15.25

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Was machen die Anpatzer? Auf Ibiza waren doch nur Gudenus und Strache! – Das konnten wir uns sehr oft anhören, wenn wir als SPÖ, als NEOS, als Grüne im Ibiza-Unter­suchungs­ausschuss identifizierten, dass es sehr oft primär die ÖVP war, die unter Türkis-Blau ihre Macht missbrauchte.

Und es war so – das zog sich quer durch alle Beweisthemen –: Die FPÖ hat oft noch geträumt, während die türkise ÖVP längst schon gehandelt hatte, und das nicht im Interesse der Menschen in diesem Land, nicht einmal im Interesse der Volkspartei, sondern allein im Interesse der türkisen Familie – who is: Sebastian Kurz und sein enges Umfeld. Deren Machtmissbrauch hatte und hat eine ganz andere Qualität als alles bisher in Österreich Gesehene – und das, obwohl wir leider schon einiges gewohnt sind.

Was war das neue Verstörende? – Die türkise Familie ist bereit, die Säulen der Demo­kratie zu attackieren, um sich zu schützen. Wann begann das? – Recht plump und offensichtlich kurz nach der ersten Zwangsmaßnahme bei Thomas Schmid, dem „Prä­torianer“ von Sebastian Kurz. Kurz danach gab es eben vom damaligen Kanzler Kurz ein Hintergrundgespräch, in dem er begann, die Wirtschafts- und Korruptions­staats­an­waltschaft zu diffamieren, also argumentfrei anzupatzen.

Es folgten mittlerweile unzählige Attacken bis zuletzt, besonders plump und offensicht­lich wenige Tage vor den Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt, im Finanzminis­terium und in der ÖVP-Parteizentrale. Diese Attacken vonseiten der ÖVP wurden mittler­weile auch von der Europäischen Kommission kritisiert – eben dergestalt, dass es hier ein politisches Störfeuer gegen Korruptionsermittler in unserem Land und auch per­sönlich gegen Staatsanwälte zu konstatieren gibt. Frau Kollegin Prammer, da Sie die Justizministerin so gerne und so oft loben: Diese hat hier meistens dazu geschwiegen – und jedes Mal war einmal zu viel.

Auch konkrete Einflussnahme auf Ermittlungen gegen die ÖVP haben wir im U-Aus­schuss identifiziert. Wir konnten durch das Aktenstudium herausarbeiten, dass es ein System Pilnacek gibt, das die ÖVP begünstigte seit Tag eins der Ermittlungen.

Der U-Ausschuss ermöglichte auch, dass wir die geschassten StaatsanwältInnen wie Frau Jilek anhörten, die meinte: „Mein Anspruch war es von Anfang an, das Ibiza­ver­fahren zügig, ergebnisoffen und frei von politischer Einmischung zu führen. Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass das [..] nicht geht. Die vollständige und unabhängige Auf­klärung des Sachverhalts innerhalb einer vertretbaren Verfahrensdauer ist nicht möglich. Es gibt einfach zu viele Störfeuer.“ – Wir mussten derartige Aussagen der Korruptions­ermittler lange hören und den Druck im Ausschuss mit vielen Argumenten aufrechter­hal­ten, bis die Justizministerin endlich einmal reagierte – und das meistens auch nur halb­herzig, Kollegin Prammer.

Der Druck aus dem U-Ausschuss heraus war also sehr wichtig, um die Störung der Ermittlungen gegen die ÖVP durch die ÖVP zu mildern, damit gegen alle in diesem Land effizient ermittelt werden kann, wenn ein ausreichender Tatverdacht besteht – und den gibt es gegen die ÖVP auch als Partei. Daher kam es zu Hausdurchsuchungen – ge­richtlich bewilligten! Nun wissen wir, warum die ÖVP bereit war, bei ihren Attacken gegen die Justiz so weit zu gehen, wie es noch nie eine Partei in Österreich in der Zweiten Republik getan hat: Sie wollte verhindern, dass öffentlich wird, dass sie schon längst getan hatte, wovon Strache auf Ibiza träumte, nämlich Einfluss auf die Medien zu nehmen.

„Zack, zack, zack“, sollte es laut den Träumen von Strache gehen, sobald die vermeint­liche Oligarchennichte die „Krone“ übernimmt. Was Strache nicht wissen konnte, war, wie weit das türkise System damals schon in der Umsetzung war. Über Scheinrech­nungen soll das BMF Umfragen bezahlt haben und mit Inseraten soll Einfluss auf die Berichterstattung genommen worden sein; das heißt, die Rolle der Oligarchennichte hat im türkisen System der Steuerzahler, die Steuerzahlerin, also wir, schon längst über­nommen – unwissend, unfreiwillig, getäuscht und betrogen.

In Wahrheit geht es aber nicht um das Strafrecht! Ist die türkise ÖVP nicht angetreten, um vermeintlich einen neuen Stil in die Politik zu bringen, in dem die Politiker Standards einhalten müssen, die über das Strafrecht hinausgehen, in dem man hochanständig agiert? (Beifall bei den NEOS.)

Um den Bruch dieses Versprechens geht es doch. Die 104 Seiten der HD-Anordnung zeichnen ein Sittenbild des moralischen Verfalls auf. Es wurde ein Charakter offenbar, der ein Bundesland aufhetzen will, weil er Mitterlehner keinen Erfolg gönnen kann und lieber mehr Geld für Kinderbetreuung begräbt. Wo ist der neue Stil?

Das Bild ist vielmehr das: Sebastian Kurz hat sich erst mit Steuergeld die Macht in der ÖVP gekauft und dann eine Wahl. Das ist kein österreichischer Filz zwischen Politik und Medien, das ist Demokratieverrat durch ein mächtiges System. Ein System besteht nicht aus einem Pilnacek oder einem Kurz, ein System besteht nicht nur aus einer Person, und es gehört weiter untersucht und durchleuchtet – so auch das türkise System, dessen machtgetriebenes Tun restlos aufgeklärt gehört und gegen das auch effizient ermittelt werden können muss – ohne Störfeuer –, auch wenn es die ÖVP ist. Das wird der Fokus des neuen Untersuchungsausschusses sein, denn dann wissen die Menschen in unse­rem Land, womit sie es bei dieser neuen Volkspartei zu tun haben.

Österreich braucht einen Neustart und hat ihn verdient – für ein neues, sauberes Öster­reich. (Beifall bei den NEOS.)

15.31

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.