16.59

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollegin Plakolm, weiterwurschteln – der Ausdruck, den Sie gerade verwendet haben – ist, glaube ich, das richtige Wort, denn das, was hier passiert, sind lediglich Lippenbekenntnisse, wenn Sie sich alle so euphorisch bei denje­nigen, die in der Pandemie in den Gesundheitsberufen ihre Frau, ihren Mann stehen, bedanken. Im Budget sieht man davon leider gar nichts, und das ist wirklich traurig. (Bei­fall bei der SPÖ.)

ÖVP und FPÖ sind leider ein gefährliches Duo, wenn es darum geht, Lösungen in einer dramatischen Situation zu finden. Sie beide stehen auf der exakt selben Stufe der Ver­antwortungslosigkeit und Realitätsverweigerung, nur mit unterschiedlichen Zugängen.

Es ist jedoch vor allem Ihre Aufgabe – nämlich die Aufgabe der Regierung –, in Zeiten einer Pandemie dieses Land sicher zu führen. Als „beschämend niedrig“ haben Sie, Herr Bundeskanzler, der Sie gerade am Handy lesen, die Impfrate bezeichnet – beschämend niedrig ist die Kompetenz, die in dieser Regierung herrscht. Seit knapp zwei Jahren di­lettieren Sie hier herum und schaffen es nicht, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir sind bei den Infektionszahlen mittlerweile beschämendes Schlusslicht in der gesam­ten Europäischen Union, und was machen Sie in dieser dramatischen Situation? – Sie setzen sich nicht innerhalb dieser gescheiterten Regierung zusammen und versuchen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, nein, die ÖVP übt Rache an den Grünen, weil diese ihren Messias in Verkörperung von Sebastian Kurz aus dem Kanzleramt geschos­sen haben! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Herr Bundesminister Mückstein, ich habe genau an dieser Stelle vor genau dieser Rache gewarnt. Diese Rache fällt in ÖVP-Manier sehr, sehr bitter aus, nämlich vor allem für die Bevölkerung. Von Kindern auf Intensivstationen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl) über Triageteams bis hin zu völlig überlastetem Gesundheitspersonal – die Liste Ihres tragischen Taumelns ließe sich endlos fortführen.

Die Bevölkerung erwartet sich zu Recht seitens der Politik Planungssicherheit, Rechtssi­cherheit, aber auch Entscheidungen, die länger als nur 5 Minuten halten. Herr Gesund­heitsminister, zur Verordnung vom Sonntag ist bereits jetzt eine Novelle notwendig. Das zeigt, wie wenig durchdacht das, was Sie hier tun, ist.

Auch Sie, Herr Gesundheitsminister, sind gescheitert, denn Sie sind seitens der Verfas­sung mit allen Möglichkeiten ausgestattet, rechtzeitig Maßnahmen – und vor allem wirk­same Maßnahmen – zu veranlassen, stattdessen tragen Sie Ihren internen Koalitions­streit auf Kindergartenniveau auf offener Bühne aus und erreichen damit lediglich eines, nämlich eine ohnehin verunsicherte Bevölkerung noch mehr zu verunsichern, geschätz­te Damen und Herren!

„Krieg in der Regierung“ lautete gestern eine Schlagzeile. – Ja, sagen Sie, schämen Sie sich nicht für solche Schlagzeilen? Schämen Sie sich nicht für diese vielen vermeidbaren Todesfälle? Schämen Sie sich nicht für die Verzweiflung, die Sie in so vielen Branchen stiften? (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Einen besonders schlimmen Beitrag zur Verunsicherung in Österreich leistet mit großer Beständigkeit auch unsere Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Sie ist heute nicht hier, doch man darf sie in dieser Versagensreihe nicht unerwähnt lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Jetzt gibt es eine Reisewarnung seitens Deutschland. Sie, die Ministerin, war es, die einen erfolgreichen Landeshauptmann und Bürgermeister im Sommer gemaßregelt hat, seine Maßnahmen als „absurd“ bezeichnet hat. – Was be­zeichnen Sie jetzt als absurd, Herr Bundeskanzler, wenn der größte, wichtigste Ge­schäftspartner und die wichtigsten Tourismusgäste uns auf die Liste jener Länder set­zen, die als nicht bereisenswert gelten?

Sehr geehrte Bundesregierung! Österreich war ein Land, das weit über die Grenzen hi­naus hohes Ansehen genossen hat. Mittlerweile haben Sie diesen Ruf schwer beschä­digt.

Schwer beschädigt ist, wie ich bereits erwähnt habe, auch die Tourismusbranche. Sie steht zum wiederholten Male vor einem Trümmerhaufen. Alle Versprechen, alle Zusagen samt Zigmillionen teuren geplanten Winterzauberwerbekampagnen können in den Mist­kübel geworfen werden, weil sie das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Anstelle eines Sommers wie damals wird es einen Winter wie voriges Jahr geben.

Auch die Hoteliervereinigung zeigt sich fassungslos über Ihr Missmanagement. Ich zi­tiere: „[...] unsere Lager sind voll, unsere Teams und Gäste sind geimpft. Aber das hilft nicht, wenn es rundherum an allem mangelt“. – Es mangelt vor allem an Sinn und Ver­stand, es mangelt an Mut und Durchsetzungskraft und es mangelt am Willen, die Bevöl­kerung miteinzubinden und zu einen.

Sie verschlafen den gesamten Sommer und wollen dann bei der Bevölkerung die Zügel straffer ziehen. Das Einzige, was straffer gezogen werden muss, sind die Zügel bei Ih­nen, werte Bundesregierung, denn so etwas hat sich Österreich wirklich nicht verdient. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

17.05

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.