13.22

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unbestreitbar ist, dass dieser Untersuchungsausschuss einer der erfolgreichs­ten ist, den es in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Das liegt allem voran daran, dass die Abgeordneten – zwar nicht alle hier herinnen, aber doch sehr viele – daran inter­essiert waren, ihrer parlamentarischen Verpflichtung nachzukommen, die politische Verantwortung zu klären beziehungsweise aufzuklären. Das ist großartig und wichtig, und wir haben auch einiges gefunden.

Ausgangslage waren, wie heute schon mehrmals erwähnt wurde, die Reise nach Ibiza und die Ereignisse in der Villa, was das Ende der türkis-blauen Bundesregierung in dieser Republik ausgelöst hat. Dies zwar nicht ganz, denn es gibt noch diese Ibiza­koalition in Oberösterreich, aber die wird hoffentlich ab kommendem Sonntag Ge­schichte sein. Zumindest hoffe ich, dass endlich auch Oberösterreich da vorankommt, denn die schädlichen Auswirkungen dieser Koalition haben wir ja auf Bundesebene sehr gut gesehen.

Wir sind den Aussagen von H.-C. Strache auf den Grund gegangen. Dabei sind wir nicht nur auf Chats zu Postenbesetzungen bei der Casino AG und der Öbag gestoßen, son­dern auch auf die Operation Edelstein, zurückgezogene Glücksspielgesetz-Novellen und eine Änderung des Prikrafs. All das ist durch die Arbeit im Untersuchungsausschuss ans Licht gekommen. Klar, es gefällt jetzt nicht allen, vor allem den Kollegen von der ÖVP nicht. Kollege Gödl, der eh nicht so oft bei uns im Untersuchungsausschuss war, schwingt hier trotzdem große Reden. (Ruf bei der ÖVP: Kollege Stögmüller! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Klar, dass das nicht allen Parteien hier so gut gefällt, was wir da ans Tageslicht gebracht haben. Das verstehe ich auch gut. Immerhin haben wir in vielen Kellern Staub auf­ge­wirbelt und auch herumgewühlt. Ich erinnere nur an das (Zwischenruf des Abg. Gerstl) – ah, Kollege Gerstl ist auch da – Projekt Ballhausplatz der ÖVP. In diesem wird ganz konkret erklärt, wie die Machtübernahme von Sebastian Kurz von seinem Vor­gänger Reinhold Mitterlehner als Chef der ÖVP von langer Hand geplant war.

Das Projekt Ballhausplatz ist wirklich eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, inklusive der De­tails, wer wofür zuständig ist, nämlich dafür, wie es funktioniert, eine Partei zu über­nehmen. (Abg. Haubner: Die ist schon so alt, die Geschichte!)

Dabei wird von Zuständigkeiten für parteiinterne Entscheidungen, Wahllisten bis hin – und das ist wichtig – zu den Spendensammlern alles genauestens aufgelistet. Auffällig ist schon, dass so mancher Spender und so manche Spenderin, der oder die auf dieser Ballhausplatzliste steht, die also sehr detailliert war, auch später, als die Türkisen die Schwarzen verdrängt haben, bei der Verteilung so mancher Vorstandsposten auch wie­der aufgeschienen ist.

Auch die Staatsanwälte und Ermittler hatten es nicht immer einfach. Es hat sich gerade im Zuge der Ermittlungen gezeigt, dass es mitunter auch dort ein sehr enges, verstricktes Netzwerk zwischen Politik und Ermittlern gibt.

Ich erinnere nur an die Geschichte rund um den Ermittler Niko R., einige werden sich noch erinnern. Andreas Holzer, der ehemalige Leiter der Soko Tape und jetzt Chef des Bundeskriminalamts, hatte Niko R. als seinen besten Mann betitelt, während dieser – und das ist manchen vielleicht auch noch in Erinnerung, aber ich erwähne es noch einmal zur Auffrischung – an H.-C. Strache eine SMS geschickt hat: Ich „hoffe auf einen Rücktritt vom Rücktritt [...]! [...] LG Niko“.

Der Beamte blieb trotz des Anscheins einer Befangenheit in der Soko und hat sogar einige heikle Einvernahmen und auch Hausdurchsuchungen noch selber durchgeführt, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Causa Schreddergate – dies nur als kleine Erinnerung –, also eigentlich ein Wahnsinn.

Dass Andreas Holzer ein besonderes Naheverhältnis zur Politik haben soll, hat sich erst vor Kurzem wieder gezeigt, es sind nämlich wieder Chats aufgetaucht. Aber nicht nur das: Auch am Beispiel eines Beamten erkennt man, wie erschreckend eng das Netzwerk zwischen Politik und Ermittlungen sein kann.

Auch sein Verhältnis zu Pilnacek hat uns dazu Einblicke gegeben. So hat Holzer im Untersuchungsausschuss angegeben, dass er sich öfters abseits des offiziellen Dienst­weges mit Pilnacek, Oberstaatsanwalt Fuchs und anderen Beamten über operative Details ausgetauscht hat und sich auch fernab von Protokollen und Aufzeichnungen getroffen hat, um über Einsätze zu reden. Natürlich wurde dabei nicht über irgendwelche Hausdurchsuchungen gesprochen. Die haben dann zufällig irgendwie in knappem zeitlichen Abstand zu diesen Besprechungen auch wirklich stattgefunden. Also reiner Zufall? Das sei einmal dahingestellt. Auch das ist noch aufklärungsbedürftig.

Auffällig sind auch die Verbindungen zwischen dem Ibizaskandal und Wirecard. Die haben wir mit mehreren Überschneidungen gefunden. Nicht nur, dass sich Herr Prä­sident Sobotka – jetzt ist er nicht im Saal – mehrmals mit Jan Marsalek in Russland getroffen hat – auch wenn der Herr Präsident dazu nicht mehr wirklich Wahrnehmungen hat, gibt es Fotos, die belegen, dass es da sehr wohl Treffen gab –, hat es auch ehe­malige BVT-Beamte gegeben, die für Jan Marsalek gearbeitet haben und mit ihm sogar eng befreundet waren.

Einer der Verbündeten aus diesem Netzwerk Marsalek – und jetzt muss man diese Ver­bindung wieder auffrischen – war bis März 2021 Mitglied der Soko Tape! Einer aus diesem Marsalek-Netzwerk war Mitglied der Soko Tape – das muss man sich einmal vorstellen! –, und die ehemaligen BVT-Beamten haben ihm gemeinsam mit einem ehemaligen FPÖ-Abgeordneten zur Flucht verholfen. Währenddessen ist  Markus Braun, einer der Finanzvorstände, tagein, tagaus im Bundeskanzleramt gewesen und Wirecard hat lange als Vorzeigeunternehmen gegolten. Dass Wirecard nicht mehr so ein Vorzeigeunternehmen ist, hat sich ja mittlerweile gezeigt. Die Sache hat sogar zu einem der größten Finanzskandale geführt, und auch das ist noch aufklärungsbedürftig. Da gibt es noch so einiges. (Abg. Michael Hammer – erheitert –: Machen wir mal einen Unter­suchungsausschuss!) – Bitte? (Abg. Michael Hammer – erheitert –: Machen wir mal einen Untersuchungsausschuss!) – Untersuchungsausschuss? Ich bin dafür, dass man Wirecard nochmals untersuchen sollte.

Nach eineinhalb Jahren Arbeit im Untersuchungsausschuss und fast 3 Millionen Akten­seiten – die Kollegin hat es ja auch gesagt – sind viele Themen, die vielleicht ursprüng­lich nicht im Fokus standen, aufgetaucht, zu denen jetzt noch einige Fragen offen sind.

Am Anfang haben wir uns die Frage gestellt, ob sich Reiche in Österreich Gesetze kaufen können. Nun haben wir darauf auch die Antwort. So wurde erst vor ein paar Wochen H.-C. Strache, wenn auch noch nicht rechtskräftig, am Landesgericht Wien wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Ich vermute, dass das erst das erste Urteil in diesen Fällen war und dass noch einige mehr folgen werden.

Ich möchte mich auf jeden Fall bei der Parlamentsdirektion, bei der Registratur, bei den Verfahrensrichtern, bei den Verfahrensanwälten und bei den fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Ich bedanke mich natürlich auch bei den StenografInnen und bei den PolizistInnen, die uns beschützt haben. Ich bedanke mich auch bei den JournalistInnen. Viele von ihnen waren jeden Tag dabei und haben fleißig mitgeholfen, dass die Geschehnisse im Untersuchungsausschuss nach außen getragen wurden.

Mein besonderer Dank gilt auch unserem grünen Team: Xenia Köck, Karoline Oberhofer, Roland Spitzlinger, Marie Fleischhacker, Tobias Krüse, Sanjay Doshi. Ihr habt großartige Arbeit und auch Übermenschliches geleistet.

Ich danke auch den anderen Fraktionen für die besonders gute und konstruktive Zusammenarbeit, besonders wenn ich hier (in Richtung Abgeordnetenreihen deutend) hinschaue.

Ich bin mir sicher, mit diesem Untersuchungsausschuss haben wir wieder ein Stück dazu beigetragen, dass der Selbstreinigungsprozess in der Politik und auch in der Verwaltung voranschreitet. Dennoch liegt genügend Staub im Keller, der aufgewischt gehört, und ich freue mich schon darauf und bin auch schon sehr motiviert für den nächsten Unter­suchungsausschuss. Themen hätten wir genug. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und NEOS.)

13.30

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.