17.14

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolle­ginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wo Sie absolut recht haben: Kinder dürfen nicht den Preis für ungeimpfte Erwachsene zahlen. Aus dieser Krise kommen wir nur heraus, wenn wir gut aufeinander schauen, wenn wir solidarisch sind. Wir wissen, dass junge Menschen auf wirklich ganz viel verzichten müssen, und das tun sie auch für die Älteren. Da ist es natürlich nur fair, dass wir jetzt auf die Jüngeren schauen.

Wir stehen heuer wieder vor dem Problem, dass Hunderte Klassen und Tausende Schüler und Schülerinnen in Quarantäne müssen, darum beschließen wir heute auch die Son­derbetreuungszeit. Das letzte Mal haben wir die Sonderbetreuungszeit vor einem Jahr beschlossen, genauer gesagt: vor zehn Monaten. Heute gibt es allerdings im Vergleich zu damals einen großen Unterschied: Vor einem Jahr haben wir alle noch auf die Schutzimpfung gehofft. Jetzt haben wir ein effizientes Mittel im Kampf gegen das Coronavirus. Hätten wir eine Impfquote von 80 oder 90 Prozent, dann, glaube ich, könnten wir uns – ich habe es vorhin schon gesagt – die Diskussion hier und wahr­scheinlich auch Beschlüsse wie jenen betreffend Sonderbetreuungszeit sparen.

Wir alle sind schon coronamüde, es mag niemand mehr, das ist ganz klar, und wir alle würden uns wünschen, dass wir wieder in die sogenannte Normalität zurückkehren, auch im Schulbetrieb. Wir haben aufgrund der Impfquote aber noch keine Normalität. Es ist absolut klar, es ist traurig und sogar mühsam, wenn wir daran denken, wie leicht wir dieses Ziel erreichen könnten. Wir haben genug Impfstoff, wir haben genug Impfangebot.

Ich möchte die Impfskepsis jetzt gar nicht monokausal erklären, ich glaube, das geht auch nicht. Dass wir aber hier im Hohen Haus eine Partei haben, die nicht nur bewusst mit den Ängsten der Menschen spielt, sondern Unwahrheiten produziert, Falschnach­richten herumschickt (Abg. Rauch: Was reden Sie für einen Blödsinn?), und das nur aufgrund von Stimmenmaximierung – und das machen Sie in dem Ausmaß, dass Sie Menschen dazu bringen, sich selbst und andere nicht zu schützen –, hat eine Niveau- und Verantwortungslosigkeit erreicht, die ihresgleichen suchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da wir gerade beim Thema Niveaulosigkeit und Falschinformationen sind: Klubobmann Kickl ist jetzt nicht im Saal, aber er bringt immer ein Rechenbeispiel. Herr Wurm, Sie haben vorhin von Zahlen, Daten, Fakten gesprochen, schauen wir uns das Ganze jetzt genauer an. Herr Kickl spricht immer wieder von einer Statistik aus Israel, in der gesagt wird, dass von Mai bis August zwei Drittel derer - - (Abg. Rauch: Reden wir von den Tiroler Zahlen! – Abg. Wurm: Du bist eine Tirolerin, Barbara, das sind die Zahlen in Tirol!) – Vielleicht hört mir die FPÖ kurz zu, wir gehen es gemeinsam durch, dann müssen Sie nicht solch einen Schmarrn erzählen! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Da kann man schon zuhören!)

Die FPÖ hat gesagt, zwei Drittel derer, die von Mai bis August an Covid gestorben sind, waren doppelt geimpft. Was wollte uns Klubobmann Kickl beispielsweise in den Som­mergesprächen damit mitteilen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) – Wohl nicht, dass von Anfang Mai bis Juli 2021 in Israel nur 102 Menschen gestorben sind, während es davor 6 400 waren und es allein im Jänner 2021, als die Impfkampagne erst angelaufen ist, noch 1 400 Tote waren. Mit diesem grandiosen Beispiel, wie toll die Impfung wirkt, möchte sich die FPÖ jedoch nicht beschäftigen.

Kommen wir zum Mathematischen, in das auch Ihr Beispiel hineinfällt: Herr Kickl sagt: Siehe da, zwei Drittel derer, die an Covid gestorben sind, sind doppelt Geimpfte!, und damit will er belegen, dass die Impfung nicht wirkt. Machen wir ein vereinfachtes Rechenbeispiel: Wenn von 1 Million Menschen in einem Land zwei Personen nicht geimpft sind und von den beiden Ungeimpften eine Person stirbt und von den fast 1 Million Geimpften zwei sterben, dann hätten wir im Grunde das gleiche Verhältnis von zwei Dritteln geimpften Coronatoten zu einem Drittel ungeimpften (Abg. Belakowitsch: So einfach ist die Welt nicht!), aber eine Wirksamkeit des Impfstoffes von fast 100 Pro­zent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Mit den Statistiken tun Sie sich schwer, glaube ich, aber es macht nichts!)

So viel zu Ihrem manipulativen Zahlenspiel, in dem bewusst Relationen und Bedin­gungen verschwiegen werden. So einfach ist das, so traurig ist das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Sie können sich auch den Impftoten stellen!)

Wir können das gerne immer wieder durchgehen, aber wir könnten auch gemeinsam schauen, dass wir für Aufklärung sorgen, dass wir noch Verunsicherte gemeinsam aufklären. Wir könnten schauen, dass wir gemeinsam gut aus dieser Krise herauskom­men, aber das ist nicht das, was Sie wollen.

Das, was Sie wollen, ist, dass Sie den Schutzherrn spielen von allen Verunsicherten (Abg. Belakowitsch: Sie könnten sich auch den Impfopfern stellen!), von allen Hard­coreimpfgegnern und nicht zuletzt auch von allen Rechtsextremen, die nur daran interessiert sind, unser Land zu destabilisieren. Das ist die traurige Wahrheit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen dafür bedanken, dass wir wirklich partei­übergreifend zusammenarbeiten können, wenn es um den Schutz der Bevölkerung geht. Ein Danke an alle, die wirklich mit Vernunft und Fakten gegen diese Pandemie kämpfen. Namentlich möchte ich Claudia Plakolm, Eva Maria Holzleitner und auch Claudia Gamon vom EU-Parlament erwähnen, dass wir gemeinsam in Verantwortung für unser Land aufgerufen haben, dass sich bitte auch Schwangere impfen lassen sollen, denn wir haben derzeit 130 Säuglinge wegen Covid auf der Intensivstation, und das ist mehr als erdrückend. Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

17.20

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.