20.37

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rech­nungs­hofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Rechnungshofes betreffend Wohnbau in Wien offenbart gravierende Mängel im System des sozialen Wohnbaus in Wien. Es ist nicht alles schlecht, aber viel zu viel liegt im Argen.

Beginnen möchte ich mit dem Thema Sanierung bei Wiener Wohnen, den Gemeinde­wohnungen. Wiener Wohnen erreicht seine Sanierungsziele nicht, wie der Rechnungs­hof feststellte, und weist damit einen gewaltigen Sanierungsstau auf. Es wird ein Sanie­rungszyklus von 30 Jahren angestrebt, was einer jährlichen Sanierung von 7 300 Woh­nungen entsprechen würde – tatsächlich liegt der Sanierungszyklus bei 67 Jahren. Im Zeitraum 2013 bis 2023 werden somit lediglich durchschnittlich 45 Prozent der erfor­derlichen Sanierungsleistung umgesetzt.

Immobilienexperten beziffern den Sanierungsstau mit mindestens 5 Milliarden Euro, wie die Zeitung „Die Presse“ berichtete. Sie stellte den Befund aus, dass der Großteil der Wiener Gemeindebauten in keinem guten Zustand sei. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kann das sein? Gemeinnützige Bauvereinigungen haben nämlich im Gegensatz dazu ihre Anlagen saniert – bei niedrigerer Miete! Da fragt man sich schon, ob das sozial ist, denn der vor 1980 errichtete Bestand gemeinnütziger Mietwohnungen ist beinahe zur Gänze thermisch-energetisch saniert.

Besonders brisant ist, dass nicht nur hohe Sanierungsdefizite vorliegen, sondern offen­sichtlich auch Korruptionsprobleme bestehen. wien.ORF.at berichtete vergangenen September: „In dem mutmaßlichen Betrugsfall im Zusammenhang mit der Sanierung von Gemeindebauten liegt nun eine erste Anklage vor. 53 Personen werden wegen Bestechlichkeit angeklagt, 45 von ihnen sind bei Wiener Wohnen beschäftigt.“

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist leider noch nicht alles! Wenn wir den Rech­nungshofbericht studieren, sehen wir, dass Inserate eine zentrale Rolle in der MA 50, das ist die Magistratsabteilung für Wohnbauförderung der Stadt Wien, spielen. Von 2013 bis 2018 wurden 28,34 Millionen Euro für Zeitungsinserate ausgegeben. Mit diesem Geld hätten viele geförderte Wohnungen errichtet werden können. Der Rechnungshof bestätigte, dass die Inserate selbst rechtskonform gestaltet wurden – aber jetzt kommt es –: Der Rechnungshof stellte anhand der Auswahl von 108 Inseraten auch fest, dass in den Druckwerken, teilweise sogar direkt neben Inseraten der Stadt Wien für den geförderten Wohnbau, wiederholt Abbildungen von Mitgliedern der Wiener Landes­regierung zu finden waren.

Da gilt es die rechtliche Relevanz eingehend zu untersuchen, insbesondere auch deshalb, weil im „Falter“ berichtet wird, dass Wien im Ausmaß von 400 000 Euro an Inseraten schaltete, worauf kritische Berichterstattung über Wiener Wohnen in einem maßgeblichen Medium eingestellt wurde.

Aber auch das ist noch nicht alles! Untersucht wurde auch das umstrittene Wohn­bauprojekt Dittelgasse in Wien-Donaustadt. „Die Presse“ berichtete: „Um Bürgerwider­stand gegen 400 mit Steuergeld errichtete Wohnungen [...] zu kalmieren, wurden 100.000 Euro für eine Mediation einbudgetiert. Den Auftrag bekam die Firma der Tochter einer Wiener SPÖ-Gemeinderätin. Die zufällig auch die Chefin jenes Bauträgers ist, der dort baut.“ (He-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Das auch noch!) Der Rech­nungshof erachtet die indirekte Auftragsvergabe an die Tochter – die Auftragsvergabe erfolgte formal über die WBV-GPA, das ist die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte – als Umgehungsgeschäft. (Abg. Michael Hammer: Ein Megaskandal!) Hier stellt sich die spannende Frage nach der Verantwortlichkeit.

Aber auch das ist noch nicht alles! Es wurden Fragen zur Vergabepraxis aufgeworfen, die Zahl der leerstehenden Wohnungen wurde hinterfragt. Im Jahr 2018 waren es 7 689 Wohnungen (Heiterkeit des Abg. Michael Hammer), über 3 600 Mietwohnungen mehr als der strukturell vertretbare Leerstand von 4 000 Mietobjekten.

Auch die Frage der Aufsicht über den gemeinnützigen Wohnbau wurde kritisch aufge­griffen.

Und noch ein Thema möchte ich ansprechen, das allerdings vom Rechnungshof nicht behandelt wurde, nämlich dass bestimmte gemeinnützige Wohnbaugesellschaften be­sonders hohe Summen auf den Konten der Commerzialbank Mattersburg liegen hatten, die nun verloren zu gehen drohen, wie im „Kurier“ zu lesen ist. Besonders betroffen sind mehrere Unternehmen der Sozialbau AG, die insgesamt mehr als 70 Millionen Euro bei der Commerzialbank geparkt hatten.

Sehr geehrte Damen und Herren, bei all diesen aufgezeigten Punkten liegt die Verant­wortung bei der SPÖ (Ah-Rufe bei der ÖVP), einer SPÖ, die ständig versucht, die anderen Parteien anzupatzen – und das bei mehr als genügend Aufgaben im eigenen Bereich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Aus dem Kern der SPÖ! Das ist roter Sumpf in Wien!)

Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist auch die Verwendung des Ausdrucks Schuldenknechtschaft in einer Aussendung der SPÖ gestern zum Thema Wohnbauinvestitionsbank. Einen antisemitischen, einen extrem rechten Kampfbegriff, wie Wikipedia diesen Ausdruck beschreibt, zu verwenden, ist zurückzuweisen und seitens der SPÖ erklärungsbedürftig.

Zusammenfassend, sehr geehrte Damen und Herren, könnte man die SPÖ auffordern, vor der eigenen Türe zu kehren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Angesichts der Vielzahl der aufgezeigten Punkte ist die SPÖ zu verpflichten, vor der eigenen Türe zu schrubben. – Herzlichen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Mit dem Kärcher muss man drüberfahren! Da stinkt es ordentlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

20.44

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.