denn mit diesen Werten hat sich Österreich, als sie noch gelebt wurden, auf dem europäischen, internationalen Parkett großes Renommee erworben, und gerade dieses Renommee verspielt Sebastian Kurz, dessen einziger Kompass Wählerstimmen und Macht sind. (Abg. Hofinger: Ein Blödsinn!) Da zeigt sich wieder einmal, es gehört mehr dazu, in jemandes Fußstapfen zu treten, als nur in dessen altes Büro einzuziehen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Obernosterer: Das war nicht gut!)
9.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.