13.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wie in der letzten Plenar­sitzung haben wir auch heute wieder ein Paket an Vorschlägen vorgelegt bekommen, die niemand umsetzen würde, wenn er in der Regierung wäre, die nämlich auch Klub­obfrau Rendi-Wagner nicht umsetzen würde, wenn sie in der Regierung wäre. Es ist ein Wünsch-dir-was-Paket, es ist billiger Bassenapopulismus. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da möchte ich schon noch etwas geraderücken, das von manchen Rednern ein bisschen verdreht worden ist: Die Inflation gibt es nicht wegen des Ukrainekriegs und nicht erst seit dem Ukrainekrieg. Der Krieg verstärkt die Problematik, sie war aber vorher schon da und sie wird auch noch länger bleiben. Was heißt das aber? – Weil die Inflation noch länger bleiben wird, brauchen wir Maßnahmen, die langfristig wirken und über einen Ein­maleffekt, über einen Gutschein, den man jemandem in den Briefkasten wirft, hinaus­gehen, weil damit langfristig überhaupt nichts gelöst ist. Wir brauchen Maßnahmen, die wir über einen längeren Zeitraum durchhalten können und die dauerhaft helfen.

Da ist ein Element in diesem SPÖ-Konvolut, an das ich anknüpfen möchte, um beim Guten zu beginnen: Ja, die Lohnsteuer ist zu hoch, das ist richtig. Es hilft aber nicht, wenn man einmalig die Lohnsteuersätze senkt, sondern es braucht diese Automatik, die ganz viele Länder haben: Die Schweiz, Spanien, die Niederlande, Dänemark, Norwe­gen, Schweden, ja sogar Mexiko und Chile haben die kalte Progression abgeschafft. Dort gehen die Steuerstufen immer mit der Inflation hinauf.

Was bedeutet denn die kalte Progression für den Erwerbstätigen in dieser Phase? – Wenn Rainer Wimmer und seine Gewerkschafter sich durchsetzen und die Elektronik­industrie die geforderten 6 Prozent KV-Erhöhung zahlen muss, dann bekommen die Arbeiter und Angestellten in der Elektronikindustrie 4,2, 4,5 Prozent von den 6 Prozent, der Finanzminister und die Sozialversicherung aber bekommen eine Erhöhung um 7,2 Prozent. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das heißt, die richtigen Abkassierer sind das Finanzamt und die Sozialversicherung, und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bleibt viel weniger. (Beifall bei den NEOS.) Daher müsste ja auch die Arbeitnehmerseite für die Abschaffung der kalten Progression sein. Das ist ein gemeinsames Anliegen der Erwerbstätigen und der Arbeitgeber, weil ja auch die Chefs wollen, dass ihre Mitarbeiter mehr verdienen und dass diese kalte Progression abgeschafft wird.

Ganz bemerkenswert war an diesem Wochenende übrigens die Arbeiterkammer, zu der ich ja kein wahnsinnig inniges Verhältnis pflege. Ich verfolge aber genau, was sie tut. Die Arbeiterkammer hat festgestellt: Die Sparer sollten ihr Geld nicht auf dem Konto liegen lassen, sondern sollten sich andere Anlageformen überlegen, beispielsweise einen Bausparvertrag, aber auch Gold und Aktien. Bitte, die Arbeiterkammer hat emp­fohlen, man möge in Aktien investieren! Da war nicht die Rede von Fonds, sondern von Aktien. Das finde ich ja klug, dass auch die von der AK erkennen: Mit dem Sparbuch verreckt einem der Wert des Geldes, man muss es woanders hingeben.

Ganz viele Menschen haben das schon lange begriffen und haben in der Coronakrise irgendwo ein Wertpapierdepot eröffnet und legen ihre Ersparnisse dorthin. Da haben sie wenigstens die Chance auf Ertrag. Auf der Bank haben sie nicht die Chance auf Ertrag, sondern die Sicherheit, dass ihr Geld an Wert verliert.

Was bedeutet das aber? – Wenn Sie – weil die Inflation im letzten Monat 7 Prozent betragen hat – 7 Prozent Inflation wettmachen wollen, muss Ihr Wertpapierdepot eine Performance von 9,65 Prozent machen, weil ja 27,5 Prozent KESt abgezogen werden, wenn Sie es realisieren. Das heißt, der kleine Sparer, der mit einem normalen Depot einfache Fondspapiere kauft, braucht eine Performance von 9,65 Prozent, damit er eine Inflation von 7 Prozent wettmachen kann.

Sie zwingen mit Ihrem Festhalten an der Kapitalertragsteuer auf jeden mickrigen Wert­papierertrag die Leute in riskante Investments. Das sind die Roten, die gegen die Abschaffung der fixen KESt - - (Abg. Stöger: Und der Arbeitnehmer, der arbeitet, hat ...!) – Ja, der Arbeitnehmer hat seine Ersparnisse in so ein Depot gelegt, Kollege Stöger. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „KESt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, umgehend eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten zu erarbeiten.“

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Davon hat nämlich auch der Kleine etwas.

Dann noch zum Brachialpopulismus der SPÖ: Da wird gesagt, man hätte die Miet­erhöhung aussetzen müssen. – Da geht es um die Richtwertmieten, und das betrifft 12 Prozent der Mieter. Was ist mit den anderen 88 Prozent? Wissen Sie, Sie picken immer so etwas Kleines heraus und denken nicht ans große Ganze. Oder es heißt, das Arbeitslosengeld müsse man auf 70 Prozent erhöhen. – Da frage ich mich, warum die vielen Sozialminister, darunter ja Alois Stöger, das Arbeitslosengeld nicht auf 70 Prozent erhöht haben, wenn das so eine super Idee wäre. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP.) In Wirklichkeit würde das bedeuten, dass man mit Arbeitslosengeld plus geringfügiger Beschäftigung in vielen Fällen mehr als vorher bei der Arbeitstätigkeit hätte, und daher darf das nicht so kommen, wie Sie das in Ihrem Brachialpapier heute vorgelegt haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend KESt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 151. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, MSc betreffend Teuerung auf Rekordniveau - daher umfassende und rasch wirksame Maßnahmen jetzt!

In dem seit gut einem Jahrzehnt bestehenden Niedrig- bzw. Nullzinsumfeld zahlt sich eine Veranlagung von Ersparnissen auf dem Sparbuch nicht mehr aus - im Gegenteil. Selbst bei den zwischen 2012 und 2020 durchgängig niedrigen jährlichen Inflationsraten von nie mehr als 2,4% (einmalig 2012, ansonsten darunter; Statistik, Austria) führt das dazu, dass auf Sparbüchern eingezahlte Ersparnisse an Wert verlieren.

Angesichts der aktuellen Inflationsprognosen von um die 6% für 2022 (5,7% laut WIFO März-Prognose) führt eine Veranlagung auf dem Sparbuch mittlerweile zu einer Ent­eignung durch die Hintertür. Sogar die Arbeiterkammer(AK) empfiehlt eine Veranlagung in Wertpapieren, weil sich über niedrig verzinste Spareinlagen der Verlust durch die Inflation ansonsten nicht mehr ausgleichen lässt (https://help.orf.at/stories/3212339/).

Immer mehr Österreicher_innen aller Einkommensniveaus veranlagen daher in den letz­ten Jahren in Wertpapiere, um ihre hart erarbeiteten Ersparnisse vor der unglückseligen Kombination von Niedrigstzinsen und Inflation zu schützen. Dabei nehmen sie zuguns­ten höherer Renditen bewusst auch höheres Risiko in Kauf. Nachdem der Staat bereits über die Lohn- und Einkommenssteuer gut an der Leistung der Steuerzahler_innen ver­dient hat, schneidet er in Folge auch bei Ersparnissen und Risikobereitschaft mit und erschwert ihnen somit den Werterhalt ihres Ersparten. Vermögensaufbau oder private Altersvorsorge rücken damit in immer weitere Ferne.

Ein Beispiel: Will eine Anlegerin bei einer jährlichen Inflation von 6% den Wert ihres Geld lediglich sichern, braucht sie - mit KESt - mittlerweile eine jährliche Performance von 8,3%. Könnte sie eine Veranlagung beispielsweise nach einem Jahr ohne KESt-Zahlung verkaufen, könnte dieselbe Anlegerin bereits mit 6% Rendite den Wert ihrer Ersparnisse erhalten.

Die demographische Entwicklung und der daraus resultierende Druck auf das staatliche Pensionssystem werden einen massiven Ausbau der individuellen, privaten Vorsorge notwendig machen. Eine Kapitalertragssteuerbefreiung für längerfristige Veranlagungen würde einen deutlichen steuerlichen  Anreiz zugunsten einer längerfristigen Veranlagung in Wertpapiere setzen und den Bürger_innen dabei helfen, ihre Ersparnisse gegen die Auswirkungen der wertevernichtende Kombination aus Inflation und niedrigen Sparbuch­zinsen abzusichern.

Die „Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten“, also die Wiedereinführung der früheren Speku­lationsfrist, ist im Regierungsprogramm 2020-24 vorgesehen und die baldige Umsetzung wurde Anfang des Jahres vom Finanzminister angekündigt. Eine rasche Umsetzung dieses Versprechens ist jetzt dringender notwendig, denn je.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, umgehend eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten zu erarbeiten."

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.