14.16
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kanzler! Hohes Haus! Ja, wir haben eine hohe Inflation. Ja, die Bundesregierung ist aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, die langfristig und nachhaltig helfen. Die Menschen in unserem Land werden von den Preissteigerungen überrollt und es gibt tatsächlich Möglichkeiten, da rasch etwas zu tun.
Und ja, liebe Kollegen der SPÖ, es ist ein ganz, ganz wichtiges Thema, das Sie heute hier aufs Tableau gebracht haben. Umso bedauerlicher finde ich es, dass heute so viel Showpolitik betrieben wird, so viel vorgeschlagen wird und mit so viel Populismus diskutiert wird, der diesem Thema wirklich nicht guttut; das zeigt einfach, dass Sie an einer Lösung der Probleme meiner Meinung nach nicht wirklich interessiert sind. (Beifall bei den NEOS.)
Ich möchte schon noch einmal sagen: Was hat denn zu dieser Inflation geführt? Es ist schon so, dass diese Inflation bereits seit längerer Zeit hoch ist und immer höher geworden ist. Das ist nicht über Nacht passiert.
Deswegen haben wir NEOS ja auch schon sehr viele Forderungen in diese Richtung gestellt, um eben die Inflation nachhaltig bekämpfen zu können und den Menschen einfach mehr Geld in die Börse zu geben, damit sie damit auch umgehen können.
Was ist dann passiert? – Dann erst kam die Invasion Russlands in der Ukraine, und das hat noch einmal einen Preisschock ausgelöst. Dieser Preisschock ist darauf zurückzuführen, dass Gas, Öl und Agrarrohstoffe jetzt knapper werden beziehungsweise knapper sind, worauf die Börsen reagieren, sodass sich alles im Rekordtempo verteuert.
Laut Statistik Austria haben wir im März die höchste Inflation seit 1985 gehabt, fast 7 Prozent. Das ist wirklich beachtlich, und natürlich sind die größten Treiber die Energiepreise. Nun glauben viele Menschen, das sei nur das Heizen. – Nein, es ist eben nicht nur das Heizen! In jedem Produkt, das im Supermarkt gekauft wird, steckt nämlich auch Energie drinnen, deswegen ist es schlicht und einfach so teuer; und das wird sich, wie auch mein Vorredner gesagt hat, nicht so schnell wieder ändern.
Dann kommen manche vermeintlich guten Nachrichten. Man sagt, dass die Nominallöhne pro Kopf für 2022 um circa 3,5 Prozent ansteigen. Man klopft sich da ein bisschen auf die Schulter und freut sich darüber, was man alles erreicht hat; aber preisbereinigt, meine Damen und Herren, heißt das ja nichts anderes – wenn man es sich anschaut in Zeiten wie diesen –, als dass das der stärkste gemessene Rückgang des Pro-Kopf-Einkommens ist, der jemals von Forschern gemessen wurde: minus 2,3 Prozent.
Und nein, die Energiepakete, die mein Vorredner angesprochen hat, nämlich diese 3,7 Milliarden Euro, die da schon ausgegeben wurden, sind eben nicht treffsicher, und sie werden uns nicht drüberretten; und nein, auch die Steuerreform, die in Wahrheit ein Reförmchen war, wird es nicht schaffen, da irgendetwas zu bewirken.
Deswegen ist eben die Bundesregierung aufgefordert, jetzt etwas zu tun, und zwar nachhaltig und langfristig. Und da gibt es eine ganz klare, ganz einfache Forderung von unserer Seite, die da wäre, dass die Mehreinnahmen, die der Staat im Augenblick eben hat, vollständig an die Haushalte und an die Wirtschaftstreibenden zurückgegeben werden. (Beifall bei den NEOS.)
Warum sage ich das? Viele Menschen wissen es ja eigentlich nicht: Es gibt ja auch in diesem Haus Krisengewinner. Der Krisengewinner des Tages ist heute nicht da, das wäre der Herr Finanzminister, der Säckelwart des Staates, der sich natürlich über Mehreinnahmen wie bei der Mehrwertsteuer oder über Abgaben klammheimlich das Budget saniert. Das muss man sagen.
Da gibt es dann auch noch höhere Dividenden aus den Beteiligungen an den Energieversorgungsunternehmen, also noch einmal gesagt: Es gibt hier genügend Spielraum im Budget, und der Staat, die Republik und damit die Bundesregierung hat die Verantwortung, dieses Geld asap an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben.
Was könnte man tun? – Unsere Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger hat es schon sehr schön gesagt, aber ich sage es noch einmal: Es braucht die Abschaffung der kalten Progression! Die Inflationssteuer muss jetzt endlich weg! Und, meine Damen und Herren, da Sie immer glauben, das sei so wenig Geld, sage ich Ihnen: Das würde bis 2023 3,2 Milliarden Euro in die Taschen der Menschen bringen.
Zusätzlich braucht es noch etwas für die Wirtschaft, und das ist natürlich die Senkung der Lohnnebenkosten. Auch dazu haben wir ganz viele Ideen eingebracht, Vorschläge gemacht, aber bis jetzt ist nichts passiert. Deswegen gibt es wieder einen Entschließungsantrag von meiner Seite:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuerzahler_innen und Unternehmen JETZT nachhaltig entlasten“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die vorsieht, dass:
- die Einkommenssteuer-Tarifstufen rückwirkend mit 1. Jänner 2022 entsprechend des Vorschlages aus der Begründung angepasst werden,
- die entsprechende Inflationsanpassung der Tarifstufen anhand des Anpassungsfaktors gemäß § 108h ASVG auch in den Folgejahren automatisch erfolgt
- und das aktuelle Lohnnebenkostensenkungspotential von zumindest 0,5 Prozentpunkten realisiert wird.“
*****
Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
14.21
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Steuerzahler_innen und Unternehmen JETZT nachhaltig entlasten
eingebracht im Zuge der Debatte in der 151. Sitzung des Nationalrats über Dringlichen Antrag der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, MSc Genossinnen und Genossen "Teuerung auf Rekordniveau - daher umfassende und rasch wirksame Maßnahmen jetzt!"
Kalte Progression: Inflationssteuer abschaffen
Laut Statistik Austria lag die Inflationsrate im März bereits bei beinahe 7 Prozent und übertrifft damit die vergangenen Jahrzehnte. Deshalb ist die Abschaffung der Kalten Progression umso nötiger, da ein wichtiger Aspekt der aktuellen Inflation ist, dass diese vorwiegend auf Faktoren außerhalb Österreichs zurückzuführen ist. Deshalb ist es auch kaum möglich, effektive Ursachenbekämpfung auf nationaler Ebene umzusetzen. Aber die Bundesregierung hat die Verpflichtung, die negativen sozialen Folgen und Kaufkraftverluste zielgerichtet und rasch abzufedern. Dabei gilt es, die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale im Blick zu behalten, welche die Inflationsentwicklung weiter befeuern kann.
Nach zwei Jahren "Koste es, was es wolle"-Politik muss zunächst einmal klar gesagt werden: Damit muss Schluss sein! Nicht jedes Risiko, nicht jede Preissteigerung kann der Staat für jeden voll abfedern! Was es aber sehr wohl braucht, ist die Unterstützung der Menschen, die aufgrund ihrer geringen Einkommen besonders stark von steigenden Preisen betroffen sind.
Aber gerade jetzt ist es Zeit, dass der Staat selbst den Gürtel enger schnallt und die Menschen steuerlich und gebührenmäßig so entlastet, damit ihnen am Ende des Monats und dieses Jahres mehr Netto vom Brutto bleibt. Die Einkommensteuer-Tarifstufen sind bereits seit Jahren nicht mehr angepasst worden, die Grenze von 11 000 EUR für die erste Tarifstufe gibt es seit 2009, wurde also seit ganzen 13 Jahren nicht mehr angepasst. Daher müssen die Tarifstufen JETZT an die Inflation angepasst werden - und zwar rückwirkend ab 1. Jänner 2022, entsprechend diesem Vorschlag:
|
Anpassung Tarifstufen von (in EUR) |
auf (EUR) |
jährliche Entlastung in Mio. EUR |
|
11 000 |
12 500 |
1 941 |
|
18 000 |
21 500 |
1 085 |
|
31 000 |
37 500 |
515 |
|
60 000 |
72 000 |
177 |
|
90 000 |
108 000 |
32 |
|
Summe |
|
3 749 |
Mit diesen Anpassungen würden die österreichischen Steuerzahler_innen heuer um insgesamt 3,75 Mrd. EUR entlastet werden. Insgesamt wäre das Entlastungsvolumen bei den ersten beiden Tarifstufen am höchsten.
Für eine nachhaltige Entlastung muss aber zusätzlich endlich die Kalte Progression abgeschafft werden! Nur so werden beschlossene steuerliche Entlastungen nicht innerhalb von ein paar Jahren wieder durch die "Inflationssteuer" Kalte Progression aufgefressen.
Lohnnebenkostensenkung
Laut EUROSTAT zählt Österreich zu den Ländern mit den höchsten Arbeitskosten, was unter anderem auf die hohen Lohnnebenkosten zurückzuführen ist (1). So werden auf die Bruttolöhne noch knapp 30 Prozent Lohnnebenkosten draufgeschlagen, wovon allerdings ein Drittel nicht arbeitnehmerbezogen ist (z. B.: Wirtschaftskammerumlage 2). Zudem stehen viele Lohnnebenkostenbestandteile oft in der Kritik, zu hoch zu sein und nicht ihrem Zweck entsprechend eingesetzt zu werden (2). Längerfristig besteht somit großes Senkungspotential bei den Lohnnebenkosten, wovon schon kurzfristig zumindest 0,5 Prozentpunkte realisierbar sind, was 750 Mio. Euro jährlicher Entlastung für die Unternehmen entspricht. Die Unternehmen wären dadurch wettbewerbsfähiger, wodurch zusätzliche Beschäftigungseffekte geschaffen würden. Außerdem hätten die Unternehmen durch die Lohnnebenkostensenkung bei den Lohn- und Kollektivvertragsverhandlungen mehr Spielraum (3).
Quellen:
(1) https://orf.at/stories/3256238/
(2) https://oe1.orf.at/artikel/336244/IHS-kritisiert-Wohnbaufoerderung
(3) https://www.wifo.ac.at/news/senkung_der_lohnnebenkosten_und_finanzierungsvarianten
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die vorsieht, dass:
- die Einkommenssteuer-Tarifstufen rückwirkend mit 1. Jänner 2022 entsprechend des Vorschlages aus der Begründung angepasst werden,
- die entsprechende Inflationsanpassung der Tarifstufen anhand des Anpassungsfaktors gemäß § 108h ASVG auch in den Folgejahren automatisch erfolgt
- und das aktuelle Lohnnebenkostensenkungspotential von zumindest 0,5 Prozentpunkten realisiert wird.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ruth Becher. – Bitte.