10.52

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Wirtschafts­ministerin! Hohes Haus! Wir haben es in der Aktuellen Stunde schon gesagt: Die Maßnahmen der Regierung sind ineffizient, weil sie einen Fleckerlteppich ergeben. Es sind viele, viele kleine Pflaster, die Sie da draufpicken, die aber letztendlich nichts gegen die Teuerung und nichts dafür, dass das Problem wirklich langfristig gelöst wird, tun. Deswegen fordern wir die Abschaffung der kalten Progression. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe es in meiner vorherigen Rede schon dargelegt: Es geht heute um den Energiekostenausgleich, und das ist eben auch wieder so ein einzelner Teil, zu dem wir sagen: Ja, meine Güte, das wird langfristig schlicht und einfach nicht funktionieren. Wir haben auch letzten Monat darüber gesprochen, was wir kurzfristig noch machen könnten, und da habe ich einen Antrag zur Streichung der Energieabgaben eingebracht. Na, mehr hat es nicht gebraucht! Die Kollegen Hammer und Litschauer haben mich durchs Dorf getrieben. Die haben sich hier im Plenum darüber mokiert, was denn die NEOS, um Gottes willen, für Umweltsünder sind. – Das ist einen Monat her. Jetzt machen Sie es selber – ich finde, es ist ein guter Vorschlag, man sollte das tun –, und was Sie zusätzlich noch machen, ist, das Pendlerpauschale zu erhöhen. Man würde sich wünschen, dass die Grünen in der Regierung wären. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rauch:  ... sitzt ja keiner mehr! Sind ja alle neu!)

Was natürlich ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist und was heute auch ein wenig ent­täuschend ist, ist, dass wir seit Anfang dieser Plenarsitzung zwar über die teure fossile Energie reden, aber über den Brandbeschleuniger der Energiekrise haben wir eigentlich nicht gesprochen. Der Krieg in der Ukraine ist eine unfassbare humanitäre Katastrophe. Er ist ein abscheuliches Verbrechen gegen die Menschen, gegen die Menschlichkeit und vor allem auch gegen die europäischen Werte. Ja, die Sanktionen haben jetzt natürlich Auswirkungen, schmerzhafte Auswirkungen auf Europa und auch auf Österreich, wie zum Beispiel das teure Erdgas.

Das, meine Damen und Herren, wird sich auch so schnell nicht ändern. Diese Teue­rungen werden nicht morgen vorbei sein, die werden bleiben. Man hört jetzt schon, dass es Berechnungen von Wirtschaftsforschern gibt, die besagen, dass auch die Inflation hoch bleiben wird.

Was mir auch wichtig ist – darüber wird im Augenblick immer recht elegant hinweg­diskutiert –, ist, dass es natürlich eine Verantwortlichkeit dafür gibt, dass die Abhängig­keit von russischem Gas in Österreich so überproportional hoch ist. Österreich ist das einzige Land in der Europäischen Union, das eine 90-prozentige Abhängigkeit von rus­sischem Gas hat. Warum ist das so? – Weil eine Clique von Politikern, eine Clique von OMV-Managern und ein paar Wirtschaftskämmerer aus Eigeninteresse das Land in diese gefährliche Abhängigkeit getrieben haben. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Meine Damen und Herren, deswegen überweisen wir im Augenblick 13 Millionen Euro pro Tag nach Russland und finanzieren damit ein Regime, das einen Angriffskrieg in Europa führt. Was macht die Bundesregierung, anstatt wirklich entschlossen zu han­deln? – Viel Getöse und viel Wind.

Warum sage ich das? – Schauen wir uns an, was konkret in den letzten paar Wochen passiert ist: Die Rohstoffministerin jettet in die Emirate, was – das sagen die Experten, nicht wir – komplett sinnlos ist. Die Wirtschaftsministerin, die heute auch hier ist, beob­achtet die Entwicklungen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, sehr gut. Die Klimaministerin macht zumindest ein paar Alibigesetze und sagt: Wir sollten die Erneuerbaren aus­bauen! – Das ist ja toll. Der Finanzminister kommt mit ein paar Zuckerln, die das Problem nicht wirklich an der Wurzel packen. Und der Vizekanzler, meine Damen und Herren, ist, finde ich, in letzter Zeit irgendwie vollkommen abgetaucht, oder?

Was wäre also zu tun? – Auf den Punkt gebracht: alles, um die Abhängigkeit von rus­sischem Gas so schnell wie möglich abzubauen. Das wäre zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

Noch einmal: Diese Abhängigkeit ist kein Naturgesetz (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger), und wir NEOS werden diese Sache und diese Situation auch nicht akzeptieren. Weiters werden wir nicht akzeptieren, dass niemand politische Verantwortung dafür übernimmt, dass diese bewusst herbeigeführte Abhängigkeit von russischem Gas hausgemacht ist. Wir werden auch nicht akzeptieren, dass es keine ernsthaften Bemühungen gibt, vom russischen Gas wegzukommen.

Ja, wir wollen die Abschaffung der kalten Progression – Kollege Schwarz hat, glaube ich, inzwischen verstanden, warum das so wichtig ist, er hat es ja auch selber aus­geführt –, das ist aber wirklich bei Weitem nicht das Einzige, das wir fordern. Die Regierung hat es offenbar nicht geschafft, deswegen haben wir mit Experten einen Maßnahmenplan ausgearbeitet, den ich jetzt gleich vorstellen werde.

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aktionsplan für den Ausstieg aus russischem Gas“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert umgehend einen Aktionsplan für Ausstieg aus russischem Gas vorzulegen, welcher folgende Punkte umfasst:

- Maßnahmen zur deutlichen Beschleunigung von UVP Verfahren für erneuerbare Ener­gieprojekte und Energieinfrastrukturen inkl. verbesserter Verfahrensbegleitung und Ressourcen

- Eine weitere, deutliche Aufstockung der Fördermittel für die thermische Sanierung von Wohn- und Bürogebäuden;

- Ein massives Sanierungspaket für den Bundesgebäudebestand;

- Die Ermöglichung von Investitionsförderungen für geothermische Strom- und Wärme­produktion

- Den Abbau von Bürokratie sowie die Überarbeitung und Vereinfachung behördlicher und rechtlicher Vorgaben für die Geothermie, insbesondere des MinroG

- Ausbau der Unterstützung von Pilotprojekten und Forschung bei der Dekarbonisierung und bei der Anwendung von Wasserstoff und biogenen Gasen in Industrieprozessen

- Die Ermöglichung von Co-Finanzierungsmodellen für Mieter und Vermieter, wobei Energie-Effizienzmaßnahmen über Heizkostenersparnis mitfinanziert werden können

- Eine verbesserte steuerliche Abschreibbarkeit der Kosten von Energieeffizienz­maß­nahmen, vor allem bei der Sanierung von Wohngebäuden und Mietwohnungen

- Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Novelle des Wärmegesetzes bis 15. April 2022

- Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Gaspakets bis 15. April 2022

- Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Wasserstoffstrategie bis spä­testens 31. Mai 2022

- Die Vorlage einer Novelle des Energieeffizienzgesetzes bis spätestens 31. Mai 2022

- Ein ambitioniertes Maßnahmenpaket gegen den Fachkräftemangel in der Energie­branche sowie eine entsprechende Überarbeitung der Ausbildungspläne sowie

- Die Schaffung von 15A Vereinbarungen mit den Bundesländern um

-- Widmungsprozesse zu beschleunigen und zu unterstützen,

-- die Energieraumplanung voranzutreiben,

-- verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare festzulege,

-- Bauordnungen anzupassen um die Installation von PV-Anlagen und Wärmepumpen sowie thermische Sanierungen zu forcieren sowie

-- den Gasausstieg bei Neubauten auf Mitte 2023 vorzuziehen.“

*****

So, und jetzt möchte ich noch einmal von Kollegen Schwarz hören, wir hätten keine Vorschläge. Das wäre ein bewusstes, ein entschlossenes Handeln. Ich möchte Sie hier­mit auch auffordern, das rasch umzusetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aktionsplan für den Ausstieg aus russischem Gas

eingebracht im Zuge der Debatte in der 147. Sitzung des Nationalrats über Ener­giekostenausgleich (1377 d.B.) – TOP 1

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar hat Russland die Ukraine auf mehreren Fronten mit massiver militärischer Gewalt angegriffen. Obgleich dieser Überfall nur eine weitere Etappe in einer Serie von unprovozierten Völkerrechtsverletzungen beginnend mit der Invasion der Halbinsel Krim 2014 darstellt, so repräsentiert sie doch eine neue Dimen­sion in diesem Konflikt. Russland führt nun einen unverschleierten Krieg gegen ein völ­kerrechtlich – und bis vor kurzem auch von Russland – anerkanntes Nachbarland. Da der ukrainische Widerstand gegen diesen Angriffskrieg weit heftiger und kompetenter ist, als dies vonseiten Russlands wohl erhofft war und die internationale Reaktion auf die Invasion relativ geschlossen und konsequent war, kann sich die russische Führung unter Putin kaum noch gesichtswahrend zurückziehen. Dies hat innerhalb weniger Tage zu einer vollkommenen Eskalation des Kriegs geführt inklusive tausender ziviler und militärischer Toter, mehrerer Millionen Flüchtlinge und unfassbarem menschlichen Leid.

Der russische Angriffskrieg ist von der internationalen Staatengemeinschaft nahezu ein­stimmig verurteilt worden und Russland sowie seine Führung um Vladimir Putin wur­den von der EU und vielen weiteren Staaten mit harten Wirtschaftssanktionen belegt, welche bereits nach wenigen Wochen erheblichen Druck auf Russland und seine Wirtschaft verursachen. Allerdings wurde schon im Vorfeld des Krieges klar, dass sich Europa in den letzten Jahrzehnten in eine viel zu große Abhängigkeit von russischen Energie­im­porten manövriert hat, was die Handlungsfähigkeit der EU deutlich reduziert, die wirt­schaftliche und militärische Verwundbarkeit stark erhöht und Russland eine ver­lässliche Einnahmequelle zur Finanzierung des Angriffskriegs garantiert.

Österreich ist aufgrund des jahrelangen, kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um die Abhän­gig­keit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am Ende des Winters fast leeren Speicher umgehend Lenkungs­maßnahmen notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten Men­gen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.

Wir befinden uns deshalb in der moralisch äußerst schwierigen und inakzeptablen Situ­ation, dass wir bei Versorgungsstopp vor einem massiven wirtschaftlichen Einbruch und Destabilisierung unserer Energieversorgung stehen und der Tatsache, dass jeder m³ Gas, welcher weiterhin aus Russland nach Österreich fließt, einen furchtbaren Angriffs­krieg ohne Rücksicht auf Zivilisten finanziert und die Taschen eines Regimes füllt, welches brutal gegen interne Kriegsgegner vorgeht und mittlerweile offen über "Säu­berungen" spricht.

Diese Situation ist für uns absolut inakzeptabel. Es ist inakzeptabel, dass die Gasrech­nung einer Wiener Pensionistin, oder Industrieprozesse in Oberösterreich Bomben auf Kiev mitfinanzieren. Umso erstaunlicher ist es, dass die Regierung mehrere Wochen nach Ausbruch dieses Kriegs sich entweder noch in Schockstarre befindet, oder keinerlei Dringlichkeit verspürt zu handeln. Wir legen deshalb, nach intensiver Beratung mit der Energiewirtschaft, der Industrie, des Gewerbes und der Wissenschaft einen Aktions­plan­gegen russisches Gas vor.

1) Stagnation beim Ausbau der Erneuerbaren beenden und unser Energiesystem zukunftsfit machen!

Einer der wichtigsten Schritte zur Reduktion der Abhängigkeit von russischem Gas ist der massive Ausbau erneuerbarer Energieträger, um sowohl bei der Strom- als auch Wärmeproduktion Alternativen zum Gas zu haben. Diese Tatsache ist auch von der Regierung bzw. der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nun mehrfach betont worden. Allerdings wurde in den Wochen seit Kriegsbeginn weder ein konkreter Plan vorgelegt welche Schritte in den nächsten Wochen gesetzt werden können, noch dargelegt wie die bisherigen Hindernisse beim Ausbau der Erneuerbaren beseitigt werden sollen. Dabei kommuniziert die Branche klar, was sie braucht: Entlastung bei Bürokratie, schnellere Verfahren, weniger Hindernisse auf Landesebene und ausreichend Fachkräfte.

2) Grundlagen für eine massive Ausweitung der Biogasproduktion schaffen!

Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren ist die massive Ausweitung der Biogasproduktion in Österreich notwendig um fossiles Erdgas zu ersetzen. Wir wollen vermeiden, dass Importe von einem problematischen Regime mit Importen aus einem anderen autoritären oder menschenrechtlich fragwürdigen Staat ersetzt werden. Biogas kann in Österreich aus Lebensmittelresten, Viehmist oder Abfallprodukten der Land- und Forstwirtschaft gewonnen werden und laut verschiedener Untersuchungen ohne Probleme einer Rohstoffkonkurrenz mit anderen Sektoren bis zu 10-15TWh Energie pro Jahr bereitstellen. Hier würde auch nahezu die gesamte Wertschöpfung in Österreich bleiben. Die Potentiale von Biogas bei der Diversifizierung unserer Gasversorgung wur­den sowohl von der Klimaschutzministerin als auch von der Landwirtschaftsministerin bereits mehrfach seit Kriegsbeginn angesprochen. Allerdings ist keinerlei ernsthaftes Bemühen ersichtlich die für den Ausbau der Biogasproduktion und die verstärkte Nut­zung dringend notwendigen und seit Jahren ausständigen Gesetzesmaterien und Stra­tegien vorzulegen.

3) Potentiale der Geothermie entfesseln!

Die tiefe Geothermie wurde bisher in der österreichischen Wärmeproduktion bisher trotz großer Potentiale weitgehend vernachlässigt. Dies ist insofern zutiefst unverständlich, da verschiedene Formen der Geothermie in jenen Staaten, welche fast 100% ihres Strom- und Wärmebedarfs erneuerbar decken (Costa Rica und Island), eine tragende Rolle spielt. Zusätzlich hat die Geothermie Vorteile, welche sie eine ideale Ergänzung zu anderen erneuerbaren Energieträgern macht (Grundlastfähigkeit, Witterungs­unab­hängigkeit, niedriger Flächenbedarf etc.).

Als häufigste Gründe für die politische Vernachlässigung der Geothermie werden vor allem ungünstigere heimische geologische Grundvoraussetzungen sowie hohe Inves­titionskosten genannt. Obwohl nicht mit Island oder Costa Rica vergleichbar, besitzt Österreich wider Erwarten durchaus vorteilhafte geographische Voraussetzungen, etwa in der - nicht zufällig so genannten - Thermenregion Südostösterreichs. Außerdem gibt es mittlerweile signifikante Fortschritte bei der sogenannten tiefen Geothermie bzw. bei der "Hot Dry Rock" Technologie, welche in der Energiegewinnung wesentlich unab­hängiger von günstiger Geologie ist. Eine weiterer Startvorteil für die heimische Geo­thermie wäre die Tatsache, dass Österreich sowohl beim wissenschaftlichen als auch beim wirtschaftlichen Know-How auf bereits vorhandene Strukturen, Universitäten und Unternehmen zurückgreifen kann.

Das Potential der österreichischen Geothermie wird aber auch durch rechtliche Hin­dernisse und Unklarheiten sowie langwierige Verfahren behindert. Aber aufgrund der Tatsache, dass wir beim Ausstieg aus russischem Gas keinerlei Potentiale ignorieren können und hier auch eine enorme Chance für die heimische Wirtschaft schlummert, ist ein Umdenken und Handeln dringend notwendig.

4) Ausstieg der Industrie aus fossilem Gas unterstützen!

Der Ausstieg aus russischem Gas ist eine riesige Herausforderung für unsere Industrie. Derzeit benötigt sie ca. 31 TWh Erdgas, was etwa 1/3 unseres Gesamtbedarfs ent­spricht. Besonders betroffen sind hier vor allem die Papierindustrie, die chemische Industrie sowie die Eisen- und Stahlerzeugung, doch darüber hinaus sind viele weitere Branchen von hohem Bedarf geprägt und leiden unter hohen Preisen und der derzeitigen Unsicherheit. Viele Prozesse können nur mit hohen Investitionen umgestellt oder ener­giesparender gestaltet werden, vielfach gibt es aber auch einfach keine Alternativen zu gasförmigen Energieträgern, welche nach und nach mit biogenem Gas oder Wasserstoff ersetzt werden müssen. Bereits jetzt sind unsere Industriebetriebe bei der Dekarboni­sierung internationale Vorreiter und aufgrund des europäischen Emissionshandels zu Innovationen im Umgang mit Energie angehalten. Hier gilt es einerseits den durch die Politik verursachten Standort-Nachteil aufgrund der kompletten infrastrukturellen Anbin­dung an russisches Gas wettzumachen, andererseits dafür zu sorgen, dass zehntau­sende Arbeitsplätze gesichert werden.

Gerade deshalb ist es völlig unverständlich, dass die Regierung nicht bereits an einem umfassenden Maßnahmenpaket arbeitet um umgehend erste Schritte zu setzen um unsere von Gasimporten stark abhängige Industrie dabei zu unterstützen aus fossilem Erdgas auszusteigen und damit sowohl deren Existenz abzusichern, als auch eine Basis für eine nachhaltige, klimaneutrale Industrie zu legen.

5) Sanierungsrate endlich erhöhen!

Gerade bei den Haushalten und dem Dienstleistungssektor, welche momentan insge­samt ca. 20TWh Erdgas verbrauchen, könnte durch eine Erhöhung der thermischen Sanierungsrate der Energiebedarf um über die Hälfte reduziert werden. Gerade bei hohen Energiepreisen amortisieren sich thermische Sanierungen innerhalb kurzer Zeit­räume und die Regierung hat bereits signifikante Fördermittel hierfür zur Verfügung gestellt. Allerdings stagniert die Sanierungsrate in Österreich weit unter den ange­strebten 3%. Der Grund hierfür sind nicht nur fehlende Fördermittel, sondern mangelnde steuerliche Anreize, fehlende Modelle zur geteilten Finanzierung von Mietern und Vermietern, Fachkräftemangel und hohe Lohnkosten für Unternehmen sowie eine öffent­liche Hand die bei ihrem Gebäudebestand keinerlei Vorbildwirkung zeigt.

Obwohl ein sowohl die Europäische Kommission als auch die Internationale Ener­gieagentur in ihren Vorschlägen die europäische Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren die Wichtigkeit von thermischen Sanierungen betonen, und dies gerade in Österreich die sozialen Folgen hoher Gaspreise beträchtlich reduzieren könnte, hat die Regierung auch mehrere Wochen nach Kriegsbeginn noch keinen Plan vorgelegt wie die Sanierungsrate rasch erhöht werden kann und wie die bisher bestehenden Hinder­nisse beseitigt werden können. Hier gilt es nicht nur weitere Fördermittel zu mobilisieren, sondern auch die Rahmenbedingungen zu verbessern, Länder in die Pflicht zu nehmen und vor allem auch endlich

6) Gasausstieg bei der Raumwärme vorziehen!

Während es bei vielen Industrie- und Produktionsprozessen oder bei der grundlast­fähigen Stromerzeugung vergleichsweise schwierig sein wird, schnell auf gasförmige Energieträger zu verzichten, kann gerade bei der Raumwärme umgehend begonnen werden großflächig auf Alternativen umzusteigen. Ein erster, wichtiger Schritt in Rich­tung aus der Abhängigkeit von russischem Gas, ist ein politisches Bekenntnis zur Tat­sache, dass man selbst mit einer stärkeren Diversifizierung der Gasversorgung sowie erhöhten heimischen Biogasproduktion, eine schnelle Reduktion des Gasbedarfs von­seiten der Haushalte notwendig ist. Hier ist es unumgänglich, dass keine neuen Kunden ans Gasnetz angeschlossen werden und bei Renovierungen, nur dort wo alternativlos mit effizienteren Modellen ersetzt werden kann.

Schon vor Kriegsausbruch wurde aufgrund der hohen Gaspreise und deren sozialer Folgen klar, dass es ein erhebliches wirtschaftliches und soziales Risiko ist, unsere Wohnungen mit Energieimporten aus instabilen Weltregionen warm zu halten. Der Gasausstieg war aus klimapolitischen Gründen ohnehin bereits vorgesehen, spätestens jetzt sollte es aber klar sein, dass wir hier bedeutend schneller handeln müssen als geplant. Es ist vollkommen unverständlich, warum die Regierung zögert eine ent­sprechende Vereinbarung mit den Ländern zu schaffen.

7) Fachkräftemangel endlich beheben!

Egal ob bei der Installation von Wärmepumpen, bei der Montage von PV-Anlagen, beim Verlegen von Erdkabeln oder bei der Produktion von Biogas: Fast alle Unternehmen klagen von einem Mangel an geeignetem Fachpersonal sowie teilweise veralteten Lehr- und Ausbildungsplänen, während Kund_innen von monatelangen Wartezeiten für wich­tige Sanierungen oder den Ersatz einer Gasheizung warten. Selbst bei perfekten ener­giepolitischen Plänen und Gesetzen werden wir keine Fortschritte machen, wenn Per­sonal für die Umsetzung nicht vorhanden ist.

Diese Handlungsfelder sind weder neu, noch unlösbar, sofern der politische Wille besteht. Teilweise müssten sogar einfach nur Vorhaben des Regierungsprogramms endlich umgesetzt werden. Österreich hat sich mehr oder weniger bewusst in eine ener­giepolitische Abhängigkeit von einem Regime manövriert, welches jetzt 1000de Tote auf dem Gewissen hat und unsere Volkswirtschaft zig Milliarden an Importen gekostet hat. Wir müssen hier sofort beginnen gegenzusteuern. Ein weiteres Zögern ist nicht recht­fertigbar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert umgehend einen Aktionsplan für Ausstieg aus russischem Gas vorzulegen, welcher folgende Punkte umfasst:

•           Maßnahmen zur deutlichen Beschleunigung von UVP Verfahren für erneuerbare Energieprojekte und Energieinfrastrukturen inkl. verbesserter Verfahrensbegleitung und Ressourcen

•           Eine weitere, deutliche Aufstockung der Fördermittel für die thermische Sanie­rung von Wohn- und Bürogebäuden;

•           Ein massives Sanierungspaket für den Bundesgebäudebestand;

•           Die Ermöglichung von Investitionsförderungen für geothermische Strom- und Wärmeproduktion

•           Den Abbau von Bürokratie sowie die Überarbeitung und Vereinfachung behörd­licher und rechtlicher Vorgaben für die Geothermie, insbesondere des MinroG

•           Ausbau der Unterstützung von Pilotprojekten und Forschung bei der Dekarboni­sierung und bei der Anwendung von Wasserstoff und biogenen Gasen in Industrie­prozessen

•           Die Ermöglichung von Co-Finanzierungsmodellen für Mieter und Vermieter, wobei Energie-Effizienzmaßnahmen über Heizkostenersparnis mitfinanziert werden können

•           Eine verbesserte steuerliche Abschreibbarkeit der Kosten von Energieeffizienz­maßnahmen, vor allem bei der Sanierung von Wohngebäuden und Mietwohnungen

•           Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Novelle des Wärme­gesetzes bis 15. April 2022

•           Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Gaspakets bis 15. April 2022

•           Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Wasserstoffstrategie bis spätestens 31. Mai 2022

•           Die Vorlage einer Novelle des Energieeffizienzgesetzes bis spätestens 31. Mai 2022

•           Ein ambitioniertes Maßnahmenpaket gegen den Fachkräftemangel in der Energiebranche sowie eine entsprechende Überarbeitung der Ausbildungspläne sowie

•           Die Schaffung von 15A Vereinbarungen mit den Bundesländern um

o          Widmungsprozesse zu beschleunigen und zu unterstützen,

o          die Energieraumplanung voranzutreiben,

o          verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare festzulege,

o          Bauordnungen anzupassen um die Installation von PV-Anlagen und Wärme­pumpen sowie thermische Sanierungen zu forcieren sowie

o          den Gasausstieg bei Neubauten auf Mitte 2023 vorzuziehen."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, auch ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Strasser. Bei ihm steht das Wort.  Bitte, Herr Abge­ordneter.